"Es ist die Woche der Wahrheit"
Das titelt heute die flämische Tageszeitung De Standaard. In acht Tagen muss Yves Leterme im Parlament eine Erklärung abgeben. Darin müssen insbesondere die Grundzüge für eine neue Staatsreform sowie eine Lösung für das Problem Brüssel-Halle-Vilvoorde enthalten sein. Der Premierminister hat das ganze Wochenende über Sondierungsgespräche geführt. Die Chance, dass er in den nächsten Tagen doch noch einen Durchbruch erzielt, ist allerdings klein, meint De Standaard.
In diesem Zusammenhang kommentieren einige Zeitungen die jüngsten Aussagen von Außenminister Karel De Gucht. Der hatte die Frankophonen daran erinnert, dass die Flamen in diesem Land in der Mehrzahl sind. Und am Ende werde die Mehrheit eben ihren Standpunkt durchsetzen, so De Gucht.
De Gucht bestätigt damit nur das, was wir schon seit dem vergangenen 7. November wissen, notiert dazu Le Soir. Am 7. November hatte eine reine flämische Mehrheit im zuständigen Kammerausschuss einseitig die Spaltung des Wahlbezirkes Brüssel-Halle-Vilvoorde verabschiedet. Man kann De Gucht also nur dankbar sein, dass er noch einmal an dieses unselige Ereignis erinnert. Das ist eben die neue belgische Realität: Flandern ist nicht mehr die unterjochte Mehrheit, sondern selbst zum Unterdrücker geworden.
In die selbe Kerbe schlägt La Libre Belgique. De Gucht hat mal wieder gezeigt, dass er alles ist, nur kein Diplomat. Glaubt der Außenminister wirklich, dass er mit seinen Muskelspielchen eine Einigung erleichtert? Die Flamen sollten nicht vergessen, dass man immer irgendwie in der Minderheit ist, das hängt nur vom Blickwinkel ab. Und da gibt es auch ein Beispiel in Belgien, das da wäre: die Flamen in Brüssel.
Einige flämische Zeitungen sehen das ganz anders: Es muss ein für allemal klar sein, dass die Flamen in Belgien in der Mehrheit sind, meint Het Belang van Limburg. Das allerdings hilft den Flamen wenig. Die Verfassung sieht viele Sicherheitsriegel vor, die verhindern sollen, dass die Frankophonen diskriminiert werden. Das verhindert z.B. die Spaltung von Brüssel-Halle-Vilvoorde. Fazit: In diesem Land hat nicht die Mehrheit, sondern die Minderheit das Sagen. Mehr noch: Belgien ist das einzige Land der Welt mit einer „Diktatur der Minderheit“.
Gazet van Antwerpen ist der gleichen Ansicht. In Belgien hat die kleinere Bevölkerungsgruppe ein absolutes und ewig währendes Vetorecht. Die Frankophonen in Belgien sind die bestgeschützte Minderheit der Welt. Da gibt es nur eine Lösung: Jeder Landesteil muss auf seinem Territorium seine eigenen Brötchen backen dürfen, und das ohne Einmischung des anderen. Das ist der einzige Weg, um Belgien zusammen zu halten.
Het Laatste Nieuws teilt im wesentlichen diese Analyse, ruft aber in diesem Zusammenhang zum Dialog auf. Wenn eine der beiden Bevölkerungsgruppen die Handbremse zieht, dann geht nichts mehr. Darüber muss sich jeder im Klaren sein. Flamen und Frankophone sind an Händen und Füßen aneinander gekettet. Diesem Zustand kann nur durch die Spaltung des Landes ein Ende gemacht werden. Alle anderen Alternativen bedeuten unweigerlich, dass man miteinander reden muss.
Apropos reden: De Morgen stellt sich die Frage was bei den Verhandlungen denn noch gesagt werden kann, was noch nicht gesagt worden ist. Nach 13 Monaten kann es nur eine Antwort geben: nichts. Alles ist gesagt, und zwar aus allen möglichen Perspektiven und in allen möglichen Wortlauten. Und immer noch beharren beide Seiten auf ihren jeweiligen Standpunkten. In jedem Fall werden die nächsten Tage für die Brüsseler Rue de la Loi schicksalhaft sein; doch auch das ist bereits mehrmals gesagt worden.
Vor diesem düsteren Hintergrund, so wissen mehrere Zeitungen zu berichten, will übrigens Marie-Claire Houard wieder auf den Plan treten. Die Lütticherin hatte im vergangenen Jahr zehntausende Menschen in Brüssel zusammengetrommelt, um für die Einheit des Landes zu demonstrieren. Jetzt will sie Remake dieser Kundgebung organisieren.
Bewegtes Wochenende am Meer
„Viel Aufregung an der Küste“, titelt etwa das Grenz-Echo. Tatsächlich kam es gleich zu mehreren spektakulären Zwischenfällen. Auf einem Campingplatz in Nieuwpoort hat es gebrannt, in Middelkerke wurde ein 17-Jähriger lebendig unter Sand begraben und die Küstentram wurde zum wiederholten Male mit einem Luftgewehr beschossen. Gazet van Antwerpen spricht denn auch von einem schwarzen Wochenende an der Küste.
Vier Tage Rock Werchter
Die meisten Zeitungen ziehen schließlich eine Bilanz der 34. Auflage des Rockfestivals von Werchter. „Es war ein fast perfektes Wochenende“, meint etwa Het Nieuwsblad. Einziger Wermutstropfen: die beiden Regentage am Donnerstag und Samstag. Insgesamt kamen 319.000 Zuschauer an vier Tagen.