Alle Tageszeitungen kommentieren die gemeinschaftspolitischen Spannungen, die dieses Projekt auslöst und die möglichen Folgen für das Land und die Regierung.
Vers L'Avenir veröffentlicht auf seiner Titelseite einen offenen Brief an Yves Leterme: Unsere Leser sind bitter enttäuscht. Brüssel-Halle-Vilvoorde interessiert sie nicht. Sie wollen nicht, dass der Regierungschef seine Zeit damit verschwendet. Sie fordern ihn auf, die Zügel der Regierung in die Hand zu nehmen und die Gemeinschaften des Landes miteinander auszusöhnen. Sie verlangen eine klare Aussage, ob Leterme an einer Zukunft für das Land und seine Bewohner arbeiten will, oder ob er das Ende Belgiens und die flämische Unabhängigkeit anstrebt.
Het Volk erklärt: BHV hat schon enormen Schaden angerichtet. Die Frankophonen müssen Verzögerungsmanöver anwenden, die sie nicht einsetzen wollten. Die Flamen haben durch ihre Haltung den frankophonen Widerstand gegen die weitere Staatsreform verstärkt. Yves Leterme hat viel Glaubwürdigkeit verloren. Er erweckt nicht den Eindruck, der wirkliche Chef der Regierung zu sein. Die Kluft zwischen ihm und seinem Kartell hat sich vergrößert. Er konnte seine Partei nicht überreden, die Abstimmung hinaus zu schieben.
Het Laatste Nieuws behauptet: Leterme hat eine Strategie im Hinblick auf die Regionalwahlen. Wenn das Problem BHV gelöst wird, kann Leterme im Wahlkampf als Sieger antreten. Wird BHV nicht gespalten, wird er den Frankophonen die Schuld zuschieben und im Wahlkampf als Märtyrer erscheinen. Auch das sichert ihm den Erfolg.
De Tijd unterstreicht: BHV stellt die Glaubwürdigkeit der Politiker auf die Probe. Die Flamen haben die Spaltung versprochen, die Frankophonen haben ihren Wählern gesagt, dass sie diese Spaltung verhindern werden. Der erste, der nachgibt, hat eine schlechte Ausgangsposition für die nächsten Wahlen. Die Mehrheitsparteien nehmen sich gegenseitig als Geisel und damit zugleich das ganze Land.
De Standaard stellt fest: Leterme 1 ist keine Regierung. Es gibt keine Basis für eine Staatsreform, aber auch nicht für ein sozial-wirtschaftliches Projekt, das das Land gegen die konjunkturellen und strukturellen Herausforderungen wappnen wurde. Der Premierminister geht stark angeschlagen aus dieser Episode hervor.
De Morgen meint auch: Das einzige, was diese Regierung tut, ist, Initiativen und Risikos aus dem Weg gehen. Sie regiert nicht. Die Suche nach einem Kompromiss ist tabu. Zyniker sehen dahinter eine bewusste Strategie: Indem man keine Verantwortung übernimmt und den Frankophonen für alles die Schuld gibt, kann man noch einmal als Märtyrer in den Wahlkampf ziehen.
Gazet van Antwerpen meint: Flamen und Frankophone können die Entwicklung als Sieg feiern. Die Flamen, weil BHV auf die Tagesordnung der Kammer gesetzt wurde, die Frankophonen, weil sie eine Abstimmung verhindert haben. Das Vertrauen in diese Koalition ist auf dem Nullpunkt angelangt. Wahrscheinlich wird man BHV mit der weiteren Staatsreform in einen Topf stecken und versuchen, bis zum 15. Juli zu verhandeln. Doch die Gefahr besteht, dass der Topf schon vorher explodiert.
La Libre Belgique spricht von einer Vertrauenskrise, die Spuren hinterlassen wird. Kein Frankophoner kann jetzt noch einem Abkommen vertrauen, das mit der CD&V ausgehandelt wurde. BHV brachte die Mehrheit ins Wanken, nahm dem Premierminister seine Glaubwürdigkeit und schwächte die Regierung. Die Frankophonen werden nicht gelassen bleiben. Sie werden den vereinbarten Terminkalender für die Staatsreform in Frage stellen.
Le Soir erklärt: BHV ist kein surrealistisches Problem. Es ist von größter Bedeutung für die Zukunft des Landes. Wenn der Norden mit der Spaltung des Wahlbezirks zeigen will, dass er das Ende Belgiens anstrebt, muss er es sagen. Dann müssen Verhandlungen über eine Trennung beginnen.