Immer weniger Kirchgänger in Belgien
Unter der Überschrift „Nur noch sieben Prozent der Belgier besuchen die Kirche“ schreibt De Morgen: Die erste Untersuchung seit zehn Jahren zeigt, dass die Verweltlichung der Gesellschaft unverändert weiter geht. Sowohl die Zahl der Taufen, als auch der kirchlichen Begräbnisse und der Heiraten in der Kirche ist auf einem absoluten Tiefpunkt angekommen. Nur noch 57% der Kinder werden getauft, nur noch 27% der Paare heiraten kirchlich und 61% lassen sich kirchlich bestatten.
Die Kirche zieht die Menschen nicht mehr an, heißt es in La Libre Belgique. Der Kirchenbesuch liegt in Flandern bei 14,4 Prozent, in der Wallonie bei 6,8 und in Brüssel bei 6,2 Prozent. Es gibt allerdings Unterschiede in den Diözesen. Jeder fünfte Limburger besucht noch die Messe, aber nur jeder zwanzigste Einwohner des Hennegau. Außerdem gibt es einen gemeinschaftspolitischen Unterschied: Doppelt soviel Flamen als Wallonen besuchen noch die Weihnachtsmesse. Der Sprecher der belgischen Bischofskonferenz, de Beukelaer, erklärt: Damals ging jeder getaufte Katholik jede Woche zur Messe und heiratete selbstverständlich katholisch, ohne sich Fragen zu stellen. Wer heute noch praktiziert, hat das wohl überlegt.
Das Grenz-Echo bringt die Schlagzeile: „Religion hat in der DG hohen Stellenwert“. Die Einwohner der Deutschsprachigen Gemeinschaft sind vielleicht die besten, mit Sicherheit aber die gläubigsten Belgier. In der DG werden noch 94% aller Neugeborenen getauft, 96% werden kirchlich bestattet, doch selbst in der DG werden nur noch 44,7% der zivilen Trauungen auch kirchlich bestätigt.
Kommentare zur Untersuchung
Het Laatste Nieuws schreibt in seinem Leitartikel: Es geht fast niemand mehr zur Messe, es wird immer weniger kirchlich getraut und beerdigt. Wenn die Tradition in den großen Augenblicken - Geburt, Heirat und Sterben - nicht mehr eingehalten wird, ist das Ende der Kirche gekommen. In Brüssel ist es schon so weit. Dort ist die Entwicklung vollzogen. In Flandern gibt es noch einige Hochburgen der kirchlichen Praxis, nach dem Prinzip: Je weiter von der Stadt entfernt, je voller die Kirchen.
Het Nieuwsblad gibt zu bedenken: Die wichtigste Aufgabe der Kirche ist es, für so viel wie möglich Menschen ein Bindeglied zu sein und ihnen ein Gemeinschaftsgefühl zu vermitteln. Die Verweltlichung wurde als eine Art Emanzipation angesehen, doch das ist schon vorbei. Für viele wurde die Kirche in ihrer Rolle als Vermittler von Werten durch nichts ersetzt. Und ohne Normen und Werte verkommt unsere Gesellschaft.
Der Stichtag naht
De Standaard weiß: Premier Leterme arbeitet an einem Kompromiss, um der frankophonen Forderung nach einem Korridor entgegen zu kommen. Er denkt an eine gemeinsame Verwaltung der Straßenverbindungen zwischen Brüssel und der Wallonie. Er muss unbedingt einen Durchbruch erzielen, wenn er zum Wochenende noch ein gemeinschaftspolitisches Abkommen abschließen will. Er stößt jedoch immer noch auf gegenseitige Vetos.
Le Soir notiert auf seiner Titelseite: Die N-VA glaubt nicht mehr an ein Abkommen zum 15.Juli. Ihr Vorsitzender De Wever hat die Partei aufgefordert, schon jetzt über eine belgische Konföderation nachzudenken. Die Frage ist, welchen Einfluss die Radikalisierung der N-VA auf ihren Kartellpartner CD&V haben wird. Was wird geschehen, wenn Leterme seinen Kompromiss seiner eigenen Partei nicht schmackhaft machen kann?
Eine Antwort darauf gibt Gazet van Antwerpen, die auf Seite eins eine Erklärung der CD&V-Vorsitzenden Marianne Thyssen veröffentlicht. Sie will ein Abkommen über die Staatsreform zum 15. Juli. Die Ausgangspunkte der CD&V hätten sich nie geändert. Den Regionen müssten weitere sozial-wirtschaftliche Instrumente übertragen werden und sie müssten mehr Verantwortung erhalten. Sie weigert sich, dem Premierminister Spielraum über den 15.Juli hinaus zu geben.