Lasst uns streiken
La Libre Belgique unterstreicht: Das Streikrecht ist ein Grundrecht und muss es bleiben. Doch ein wilder Streik wie bei der Gepäckabfertigung in Zaventem, der zehntausende Passagiere mitten in der Urlaubszeit als Geiseln nimmt, zeigt die Grenzen auf. Einige radikale Elemente überbieten sich in Aktionen, die die Konfrontation mit den Arbeitgebern suchen und keinen Gebrauch von der Konzertierung machen wollen. Es ist höchste Zeit, dass die Debatte über die Einführung einer Mindestdienstleistung endlich auf politischer und parlamentarischer Ebene geführt wird.
Auch Gazet Van Antwerpen befürwortet diesen Weg. In einigen europäischen Ländern gibt es eine solche Bestimmung für Streiks in öffentlichen Diensten. In Italien sind in den Hauptverkehrszeiten und während der Urlaubszeit keine Streiks der öffentlichen Verkehrsmittel geduldet. In anderen Ländern sind Streiks im öffentlichen Dienst so streng reglementiert, dass sie fast unmöglich sind. In Großbritannien kann die Regierung notfalls streikende Arbeitnehmer dienstverpflichten. So weit muss man es in Belgien nicht treiben, doch es ist klar, dass man deutliche Absprachen machen muss, um eine Wiederholung solcher Streiks zu verhindern.
De Morgen fügt hinzu: Die Gewerkschaften erklären immer wieder, sie wollten die Reisenden nicht als Geiseln nehmen, aber sie hätten keine andere Wahl. Doch die Arbeit in einem Augenblick niederzulegen, in dem besonders viele Reisende auf ihr Flugzeug warten, ist kein Zufall. Mit dem Streikrecht muss man sehr vorsichtig und weise umgehen. Ein Recht verliert an Wert, wenn es unverhältnismäßig eingesetzt wird. Wenn die öffentliche Meinung einen Streik als persönlichen Angriff empfindet, untergraben die Gewerkschaften ihre eigene Macht. Diese werden sie aber noch nötig haben, um die gestressten Arbeitnehmer zu verteidigen, die keine andere Wahl haben, als zu arbeiten und zu schweigen.
Het Nieuwsblad bezeichnet die Arbeitsniederlegung als unverantwortlichen, spontanen wilden Streik. Der Staatsekretär für Mobilität hat recht, wen er das Monopol der Gepäckabfertigungsunternehmen brechen will. Eine größere Konkurrenz wird auch Folgen für die Arbeitnehmer haben. Dann nämlich stehen die Betriebe unter höherem Preisdruck. Das Personal muss dann effizienter arbeiten. Mit ihrem unverantwortlichen Verhalten haben die Gewerkschaften die Scheiben ihres eigenen Glashauses eingeworfen.
Wie weise ist Yves Leterme?
Der Premierminister bringt sich auch im Sommerurlaub in die Schlagzeilen. In einem Interview mit Het Laatste Nieuws behauptet er, er interessiere sich mehr für Sport als für Politik und verstehe auch mehr davon. Aus dem Munde des Regierungschefs eines Landes, das die größte institutionelle Krise seit Jahrzehnten durchmacht, ist ein solches Bekenntnis besorgniserregend, meint die Zeitung. Leterme will sich anscheinend als Mann des Volkes profilieren, der selbst Opfer des politischen Zankes ist. Der Politologe der Genter Universität Prof. Carl Devos sagt dazu: Leterme schlägt sich auf die Seite des Volkes und wendet sich ein wenig von der Politik ab. Das ist ein bisschen populistisch.
Schärfer beurteilt der Politiker Jean-Marie Dedecker den Premier. Jeden Tag stelle Leterme seine Unfähigkeit unter Beweis, sagt Dedecker in Le Soir. Er habe Angst, die Leute nach ihrer Meinung zu fragen. Er wisse, dass er bei den Meinungsumfragen schlecht abschneide. Leterme sei ein Opportunist, dem es nur darum gehe, die Regionalwahlen im kommenden Jahr zu gewinnen. Seine Regierung handele weder auf sozialwirtschaftlicher noch auf gemeinschaftspolitischer Ebene. Sie spiele mit dem Land. Auf die Frage, ob er eine große Staatsreform noch vor den Regionalwahlen erwarte, sagt Dedecker: Ich teile völlig die Ansicht des königlichen Vermittlers Lambertz, der sehr gut informiert ist. Es wäre besser, die Föderalwahlen in Kürze abzuhalten und nicht erst 2011.
Worum geht es in Ossetien?
Zum Konflikt zwischen Russland und Georgien meint das Magazin Knack: Der wahre Einsatz dieses Krieges hat nichts mit der Selbstbestimmung der Osseten zu tun. Nach Tschetschenien ist Georgien eine weitere Phase in der Zurückeroberung des Kaukasus. Das Endziel ist die Kontrolle der westlichen Bohrtürme, der Ölfelder von Aserbeidschan und der Ölleitungen in den Westen.
De Standaard gibt zu bedenken: Europa hat die moralische Pflicht, die Staaten an seinen Grenzen auf ihrem mühsamen Weg zu Freiheit und Demokratie zu begleiten. Russland hat diesen Konflikt jahrelang systematisch vorbereitet. Ohne kräftiges westliches Auftreten werden noch andere Gebiete destabilisiert. Wenn der Westen jetzt der Erpressung nachgibt, ist vielleicht schon bald die Ukraine an der Reihe. Wie glaubwürdig ist die Europäische Union noch, wenn sie es zulässt, dass kleine Länder an ihrer Grenze mit Gewalt dem russischen Imperium angegliedert werden.