“Auf der Suche nach einem Maulwurf innerhalb des Flughafens“, titelt heute Het Nieuwsblad. “Die Sicherheit in Zaventem am Pranger“, schreibt sinngemäß La Dernière Heure auf Seite eins. Fast alle Zeitungen berichten auch heute in großer Aufmachung über den spektakulären Diamantenraub auf dem Rollfeld des Landesflughafens Zaventem.
De Morgen hat die Aktion rekonstruiert und stellt fest: “Rein und raus in fünf Minuten“. Der Überfall ging rasend schnell von statten. “Die Gangster waren wohl perfekt informiert“, konstatiert Het Nieuwsblad. Deswegen geht man auch davon aus, dass es einen Komplizen gab, entweder bei der Sicherheitsfirma oder innerhalb des Flughafenpersonals. Das Resultat ist jedenfalls der Raub des Jahrhunderts: Die Räuber erbeuteten Diamanten im Wert von 37 Millionen Euro. Gazet van Antwerpen nennt noch eine viel größere Zahl. Im Antwerpener Diamantenviertel wird die Höhe der Beute auf 300 Millionen Euro geschätzt. “Wir sind in Panik“, zitiert das Blatt einen Insider des Sektors.
Antwerpener Diamantensektor in Panik
La Dernière Heure hat nach eigenen Angaben Einblick in einen inoffiziellen Bericht bekommen. Demnach wurde schon vor einiger Zeit auf eine Reihe von Sicherheitsmängeln hingewiesen. Demgegenüber beteuert der für Mobilität zuständige Staatssekretär Melchior Wathelet, dass alle international geltenden Sicherheitsnormen in Zaventem erfüllt sind.
Da gibt es nur zwei Möglichkeiten, schlussfolgert Het Laatste Nieuws in seinem Leitartikel. Entweder, die Feststellung von Wathelet ist lächerlich, oder besagte Sicherheitsnormen sind ein Witz. Angsichts von fünf Überfällen auf Werttransporte auf dem Rollfeld von Zaventem innerhalb von 20 Jahren ist doch offensichtlich, dass ein Sicherheitsproblem gibt.
Da kann man noch froh sein, dass bislang nur Räuber davon profitiert haben. Morgen könnte sich auch eine entschlossene Terrorgruppe Zugang zu dem Gelände verschaffen mit möglicherweise noch viel dramatischeren Folgen. La Dernière Heure sieht das genauso. Wer allen Ernstes kein Sicherheitsproblem in Zaventem erkennen will, der bringt auf Dauer möglicherweise Leben in Gefahr. "Belgien hat sich jedenfalls weltweit mal wieder zur Lachnummer gemacht."
Kim De Gelder will reden
Fast alle Zeitungen berichten heute auch vom ersten Tag im Schwurgerichtsprozess gegen Kim De Gelder. Der mutmaßliche Serienmörder zeigte kein Körnchen Mitgefühl, stellt Het Nieuwsblad fest. Aber immerhin: “De Gelder will reden“, bemerkt Het Laatste Nieuws auf seiner Titelseite. Demnach hat De Gelder zu verstehen gegeben, dass er dem Prozess nicht passiv beiwohnen, sondern Rede und Antwort stehen will.
In Flandern sorgt die Affäre um mutmaßliche Steuertricks bei der christlichen Arbeiterbewegung ACW weiter für Diskussionsstoff. Die N-VA geht davon aus, dass die Steuerschlupflöcher illegal waren und beschuldigte die ACW öffentlich des Betrugs und der Urkundenfälschung. Jetzt schlägt die ACW zurück: “Die ACW klagt gegen die N-VA“, titelt De Morgen. Demnach hat sich die christliche Arbeiterbewegung aber zunächst rückversichert. Der bekannte Steuerrechtler und Uniprofessor Axel Haelterman hat sich die Buchhaltung angeschaut und hat keine Spur von Steuerbetrug entdecken können.
Wer andern eine Grube gräbt …
Damit landet die ACW einen spektakulären Überraschungscoup, sind sich viele Leitartikler einig. Axel Haelterman ist nicht irgendwer, und er würde auch nicht einfach so seinen Ruf aufs Spiel setzen, notiert Het Nieuwsblad. Das Urteil des unbestrittenen Fachmanns wiegt schwer. Allerdings fehlt noch die amtliche Bestätigung durch ein Gericht, beziehungsweise die Steuerbehörden.
Sollte sich aber zeigen, dass die ACW nicht gegen das Gesetz verstoßen hat, dann hat die N-VA ein ausgewachsenes Problem. Wer so aggressiv zu Werke geht, der muss sicher sein, dass er Recht hat. Wer eine Panzerfaust abfeuert, der sollte Zielwasser trinken, so Het Nieuwsblad. Auch für die N-VA geht es jetzt um ihre Glaubwürdigkeit, meint auch Gazet Van Antwerpen. Die Partei von Bart De Wever hat möglicherweise ihr Blatt überreizt. Die ACW wird nicht schadlos aus dieser Geschichte herauskommen, die N-VA allerdings auch nicht.
Die N-VA droht mit herunter gelassenen Hosen dazustehen, bemerkt auch De Standaard. Wer wild um sich schießt, der kann mitunter auch den eigenen Fuß treffen. Allerdings zeigt die Geschichte auch, wie komplex das belgische Steuersystem ist, wenn selbst Fachleute keine einheitliche Auffassung von ein und derselben Praxis haben.
De Morgen fragt sich dennoch, was die N-VA beseelt. Die N-VA führt eine Charge nach der anderen, schießt auf alles, was sich bewegt. Das übersteigt längst den normalen politischen Rahmen. Für die N-VA gibt es offensichtlich keine politischen Widersacher mehr, sondern nur noch Feinde. Strategisch gesehen ist das unvernünftig: Bis zum Beweis des Gegenteils braucht eine Partei in der Regel Koalitionspartner.
Die aggressive Angriffslust der N-VA ist auch Gegenstand der Aufmachergeschichte des flämischen Wochenmagazins Knack: “Was die N-VA tut, das ist ein Angriff auf alle Gewerkschafter in Flandern“, zitiert Knack den FGTB-Vorsitzenden Rudy De Leeuw. De Leeuw blickt im Übrigen auch schon auf die für Donnerstag angesetzte Großdemo in Brüssel. La Libre Belgique rechnet mit 20.000 Teilnehmern.
Hausgemachter Pferdefleischskandal
“Jetzt hat auch Belgien seinen Pferdefleischskandal“, titelt De Standaard. Hier geht es um die jüngsten Enthüllungen über die betrügerischen Machenschaften eines Pferdehändlers aus Neufchâteau. Das Resultat steht auf Seite Eins von L’Avenir: “Unsauberes Pferdefleisch auf unseren Tellern. Auch dieser Fall zeigt die Grenzen der europäischen Lebensmittelkontrolle auf, meint L’Avenir in seinem Kommentar. Lückenlose Rückverfolgbarkeit gibt es nicht.
In der Wallonie sorgt der Vorstoß des Ecolo-Regionalministers Jean-Marc Nollet weiterhin für Diskussionsstoff. Der ostbelgische SP-Regionalabgeordneter Edmund Stoffels übt in La Dernière Heure harsche Kritik an den Plänen. Le Soir beklagt seinerseits in seinem Leitartikel die Namürer Kakofonie. Der Verbraucher weiß nicht mehr, wo ihm der Kopf steht: Bezahlt er nun mehr oder weniger für seinen Strom? Gerade in solch sensiblen Fragen verdient der Bürger klare Aussagen.
Roger Pint - Bild: Issouf Sanogo (afp)