So bringt Vers l'Avenir den Titel: „ Der Superministerrat hat eine Maus geboren“. Dieses arme Tierchen muss bis zum 15. Juli laufen und hat den Auftrag, echte Maßnahmen auszuarbeiten.
Gazet van Antwerpen glaubt: Dieser große Ministerrat kam nur zustande, weil einige Parteien nervös wurden. Die Liberalen wollten eine große sozial-wirtschaftliche Veranstaltung. Ihre Strategie ist deutlich. Sie überlassen dem Kartell CD&V/N-VA die Suche nach einer Lösung für die Gemeinschaftspolitik. Gelingt es Leterme, werden sie mit davon profitieren. Scheitert er, dann ist er alleine schuld. Unterdessen befassen sich die Liberalen mit den Problemen, die die Bürger interessieren: Steuern, Kaufkraft und Arbeitsmarkt. Der 15.Juli ist ein magisches Datum. Es soll der big bang werden, die Wiedergeburt Belgiens. Wenn Leterme das alles bis Mitte Juli schafft, kann er in der Galerie der Allergrößten Platz nehmen.
Mit der Aufstellung eines Terminkalenders für die Wirtschafts- und Sozialpolitik hat die Leterme-Regierung erst das Einfachste hinter sich, glaubt Het Belang van Limburg. In der Haushaltskontrolle müssen die Minister versuchen, den Etat wieder in den Griff zu bekommen. Das wird nicht schmerzlos sein, denn der Föderalstaat ist so gut wie bankrott und alles, was die Regierung verkaufen konnte, ist schon verkauft. Zusätzlich warten die gemeinschaftspolitischen Probleme auf eine Lösung und das in einem Augenblick, wo man bereits die Listen für die Regionalwahlen aufstellen muss. Die frankophonen Liberalen und Sozialisten leben in einer Periode historischer politischer Unsicherheit, weil sie selbst nicht mehr wissen, welche von beiden die größte Partei ist.
Leterme hat noch 50 Tage, um sein Programm umzusetzen, unterstreicht Het Laatste Nieuws. Die Regierung hat jetzt eine Liste ihrer sozial-wirtschaftlichen Prioritäten, die so viel kosten, dass sie in dieser Legislatur nicht vollständig ausgeführt werden können. Diese Regierung wird nichts unternehmen was den Gewerkschaften missfällt. Leterme will alles sehr geordnet anpacken, wie er es als flämischer Ministerpräsident schon tat. Kein organisiertes Chaos wie Verhofstadt, sondern überlegtes Handeln. Kein Problem, wenn das zu Resultaten führt. Doch die Frage ist, wird es jemals Resultate geben und wann.
Auch Het Nieuwsblad spricht von einer Methode, die Leterme als flämischer Ministerpräsident angewendet hat. Damals war sie erfolgreich, doch nicht in der Föderalregierung, in der überall Misstrauen herrscht und die eher einem Wespennest gleicht. Die Dinge liegen heute nicht besser als vorgestern, am Tag vor dem Sonderministerrat. Man muss den 15.Juli mit seiner Deadline abwarten.
De Standaard gibt zu bedenken: Wenn Leterme tatsächlich ein großes gemeinschaftspolitisches Abkommen erzielt, seine Regierung es tatsächlich ausführt und auch noch den Staatshaushalt wieder auf die richtige Spur setzt, ist noch lange nicht alles getan. Es sind dringend Reformen der Pensionen, der Arbeitsgesetzgebung, der Lohnkostenstruktur und der Staatsverwaltung erforderlich. Diese müssen schon jetzt vorbereitet werden, am besten von den Gliedstaaten. Das hat auch noch den Vorteil, dass sie zusammenarbeiten können, selbst wenn die Leterme-Regierung scheitert und die gesamte föderale Beschlussfassung blockiert ist.
De Morgen würdigt in seinem Leitartikel die Arbeit des Primas von Belgien, Kardinal Danneels, der in dieser Woche seinen Rücktritt eingereicht hat. Der Kardinal verteidigte stets seine Ansichten, doch er zwang sie niemandem auf. Er war standfest, nicht rabiat. Er verteidigte seinen Laden, doch er strebte kein Monopol an. Dadurch wurde er selbst populärer als sein Institut. Er hielt die Kirche in der Mitte: Nicht dominant, aber auch nicht bedeutungslos. Er war ein Hirte und kein Kreuzfahrer. Das ist das schönste Kompliment, das man einem Kirchenführer machen kann.