Züge stehen still
„Bahnstreik koste 40 Millionen“ so die Balkenüberschrift auf Seite 1 in Het Laatste Nieuws. Gut 330.000 Bahnkunden blieben heute wegen des 24-stündigen Arbeitsausstandes bei der SNCB auf der Strecke. Die Folge seien die vermutlich schlimmsten Staus seit Jahren auf belgischen Straßen. Allein im flämischen Verkehrsleitzentrum rechnet man mit insgesamt 270 Kilometern zum Teil stockendem oder stillstehendem Verkehr, weil Bahnfahrer auf das Auto umsteigen. Diese Staus bedeuteten für die Unternehmen, die auf ihre Mitarbeiter warten müssen, Zeit und Geldverlust. Es wird vermutet, dass 40 % all jener Personen, die normalerweise mit dem Zug zum Arbeitsplatz pendeln, heute den Wagen nehmen.
Dies, so notiert Het Laatste Nieuws habe auch Folgen für die Umwelt. Durch das starke Verkehrsaufkommen würden Tausende Tonnen an zusätzlichem CO²-Ausstoß zu erwarten sein. Derweil halten die Gewerkschaften den Generalstreik bei der Bahn, übrigens der erste in fünf Jahren, für gerechtfertigt. In den letzten fünf Jahren sei der Ertrag bei der SNCB um 32% gestiegen. Über die Folgen für die Beschäftigten hätten die Arbeitnehmerorganisationen bislang nicht gemurrt.
Auch Gazet Van Antwerpen warnt heute vor Monsterstaus und schreibt, dass wegen des Streiks bei der Bahn gut 20 % der Beschäftigten im Land einen Tag frei nehmen, um das Verkehrschaos zu meiden. Wer doch mit dem Auto anstelle des Zuges zu Arbeit fährt, mache sich, nach Angaben der Antwerpener Tageszeitung, früher als gewöhnlich auf den Weg. In einer Umfrage, wie die Staus am besten zu vermeiden seien, gaben auch knapp 14 % der Befragten an, mit dem Fahrrad zur Arbeit zu fahren. 10,5 % wollen versuchen, mit Bus oder Straßenbahn zu pendeln und nur 5 % will im Carpooling, also zu mehreren in einem Wagen, zur Arbeit fahren. Gazet Van Antwerpen vermutet, dass heute Richtung Antwerpen und Richtung Brüssel gut 20 km längere Staus entstehen als an einem gewöhnlichen Werktag.
Auch Het Belang Van Limburg titelt: „Zu Hause bleiben oder Stoßstange an Stoßstange stehen“. Wer heute nicht zu Hause bleibe, sondern mit dem Wagen zur Arbeit fahre, müsse sich in Geduld üben. Aus Zahlenmaterial von 2007 gehe hervor, so die Zeitung, dass 70 % der Belgier im Normalfall den Arbeitsweg mit dem PKW zurücklegen. Nur 7 % der Beschäftigten pendeln hierzulande mit dem Zug. Ein Großteil dieser Arbeitnehmer würde heute wohl auch mit dem Auto unterwegs sein. Verkehrsexperten erklären unterdessen, dass ein Plus von 5 % im Verkehr für eine Verdopplung der an gewöhnlichen Werktagen entstehenden Staus sorgt.
Rauchverbot nur mäßig eingehalten
Auch Le Soir fragt auf der Titelseite, wie der heutige Streiktag bei der Bahn zu überleben ist. Ebenfalls auf der Titelseite der Brüsseler Tageszeitung: Informationen aus dem Gesundheitsministerium, wonach 40% der Cafés und Gaststätten im Land sich nicht an das seit 2007 geltende Rauchverbot in diesem Bereich des öffentlichen Raums halten. 60% der kontrollierten Cafés missachteten das Rauchverbot. Auch 40% der Jugendherbergen würden die entsprechende Gesetzgebung nicht anwenden. Dort, wo ein generelles Rauchverbot herrsche, in Restaurants etwa, stellten die Beamten des Gesundheitsministeriums in 67% der Fälle die Einhaltung einer strikten Verbannung des blauen Dunstes fest.
Niedrige Kaufkraft - niedrige Baukraft
„Keine Staatsreform ohne Sozialreform“ so der Titel von La Libre Belgique heute. Das Blatt zitiert damit Vizepremier und Gesundheitsministerin Laurette Onkelinx. Für die sozialistische Spitzenpolitikerin gehörten Maßnahmen im Beschäftigungsbereich und für Familien, Rentenerhöhungen und Hilfe für Personen, die unter der Armutsgrenze leben, in diese Sozialreform.
Im Leitartikel kommentiert La Libre Belgique das Thema und stellt fest, dass der Streik bei der SNCB die Frage nach dem Warum aufwerfe. Sowohl die Bahnchefs als auch die Beschäftigten des Unternehmens wollten doch schließlich das Gleiche: Eine Erhöhung ihrer Kaufkraft. Einer der Bahnmanager wollte sein Gehalt um 30.000 Euro im Jahr aufbessern, für die Arbeitnehmer bei der Bahn erschienen die angebotenen 320 Euro per anno als etwas mager. Spaß beiseite: Wäre ordentlich verhandelt worden, hätte man den Streik heute verhindern könne, glaubt La Libre Belgique. Gesundheitsministerin Onkelinx rückt derweil eine Stärkung der Kaufkraft in den Mittelpunkt des Kuhhandels, der sich für weitere Schritte der von Flandern gewollten Verfassungs- bzw. Staatsreform abzeichnet.
De Morgen schließlich berichtet heute über eine Stagnation in der flämischen Baubranche, die vor allem durch die steigende wirtschaftliche Unsicherheit und deutlich erhöhte Baukosten begründet sei. Man stelle eine deutliche Abschwächung der Bauvorhaben im Wohnungsbereich fest, notiert De Morgen.