Viele Zeitungen nehmen auch die Herausforderungen der Regierung nach dem Ende der Sommerpause unter die Lupe.
Tod eines belgischen Blauhelmsoldaten - Diskussion über Auslandseinsätze
Der 35-jährige belgische Blauhelm, der gestern im Südlibanon beim Entschärfen eines Sprengsatzes ums Leben kam, war Vater von zwei Kindern. Es war seine erste Auslandsmission, notiert Het Nieuwsblad. Bislang hatte er es vorgezogen, zuhause zu bleiben, da seine Tochter Leukämie hatte. Jetzt ist die Tochter wieder gesund, aber ihr Vater tot.
Die genauen Umstände des Unglücks sind noch nicht bekannt, berichtet Het Laatste Nieuws. Die Streitkräfte und auch die föderale Staatsanwaltschaft werden den Vorfall eingehend untersuchen. Das tragische Unglück wird die Diskussion über die Auslandseinsätze der Streitkräfte neu anheizen, orakelt die die Brüsseler Tageszeitung Le Soir.
Und vor allem in flämischen Zeitungen ist das eigentlich schon geschehen. „Innerhalb der Mehrheit gerät Verteidigungsminister De Crem zunehmend unter Druck“, titelt etwa De Standaard. Erst vor kurzem hatte De Crem angekündigt, dass die belgischen Streitkräfte künftig auch wieder mit risikoreichen Aufgaben betraut werden sollen. Sinngemäß hatte er die derzeitigen Auslandseinsätze der Armee als „gemütliche humanitäre Missionen“ bezeichnet. Dass auch diese Risiken bergen, das zeigt der tragische Vorfall von gestern.
Vor diesem dramatischen Hintergrund erscheinen die jüngsten Aussagen von Generalmajor Eddy Testelmans, dem Chef der Landstreitkräfte, vollkommen deplatziert, meint Het Nieuwsblad. Testelmans hat gerade erst dafür plädiert, dass die belgische Armee nun bereit sei, auch Bodentruppen nach Afghanistan zu entsenden.
De Standaard nennt diese Aussage gar „unverantwortlich“. Zugleich verteidigt das Blatt aber die Friedenseinsätze der belgischen Soldaten. Auch der Tod des jungen Blauhelms darf kein Vorwand sein, den Nutzen der belgischen Einsätze im Rahmen von UN-Friedensmissionen in Frage zu stellen.
Auch Gazet Van Antwerpen übt scharfe Kritik am Chef der Landstreitkräfte. Die Belgier machen schon mehr als genug in Afghanistan, und statt sich bei der NATO anzubiedern und den Einsatz belgischer Kampftruppen in den Raum zu stellen, sollte der General besser schweigen. Es ist die Politik, die entscheidet. Die Armee hat sich darauf zu beschränken, diese Beschlüsse umzusetzen. Punkt, aus. Dabei betonen viele Zeitungen einvernehmlich, dass die Regierung im Augenblick einen Einsatz von belgischen Bodentruppen im Süden Afghanistans kategorisch ablehnt.
Prozessauftakt: Habran-Bande vor Gericht
Viele Zeitungen berichten heute über den Auftakt des Prozesses gegen die Bande des mutmaßlichen Schwerverbrechers Marcel Habran. Die zwölf Angeklagten müssen sich unter anderem wegen einer Reihe von Morden und Überfällen auf Geldtransporter verantworten. Viele Blätter gehen vor allem auf die drastischen Sicherheitsvorkehrungen ein.
Im Hof des ehrwürdigen Palastes der Fürstbischöfe steht sogar ein leichter Panzerwagen, weiß La Derniere Heure zu berichten. Gazet Van Antwerpen hebt hervor, dass sogar die Toiletten des Justizpalastes bewacht werden.
... und wieder Gemeinschaftspolitik
Die politische Sommerpause ist zu Ende. Und viele Zeitungen stürzen sich geradezu wieder auf die Innenpolitik. Allen voran: die gemeinschaftspolitischen Fragen.
Der flämische Ministerpräsident Kris Peeters muss einen Ausweg forcieren, titelt in diesem Zusammenhang die linksliberale flämische Tageszeitung De Morgen. Offiziell haben zwar noch die drei königlichen Vermittler die Aufgabe, den institutionellen Verhandlungen neues Leben einzuhauchen. Hinter den Kulissen arbeitet aber schon Kris Peeters an einem Plan, um die Situation zu entkrampfen. Demnach sollen sich Flamen und Frankophone sozusagen unter sich einigen. Und das schließt nicht aus, dass der wallonische Ministerpräsident Rudy Demotte seinen Brüsseler Kollegen Charles Piqué mitbringt. Diesem nach wie vor bipolaren Modell haben aber schon die frankophonen Mehrheitsparteien eine Absage erteilt, schreibt De Morgen.
Vor diesem Hintergrund reagiert Het Belang Van Limburg wütend: Die Frankophonen wollen unbedingt, dass die Teilstaaten, also auch Brüssel, gleichberechtigt am Verhandlungstisch sitzen. Die frankophone Minderheit in diesem Land versucht auf diesem Weg, eine Zwei-gegen-Einen Situation zu schaffen. Wenn das Sinn und Zweck der Sache ist, dann können wir Belgien gleich beerdigen, meint Het Belang Van Limburg.
Das Börsenblatt L'Echo kann diese Argumentation nicht nachvollziehen. Gegenstand der Verhandlungen sei doch der flämische Wunsch, sozialwirtschaftliche Zuständigkeiten an die Teilstaaten abzutreten. Und hierfür sind nun mal die Regionen und nicht die Gemeinschaften zuständig. Wenn die Flamen weiter darauf pochen, dass die Gemeinschaften am Verhandlungstisch sitzen sollen, dann führen sie etwas anderes im Schilde, meint L'Echo.