Alle Zeitungen kommentieren den neuen gemeinschaftspolitischen Konflikt und viele üben harte Kritik an Premierminister Leterme.
Das Magazin Le Vif bringt eine Reihe von Artikeln zu den Themen „Wie Leterme und seine Leute Belgien verkommen lassen“, „Wie sie die Frankophonen betrügen“, „Wird BHV zum Ende des Landes führen?“ und „Die CD&V spielt mit der Zukunft des Landes“.
La Libre Belgique schreibt: Leterme muss endlich handeln, Kompromisse einleiten, seine Mehrheit führen. Wenn er dazu unfähig ist, muss er den Platz räumen. Über BHV muss verhandelt werden. Kein Frankophoner kann jemals akzeptieren, dass Brüssel von einem Gürtel flämischer Gemeinden mit unantastbaren Grenzen eingezwängt wird und die selbe Lage gerät wie seinerzeit das von der DDR umzingelte Berlin. Leterme hat die Pflicht, die drohenden Konflikte beizulegen. Bis jetzt hat er nichts getan.
Leterme hat alles verloren, behauptet La Derniere Heure. Er ist nicht der Chef seiner Mehrheit und auch nicht der Führer seiner eigenen Partei. Er hat nicht mehr die kleinste Legitimität als Premierminister. In einem normalen Land hätte er längst zurücktreten müssen. Doch Neuwahlen sind auch keine Lösung. Das Übel ist geschehen und wird tiefe Wunden hinterlassen.
Anderer Meinung ist Het Belang van Limburg. Die Zeitung notiert: Selbst wenn Letermes Regierung über BHV fallen sollte, geht in seinem Kartell kein Mann über Bord. Eine Lösung für BHV ist weiter entfernt denn je, doch die Spaltung des Landes ist näher gekommen. Die Frankophonen haben verloren, Leterme hat gesiegt.
De Standaard glaubt: Es ist aussichtslos. Weshalb sollte man am 15. Juli eine Lösung finden, nach der man ein Jahr lang erfolglos gesucht hat. Die Politiker haben ihr Ritual, die Bevölkerung hat abgehakt und sorgt sich nicht darum. Sie hat es gelernt, in der Sackgasse zu leben, so lange die Kaufkraft nicht zu stark nachlässt. Täglich wird der Beweis geliefert, wie unbedeutend die Politik ist.
L'Echo behauptet: Leterme hat nicht versucht, seine Truppen zu überzeugen, dass sie ihm eine Chance geben müssen. Er trat nicht als Premierminister auf. Er lässt seine Regierung im Stich und führt nur Maßnahmen aus, die sein Vorgänger beschlossen hat. Sein einziger Trumpf ist die Angst vor dem Vakuum.
Schlimmer als die Prozession von Echternach, meint Het Laatste Nieuws, denn die kommt wenigstens voran. Leterme bewegt sich im Kreis. Nach einiger Zeit ist man wieder da, wo man schon war. Das Status Quo ist total. Die Flamen hatten die Illusion, dass BHV durch eine Abstimmung gespalten werden kann. Doch eine Abstimmung ist der beste Weg um niemals zu spalten. Die Abstimmung diente nur dazu, zu verbergen, dass man nicht den Mut zu Kompromissen besitzt.
Le Soir mahnt: Das Land muss dringend einen neuen Modus Vivendi finden, der sich nicht auf einige Wochen beschränkt. Leterme hat keine Zeit mehr, seine großen Amtskollegen oder Fußballspiele zu besuchen. Ihm bleiben 60 Tage, um über die Zukunft des Landes zu verhandeln. Für ihn fast eine Unmöglichkeit.
De Morgen stellt fest: Nach 11 Monaten sieht man immer noch keinen Ausweg für BHV. Im Gegenteil, das Klima in der Regierung verschlechtert sich täglich, die internen Gegensätze wachsen, genauso wie die Bereitschaft, die andere Seite zu blockieren. Von dieser Regierung ist nichts mehr zu erwarten. Es stellt sich die Frage, ob man ihren Leidensweg nicht verkürzen sollte.
Für De Tijd ist es einfach: Der erste, der einen Kompromiss akzeptiert, ist der Verlierer der Wahlen im kommenden Jahr. Wenn man das weiß, versteht man die heutige Krise.
Premierminister Leterme antwortet in Vers L'Avenir auf den offenen Brief, den die Zeitung gestern veröffentlichte. Er unterstreicht, er glaube an die Zukunft des Landes. Die Reform der Institutionen gehöre dazu. Eine Neuordnung der Kompetenzen sei einer guten Arbeitsweise des Staates dienlich.