"Der aggressive Polizist bleibt weiter im Dienst" titelt De Standaard. "Wie weit darf die Polizei gehen? " fragt Le Soir und Het Nieuwsblad vermeldet: "Polizisten erwägen Klage gegen Vater des Opfers".
Die Vorfälle von vor drei Jahren in der Antwerpener Stadtgemeinde Mortsel, die am Donnerstagabend durch eine Fernsehdokumentation einer breiten Öffentlichkeit bekannt wurden, sorgen weiter für Schlagzeilen. Ein Spezialkommando der Antwerpener Polizei hatte damals eine Gefängniszelle gestürmt um einen 26-jährigen Mann ruhig zu stellen. Bei dem gewalttätigen Einsatz war der Gefangene gestorben. Bilder vom Sturm der Zelle waren jetzt im Fernsehen zu sehen.
Het Nieuwsblad berichtet, dass die Polizisten der Spezialeinheit möglicherweise den Vater des Opfers verklagen wollen. Er hatte die Bilder freigegeben, die den Tathergang zeigen. Das hätte er nicht gedurft, so der Anwalt der Polizisten. Seine Mandanten seien dadurch schon so gut wie vorverurteilt.
Keine Klarheit im Fall Jacob
In ihren Kommentaren gehen die Zeitungen jedoch auf andere Aspekte ein. Vor allem stellen sie sich die Frage nach den Verantwortlichkeiten und warum alles erst nach drei Jahren an die Öffentlichkeit kommt.
De Standaard schreibt: Wie ist das zu erklären, dass man drei Jahre nach den Vorfällen immer noch keine Klarheit über alles hat? Wer warum wie gehandelt hat? Hat daran etwa keiner ein Interesse? Wenn man professionell an die Sache herangegangen wäre, hätte man doch - Fehler hin oder her - alles analysiert, Fehlverhalten angesprochen, auf Besserung hin gearbeitet. Warum hat man alles andere getan, nur das nicht? fragt De Standaard.
De Morgen nimmt sich das Verhalten der Staatsanwaltschaft vor: Interessant ist der erste Bericht der Staatsanwaltschaft. Darin wird geschrieben, dass Jonathan Jacob durch die Beruhigungsspritze gestorben ist, die man ihm verabreicht hatte. Von der Gewalt der Polizei, wie man sie ja eindeutig auf den Videobildern sehen kann, wird nichts geschrieben. Es ist doch merkwürdig, dass man drei Jahre und eine TV-Reportage nötig hat, um auf dieses Verhalten der Staatsanwaltschaft aufmerksam zu werden. Das sollte auch den politisch Verantwortlichen zu denken geben, meint De Morgen.
De Gelder lacht
Der Prozess-Auftakt gegen Kim De Gelder ist der Aufmacher bei Het Laatste Nieuws. "De Gelder lacht den Richter aus", titelt das Blatt und regt sich über das Verhalten des Angeklagten auf. Der hatte sich gestern äußerst unkooperativ gezeigt. Mit dem Richter hatte er sich einen Wortwechsel über dessen richtige Anrede geliefert. Als der Richter ihn aufforderte, zu den vier Morden Stellung zu nehmen, die ihm angelastet werden, lachte De Gelder nur.
Vlaams Belang: Historisches Tief
"Der langsame Tod des Vlaams Belang", titelt heute La Libre Belgique und veröffentlicht ihr neustes Polit-Barometer. Demnach käme die rechtsextreme flämische Partei nur noch auf 6,8 Prozent der Stimmen in Flandern. Ein historisches Tief, wie La Libre Belgique schreibt. Dagegen kann die nationalistische N-VA weiter zulegen. 39 Prozent der Flamen würden der N-VA ihre Stimme geben. Beim letzten Barometer waren es 35 Prozent.
Kommentierend meint die Zeitung: Diese Zahlen machen deutlich, wer die Opfer der N-VA sind. Auf der einen Seite die flämischen Christdemokraten, auf der anderen Seite der Vlaams Belang. Über Letzteres könnte man sich freuen, aber man muss bedenken, dass mit den neuen Wählern auch das rechtsradikale Gedankengut des Vlaams Belang zur N-VA wandert. Wie sollten wir darauf reagieren? Am besten nicht ignorieren, auch nicht nachmachen, sondern überlegt damit umgehen. Im Klartext: Mit besseren Inhalten überzeugen, rät La Libre Belgique.
Mehr sparen oder mehr konsumieren?
"Europa fordert Belgien auf, Kurs zu halten", titelt L'Echo auf Seite eins. Die Wirtschaftszeitung greift die gestrige Empfehlung der EU-Kommission auf. Diese hatte Belgien gemahnt, den eingeschlagenen Sparkurs weiterzuführen. Nach Ansicht von L‘Echo sind die frankophonen Sozialisten isoliert mit ihrer jüngst geäußerten Meinung, die strenge Haushaltsdisziplin zu lockern.
Zu diesem Konflikt meint Het Nieuwsblad: Es bleibt ein Glaubenskrieg, ob mehr sparen oder mehr konsumieren das Heil bringen wird. Klar ist: Grundlegende Strukturreformen müssen her. Das hat die EU-Kommission gestern erneut angemahnt. In Belgien haben wir noch nicht so viel geschafft, wie wir sollten. Das liegt nicht nur an der Regierung, die ein bunter Haufen aus zusammengewürfelten Meinungen ist, sondern auch an den Sozialpartnern. Sie müssen ab kommender Woche wieder dabei helfen, durch konstruktive Entscheidungen Belgien fit für die Zukunft zu machen, findet Het Nieuwsblad.
Gefahr für Italien und ganz Europa
Sowohl Le Soir als auch L’Echo schauen in ihren Kommentaren mit Sorge auf die Wahlen in Italien morgen und übermorgen: Die wirkliche Gefahr für Italien und damit für Europa liegt darin, dass die Wahlen keine klaren Sieger hervorbringen könnten - Instabilität droht, schreibt Le Soir und L’Echo führt aus: Solch eine Instabilität wäre schädlich für Europa. Keiner in Brüssel oder Frankfurt hat Lust darauf, dass Italien auf die europäischen Schutzmaßnahmen zurückgreifen muss. Das aber droht, wenn sich Politik in Italien selbst blockiert oder in die Hände von Populisten fällt - wir nennen nur einen Namen: Berlusconi, so die Wirtschaftszeitung.
Bild: VRT