Streik am Flughafen in Brüssel ärgert Urlauber
„Chaos am Brussels Airport", so die Überschrift in De Standaard. Durch den Streik bei Avia Partner und Flight Care seien gestern die Urlaubspläne von gut 25.000 Passagieren durchkreuzt worden. Zwei Kompromissvorschläge zur Beendigung des Arbeitskampfs wurden von den Streikenden verworfen, notiert das Blatt. Wie dumm könne man als Gewerkschafter sein, fragt das Blatt im Kommentar. Hätten die Arbeitnehmervertreter vor Wochen öffentlich klar und deutlich erklärt, dass der Arbeitsdruck am Flughafen in den Ferienmonaten unerträglich werde, und hätten sie damals schon verdeutlicht, dass viel zu wenige Beschäftigte für viel zu viele Koffer bereit stehen und frühzeitig eine Streikankündigung hinterlegt, dann hätten sie möglicherweise Verständnis, ja vielleicht sogar Sympathie von den 25.000 Reisenden erwarten können, die gestern das Opfer ihres Streiks wurden.
Für De Standaard existiert kein akzeptables Verhältnis zwischen dem Ernst der Lage für die Beschäftigten der Gepäckabfertigung und dem durch den Streik entstandenen Schaden. Schon deshalb, so kommentiert die Zeitung, sei dieser Arbeitskampf unverantwortlich. Das Streikrecht sei heilig, würden Gewerkschaftsvertreter dem entgegenhalten, doch dies gelte für einen wilden Streik wie den derzeitigen wohl kaum. In öffentlichen Einrichtungen wie Krankenhäusern, könne die Regierung mit Zwangsmaßnahmen einen Streik begrenzen, bei einem Arbeitsausstand wie dem am Flughafen seien ihr die Hände gebunden.
„50.000 Reisende“ sind es sogar in Het Laatste Nieuws, die in der Balkenüberschrift auf Seite 1 zu „Geiseln“ wurden. Auch viele Familien mit Kindern hätten stundenlang am Flughafen festgesessen. Und es sehe danach aus, als würden die Passagiere auch heute mit den Auswirkungen des Streiks zu kämpfen haben. Gestern Abend bei Redaktionsschluss der Zeitung sei noch keine Einigung zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite zustande gekommen.
Derweil hoffe die Flughafenbetreibergesellschaft vom Brussels Airport weiterhin auf eine möglichst rasche Lösung. Gleichzeitig wies man aber darauf hin, dass selbst im günstigsten Fall die Auswirkungen noch geraume Zeit spürbar sein würden. Der wilde Streik und die an ihm Beteiligten könnten jedenfalls auf wenig beziehungsweise kein Verständnis zählen. Sowohl der für Mobilität zuständige Staatssekretär Etienne Schouppe als auch der belgische Unternehmerverband reagieren empört, schreibt Het Laatste Nieuws.
„Streik legt Zaventem lahm“ ist der Titel zu diesem Thema in De Morgen heute. Während Tausende ihren ersten Ferientag auf dem Flughafen verbracht hätten, sei im Sozialkonflikt zwischen den Beschäftigten der Gepäckabfertigung und deren Arbeitgeber keine Lösung in Sicht. Passagiere, die das Glück hatten, doch abgefertigt zu werden, mussten am Flughafen ihre Koffer umpacken und möglichst viel im Handgepäck unterbringen, um am Bestimmungsort wenigstens über das Nötigste zu verfügen.
Unterdessen, so notiert De Morgen, sei das Chaos in der Ankunftshalle am Brussels Airport noch deutlich größer gewesen als im Abflugbereich. Der Grund: Wer die Zollkontrolle hinter sich hatte, dem habe sich ein ungewöhnliches Bild geboten: Überall Koffer. Aber keiner weiß, woher die Gepäckstücke stammen, und wohin sie befördert werden sollen. Das Blatt zitiert hierzu eine Reisende aus New York, der man einzig mitteilen konnte, dass ihr Gepäck irgendwo sei. Wo jedoch, wisse niemand. Stundenlang hätten Passagiere anstehen müssen, um eine Beschwerde wegen des Kofferchaos’ einreichen zu können.
Das Wirtschaftsblatt De Tijd informiert zu diesem Thema darüber, dass zahlreiche Fluggesellschaften mit Millionenklagen gegen die Gepäckabfertigungsunternehmen am Brussels Airport drohen. Die Luftfahrtunternehmen seien nämlich jetzt auf der Suche nach Kompensationen für die ihnen in Folge des Streiks entstandenen Kosten. Beim Unternehmen Flight Care, einem der Opfer des Streiks, fürchte man bereits Kosten in Millionenhöhe durch den Arbeitsausstand, schreibt De Tijd.
Der Titel in Het Nieuwsblad: „Musste das jetzt sein?“ spiegelt die Frage vieler Reisender gestern wieder. Das Blatt verweist im Hinblick auf den Streik aber auch auf den Verdienst der im Arbeitskampf befindlichen Beschäftigten. Nach Gewerkschaftsangaben verdiene man in der Gepäckabfertigung am Flughafen durchschnittlich 1.200 Euro netto im Monat. Hierfür müsse man allerdings Tages-, Nacht- und Wochenendschichten in Kauf nehmen. Für die Gewerkschaften kann deshalb eine Lösung des Arbeitskampfes nur durch höhere Löhne, geringeren Arbeitsdruck und mehr Respekt erreicht werden.
Auch nach Ansicht von Le Soir sind die Reisenden am Flughafen in Zaventem zu Geiseln geworden. Im Kommentar stellt die Brüsseler Tageszeitung fest, dass zum vierten Mal in Folge in einem großen Flughafen des Landes ein Sozialkonflikt ausgefochten werden muss. Letztes Jahr sei es Charleroi gewesen. Ein Jahr zuvor habe man nur mit Mühe einen Streik in Brüssel abwenden können. Auch 2005 sei dort in der Gepäckabfertigung gestreikt worden. Heute schmerze dieser wilde Streik mehr denn je. In Zeiten gesunkener Kaufkraft würden zwei oder drei verlorene Ferientage deutlich mehr schmerzen als in der Vergangenheit. Jetzt einen wilden Streik vom Zaun zu brechen, sei ein schweres Vergehen.
Gazet Van Antwerpen entscheidet sich heute für eine ganz andere Titelgeschichte. Dieses Blatt weiß zu berichten, dass Kontaktbörsen im Internet im Aufmarsch sind. Die Folgen hiervon werden auch in Belgien spürbar. Sieben Prozent derer, die sich hierzulande da Jawort geben, hätten sich über das Internet kennen gelernt, so die Antwerpener Tageszeitung.