BHV hält die Politik weiter in Atem
Vers l'Avenir bringt dazu ein Interview mit dem ehemaligen Kammerpräsidenten Herman De Croo. Er erklärt: Jeder weiß, dass das Problem BHV nicht ohne Verhandlungen gelöst werden kann, und dass eine Lösung die Voraussetzung für die weitere Staatsreform ist. Yves Leterme und seine Partei wollen das Thema bis zu den Regionalwahlen im kommenden Jahr warm halten. Doch es muss innerhalb der neuen Schonfrist von 120 Tagen gelöst werden.
Der Vorsitzende der flämisch-nationalistischen N-VA, Bart De Wever, sagt in einem Gespräch mit De Morgen, für ihn sei der von Premierminister Leterme gesetzte Termin vom 15. Juli für BHV und Staatsreform kein Verfallsdatum. Man könne auch bis Ende August weiter verhandeln. Ein gemeinschaftspolitisches Abkommen zum Ende des Sommers sei auch noch gut.
La Dernière Heure veröffentlicht eine Meinungsumfrage unter frankophonen Bürgern und flämischen Einwohnern von Halle-Vilvoorde über die BHV-Krise. 63% der Frankophonen sagen, die Flamen gingen zu weit. Diese Meinung wird sogar durch 48% der flämischen Bewohner dieser Gemeinden geteilt. 70% der Frankophonen glauben, dass Yves Leterme nicht in der Lage ist, das Problem zu lösen. 67% der Flamen sind der gleichen Meinung.
Le Soir erwartet, dass in Kürze wieder die Octopus-Gruppe und der Rat der Weisen versammelt werden, um über eine neue BHV-Note des Premierministers zu verhandeln. Es ist nicht auszuschließen, dass Leterme im Juli weder mit einer Lösung dieses Problems noch mit einer weiteren Staatsreform aufwarten kann. Er kann trotzdem weiter an der Spitze der Regierung bleiben, doch dann in einer Koalition ohne die N-VA.
De Standaard stellt fest: Wenn das Thema BHV in Fernsehdiskussionsrunden zur Sprache kommt, müssen zweitrangige Politiker den Standpunkt ihrer Partei erläutern. Die politischen Stars halten sich zurück. Mit BHV kann man keine Lorbeeren ernten. Es ist ein wichtiges politisches Problem. Sein symbolischer Wert erschwert die Suche nach einer Lösung. Yves Leterme hat noch zwei Möglichkeiten: Entweder er löst das Problem unverzüglich oder er schweigt beschämt.
Gazet van Antwerpen sieht eine neue Sackgasse. Die Frankophonen verfügen noch über ein ganzes Arsenal, um die Spaltung des Wahlbezirks aufzuhalten. Man muss sich die Frage stellen, ob das der Sinn des Systems ist. Wann werden die Frankophonen endlich einsehen, dass ihre Weigerung, über Reformen zu verhandeln, nur eine Radikalisierung Flanderns bewirkt?
Het Laatste Nieuws unterstreicht: Die flämische Mehrheit darf der frankophonen Minderheit nicht ihren Willen aufzwingen. Ein Zwei-Völkerstaat kann nur funktionieren, wenn die beiden Gemeinschaften zu einem Modus Vivendi finden. In Ländern, in denen dieses demokratische Prinzip nicht angewendet wurde, führte das zum Bürgerkrieg. Deshalb hat man in Belgien jene Riegel in der Verfassung verankert, von denen die Frankophonen jetzt Gebrauch machen. Die neue politische Generation in Flandern muss das Prinzip der geteilten Macht akzeptieren und einsehen, dass es keinen anderen Ausweg gibt.
La Libre Belgique berichtet, mehrere Parteien überlegten, ob man nicht im kommenden Oktober föderale und regionale Wahlen abhalten sollte. Wenn das politische Klima sich noch weiter verschlechtert, ist das die beste Lösung. Der Wahlkampf für die Regionalwahlen 2009 beginnt ohnehin schon im September dieses Jahres.