La Libre Belgique erinnert daran, dass Karadzic in den 90er Jahren Bosnien in den Krieg führte und die ethnische Säuberung organisierte. Er trägt dafür die politische Verantwortung. Er war der Verfechter eines virulenten Nationalismus, der sich auf Angst, die Unmöglichkeit, die Völker zu vermischen, und die Mythen der Geschichte stützte.
Het Nieuwsblad unterstreicht: Karadzics Verhaftung ist ein großer Erfolg für das Jugoslawientribunal, dessen Chefankläger der deutschsprachige Belgier Serge Brammertz ist. Belgien hat gemeinsam mit den Niederlanden am stärksten darauf gedrungen, Serbien zur Verhaftung seiner Kriegsverbrecher zu zwingen, ehe man über eine Annäherung an die EU verhandelt. Kriegsverbrechern wird keine Ruhe mehr gegönnt. Das ist eine gute Nachricht.
De Morgen gibt zu bedenken: Wenn jemand so lange untertauchen kann, gibt es dafür nur zwei Gründe: entweder er verfügt über einen mächtigen Freundeskreis, oder man hat ihn nicht ernsthaft gesucht, weil man befürchtet, dass er ein belastendes Zeugnis abgeben könnte. Beispielsweise über die Hintergründe, weshalb die Vereinten Nationen und die westlichen Staaten den Massenmord in Srebrenica nicht aufhalten konnten. Seine Verhaftung war nur möglich, weil es einen bedeutenden geopolitischen Einsatz gab. Die serbischen Behörden hoffen auf schnellere Verhandlungen über eine EU-Mitgliedschaft als Belohnung.
Le Soir schreibt: Srebrenica war eine Neuauflage der großen ethnischen Säuberungen des zweiten Weltkriegs. 8.000 bosnische Moslems wurden ermordet. Es waren keine politischen Aktivisten und keine Soldaten, sondern einfache Bauern. Europa hat sich nicht widersetzt. Diese Machtlosigkeit wird bei dem Prozess vor dem Tribunal sicher untersucht werden. Es wäre auch nicht zum Massaker gekommen, wenn die niederländischen Blauhelme, die die UNO-Schutzzone bewachten, nicht tatenlos zugesehen hätten.
De Standaard notiert: Für viele liegt der Balkankrieg schon in der grauen Vergangenheit. Doch für die zahllosen Menschen, die darin ihre Familie und ihr Hab und Gut verloren haben, gilt das nicht. Für sie ist es von größter Bedeutung, dass man ihre Geschichte hört, dass die Hauptschuldigen sich verantworten müssen und dass man ein Signal setzt, dass internationale Kriegsverbrecher niemals in Ruhe gelassen werden.
Het Belang van Limburg bezeichnet die Verhaftung Karadzics als bedeutenden Sieg für das Jugoslawientribunal und für die europäische Rechtsordnung. Die EU hat die serbischen Regierungen unter Druck gesetzt und sie dazu gebracht, mit dem Haager Tribunal zusammenzuarbeiten. Die heutige serbische Regierung verdient von Europa jetzt ein Zeichen, dass die Mitgliedschaft in der Union einen Schritt näher kommt.
Gazet van Antwerpen erklärt: Die Serben sind seit zwanzig Jahren die Parias Europas. Europa wollte nichts mit einem Regime zu tun haben, das Massenmorde verübte und den Schrecken der Konzentrationslager zurück brachte. Die Festnahme Karadzics war ein notweniges Sühneopfer. Einfach war es nicht, denn die serbischen Falken wollen keine Zugeständnisse machen. Doch es gibt keinen anderen Weg. Serbien kann nicht aus der Europäischen Union ausgeschlossen bleiben, während die anderen ehemaligen jugoslawischen Teilrepubliken beitreten dürfen. Dann wäre Serbien endgültig zurückgeblieben.
L'Echo unterstreicht: Das pro-europäische Wahlergebnis hat der serbischen Regierung die Legitimität und den Mut zum Handeln gegeben. Es gibt noch viele Nationalisten und Ultra-Nationalisten im Lande. Diese Bedrohung ist die Erklärung für die Eile, die die Regierung an den Tag legt. Sie muss schnell handeln, ehe die Nationalisten die Tendenz umkehren.