Daneben berichten viele Blätter ausführlich über das Urteil im Prozess gegen Abdallah Ait Oud. Und schließlich wird auch vielerorts Königin Fabiola zum 80. Geburtstag gratuliert.
Rote Karte für Radsportler Boonen
„Tom Boonen ist auf einer weißen Linie ausgerutscht“ titelt La Libre Belgique. La Derniere Heure bleibt im Bild: „Tom Boonen hat die weiße Linie überschritten“. Für De Morgen ist Tom Boonen „vom Thron gedonnert“. „Ist das das Ende von Tom?“ fragt sich Gazet Van Antwerpen.
Die meisten Tageszeitungen widmen der Kokainaffäre um Tom Boonen ganze Dossiers und auch ihre Leitartikel.
Das Ende einer Illusion, meint La Libre Belgique. Tom Boonen steht stellvertretend für die heutige Generation der jungen Stars aus Sport und Showbusiness. Die werden von einem skrupellosen Umfeld von der realen Welt isoliert und leben fortan in einem Kokon, in einer Welt, wo alles erlaubt zu sein scheint. Tom Boonen ist ein Ausnahmesportler. Von der Vorstellung, dass er auch ein außergewöhnlicher Mensch ist, müssen wir uns allerdings verabschieden.
Tom Boonen hat als Vorbild ausgedient, meint in diesem Zusammenhang auch das Grenz-Echo. Dies, zumal er in letzter Zeit immer wieder ins Gerede gekommen war. Unter anderem ist ihm zweimal wegen überhöhter Geschwindigkeit und Alkohol am Steuer der Führerschein entzogen worden. Jetzt, nach dem Kokainnachweis, wurde er von der Tour de Suisse ausgeschlossen. Ein Start bei der Tour de France ist fraglich. „War es das wert?“ fragt sich das Grenz-Echo.
Auch De Morgen versteht die Welt nicht mehr. Tom Boonen ist - oder besser gesagt war - so etwas wie das Rollenmodell des flämischen Sports. Er war der ideale Schwiegersohn, zumindest bis zu dem Zeitpunkt, wo seine Affäre mit einer 16-Jährigen bekannt wurde. Er war das Gesicht einer Kampagne für Straßenverkehrssicherheit, zumindest bis zu dem Zeitpunkt, wo er seinen Lamborghini gegen einen Strommast setzte und einige Male seinen Führerschein abgeben musste. Und jetzt: Kokain! Welcher Teufel hat diesen talentierten jungen Mann geritten?
Eine mögliche Antwort liefert Het Nieuwsblad: Es war Dummheit. Radprofis werden regelmäßig auf Herz und Nieren untersucht, die Dopingkontrollen erfolgen auch unangekündigt. Und wer dann ausgerechnet Kokain einnimmt, eine Droge, die sehr leicht nachweisbar ist, der spielt Russisches Roulette.
Einige Zeitungen bringen aber auch ein gewisses Maß an Verständnis für den 27-Jährigen auf.
Tom Boonen ist gewissermaßen ein Kind seiner Zeit, notiert etwa Gazet Van Antwerpen. Junge Menschen sind zahllosen Versuchungen ausgesetzt, erst recht, wenn sie über ein üppiges Bankkonto verfügen. Wenn man jung ist, dann gibt es nichts Schöneres, als auf dem Trampolin des Lebens wild herumzuhüpfen, bis man auf die Nase fällt. Es wird Zeit, dass es auch im Sport wieder ums Wesentliche geht, nämlich die reine Leistung, und nicht das Bankkonto.
Het Belang Van Limburg ruft zur Besonnenheit auf: Man sollte jetzt nicht übertreiben. Tom Boonen ist noch nie bei der Einnahme verbotener Substanzen erwischt worden, dies ist das erste Mal. Einmal hat er sich gehen lassen, wie es so oft unter jungen Menschen vorkommt. Und die Tatsache, dass Tom Boonen ein Star ist, gibt ihn nicht gleich zum Abschuss frei. Vielmehr braucht der Junge jetzt Hilfe, meint Het Belang Van Limburg.
Auch Het Laatste Nieuws erinnert an die scheinbare Allgegenwart von Kokain. In Brüssel werden täglich anderthalb Kilo des weißen Pulvers konsumiert. Das ist allerdings kein Grund, Kokain zu verharmlosen. Und auch wenn junge Menschen wie Tom Boonen tatsächlich einem ungeheuren Druck ausgesetzt sind, so ist das keine Entschuldigung. Werd erwachsen, Tom, schreibt Het Laatste Nieuws.
Le Soir stellt sich schließlich die Frage nach der Zukunft des belgischen Sports. Mit Justine Henin ist gerade erst eine der letzten Lichtgestalten abgetreten, die Roten Teufel sind zum Gespött Europas verkommen, und jetzt das! Wer wird uns in Zukunft noch träumen lassen?
Die Kokainaffäre um Tom Boonen hat ein anderes Ereignis in den Schatten gestellt: Das Urteil im Prozess gegen Abdallah Ait Oud.
Schuldig auf der ganzen Linie
Das titelt in diesem Zusammenhang Vers L'Avenir. Das Schwurgericht von Lüttich sah es als erwiesen an, dass Ait Oud vor genau zwei Jahren die Lütticher Stiefschwestern Stacy und Nathalie entführt, missbraucht und ermordet hat.
Die Jury hegte keinen Zweifel an der Schuld es Angeklagten, fügt De Standaard hinzu. Und das trotz der Tatsache, dass es weder ein Geständnis gab, noch den wirklich endgültigen Beweis.
Herzlichen Glückwunsch, Majestät
Einige Zeitungen widmen sich schließlich noch einem gesellschaftlichen Ereignis: Heute wird Königin Fabiola, die Witwe von König Baudouin 80 Jahre alt. La Derniere Heure beleuchtet ausführlich das Leben der Königin und versucht dabei auch die Frage zu klären, wie sie König Baudouin denn nun wirklich kennen gelernt hat.