L'Echo erklärt: Die demokratische Opposition hat dem Premierminister vorgeworfen, sich stärker für den Erhalt seines Kartells einzusetzen als für die gemeinsamen Interessen der Regierung. Für die rechtsextremen Parteien ist Leterme nicht mehr der Verteidiger der Flamen, und er hält sich nicht mehr an seine Wahlversprechen. Leterme hat in der Kammer die Abkommen über den Staatshaushalt und die Kaufkraft verteidigt und erklärt, dass seine Regierung eine vorsichtige und realistische Haltung einnimmt. Die Mehrheit hat ihn unterstützt und ist einer von der Opposition geforderten Vertrauensfrage aus dem Weg gegangen.
Gazet van Antwerpen stellt fest: Regierungen werden nicht mehr im Parlament zu Fall gebracht. Die Volksvertreter haben in diesem Land nichts mehr zu sagen. Die Partei-Hauptquartiere beschließen über das Schicksal der Regierung und über ihre Entscheidungen. Sobald es gewählt ist, spielt das Parlament keine Rolle mehr. Es wird zum Spielball in den Händen der Führer der Mehrheitsparteien.
Harte Kritik übt La Libre Belgique: Leterme hat gestern die Fragen im Parlament ruhmlos und ohne Talent überstanden. Er hat es nicht gewagt, die Vertrauensfrage zu stellen. Er will nur Zeit gewinnen. Die drei Vermittler haben noch acht Tage. Die Aussichten sind schlecht. Das Kartell schlägt eine härtere Tonart an und verlangt, dass die Staatsreform zu einer Konföderation führt. Es sucht keine Verhandlungen mehr, sondern eine bedingungslose Übergabe. Die drei Weisen versuchen unterdessen, Politiker zu retten, die keine Lust haben, gerettet zu werden.
Auch De Morgen geht mit Leterme ins Gericht. Wer glaubt diesem Menschen noch? Wer glaubt, dass es ihm noch gelingen wird, den Einfallsreichtum und die Kreativität zu finden, um Resultate zu erzielen, die er in 400 Tagen nicht erreicht hat? Die Vermittler suchen nach einem Ausweg, der einzig und allein in einem zwischengemeinschaftlichen Dialog zu finden ist. Entweder man gibt diesem Dialog die notwendige Zeit bis nach den Regionalwahlen 2009, oder man organisiert Neuwahlen schon in diesem Herbst. Aber dann muss man im Juni nächsten Jahres doch wieder einen Dialog zwischen den Gemeinschaften führen, denn es gibt keine Alternative.
Überlebt das Kartell?
Het Laatste Nieuws fügt hinzu: Man muss alles vergessen. Die Ereignisse der letzten Woche: den Rücktritt des Premierministers, der vom König nicht akzeptiert wurde, die Garantien, die die drei Vermittler auftreiben sollen und auch eine neue Krise am 31.Juli. Denn Yves Leterme hat wieder Freude am Regieren und will in den kommenden Monaten weiter machen. Die N-VA musste sich das erstaunt und missgelaunt anhören. Kein einziges Mitglied dieser Partei glaubt noch daran, dass das Kartell bis zu den Wahlen im nächsten Sommer halten wird. Es zerfällt wahrscheinlich in diesem Herbst.
Het Belang van Limburg unterstreicht: Wichtige Teile des Regierungsabkommens können nicht realisiert werden. Aus diesem Grund durfte Leterme nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Er hätte eine Regierungserklärung verlesen und das Vertrauen der Abgeordneten erhalten müssen. Doch er wollte keine Vertrauensabstimmung, weil man sonst gesehen hätte, in welchem Zustand sich das Kartell CD&V/N-VA befindet.
Le Soir erwartet, dass die N-VA beweisen will, dass sie alles versucht hat, um eine Staatsreform zu erreichen. Sie wird das Kartell am 31. Juli nicht zu Fall bringen, weil Leterme versprochen hat, er werde die Reform durchsetzen. Die Nationalisten und die Radikalen innerhalb der CD&V werden den Regierungschef nicht vor der Wiederaufnahme der parlamentarischen Arbeiten im Oktober stürzen.
Staatsreform oder Chaos?
Het Nieuwsblad fasst zusammen: Das Land hat nicht die Wahl zwischen Leterme oder dem Chaos. Seit dem merkwürdigen Rücktritt in der vergangenen Woche hat es Leterme und das Chaos.
De Standaard ist überzeugt: Es kommt eine konföderale Staatsreform. Alle frankophonen Parteien haben verstanden, dass dies unvermeidlich ist. Doch sie tun noch alles, um es zu vermeiden. Daher erfolgt die Entwicklung scheibchenweise. Es wird kein großer Schritt zum konföderalen Belgien, sondern ein langsames Abgleiten. Die Gliedstaaten erhalten finanzielle Verantwortung, doch ein wenig und nur schrittweise. Es werden Befugnisse übertragen, aber nur wenige und nicht auf einmal.