"Die Banken säbeln wieder einmal in ihrer Belegschaft", titelt L'Echo. "Gegen Ende 2015 gibt es in der Bankenwelt ein Viertel weniger Jobs", schreibt De Standaard auf Seite eins. “Banken streichen 5.000 Jobs", titelt Het Laatste Nieuws. Bei Het Nieuwsblad sind es schon 7.000 Jobs, die bis Ende 2014 im Bankensektor verloren gehen.
Die ING-Bank hat gestern angekündigt, 1.000 Jobs zu streichen. ING begründet seine Entscheidung unter anderem mit dem wachsenden Erfolg des Internet-Bankings. Das ist im Grunde aber nur der neue Höhepunkt einer Entwicklung; zuvor hatten auch schon andere Banken wie Belfius oder BNP Paribas Fortis die Streichung von Arbeitsplätzen bekannt gegeben. Und auch das ist nur die Spitze des Eisbergs, wie De Standaard auf seiner Titelseite berichtet. Betrachtet man die Entwicklung in den letzten 15 Jahren, dann stellt man fest: 2015 werden die Banken 17.700 weniger Mitarbeiter beschäftigen als im Jahr 2000. “Die Banken bauen ein Viertel ihres Personals ab“, so denn auch die Schlagzeile von De Standaard.
ING: Ford-Debakel oder Niedergang der Stahlindustrie?
"Ist der Bankensektor die neue Stahlindustrie?", fragt sich denn auch L’Echo in seinem Leitartikel. Der Vergleich ist wohl ein wenig überzogen, aber eins ist sicher: Die goldenen Zeiten sind vorbei. Der Sektor wird nie mehr der große Arbeitgeber sein, der er einmal war. Experten glauben zudem, dass Belgien zu klein ist für vier Banken mit einem flächendeckenden Zweigstellennetz. Neben ING gibt es ja noch BNP Paribas Fortis, Belfius und die KBC. Eine neue Konzentration ist wohl unumgänglich. Fachleute mutmaßen, Belfius könnte auf Dauer an ING oder KBC verkauft werden.
Im Bankensektor droht ein soziales Drama, dass mit Ford Genk vergleichbar ist, bemerkt auch Gazet van Antwerpen. Wie ist das möglich? Zumal ING im vergangenen Jahr mehr als eine Milliarde Euro Gewinn erwirtschaftet hat. Klar gibt es nachvollziehbare Argumente. Natürlich sorgt der Erfolg des Internetbankings dafür, dass Banken weniger Personal benötigen. Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Die Banken liefern sich derzeit ein gnadenloses Rennen um mehr Rentabilität. Resultat: Die Banken machen sich gegenseitig verrückt und sparen sich kaputt an Personal.
Schockierend ist vor allem die Vorgehensweise von ING, notiert La Libre Belgique. Die belgo-niederländische Bank kündigte ihren Stellenabbau über ein simples Kommuniqué an. 1.000 Jobs mal eben vernichtet. 1.000 ist eine wunderbar runde Zahl, was wohl kein Zufall ist. Das Ziel wurde wohl von einem eiskalten Experten ausgegeben; mit betriebswirtschaftlichen Notwendigkeiten hat das nichts zu tun. Die Banken vergessen offensichtlich, dass viele von ihnen 2008 mit Steuergeldern gerettet werden mussten.
“Schafft den Staatsschutz ab!“
Für Diskussionen sorgen auch weiter die jüngsten Presselecks beim Staatssicherheitsdienst. “Gehört der Staatsschutz abgeschafft oder nicht?“, fragt sich La Libre Belgique auf Seite eins. Der Inlandsgeheimdienst ist ja wiederholt in die Schlagzeilen geraten, nachdem Einzelheiten über seine Arbeit ans Licht gekommen waren. Viele Zeitungen vermuten, dass eine anstehende Personalentscheidung dahinter steckt. Bald soll ein neuer fester Direktor für den Staatsschutz ernannt werden. Der bisherige Leiter, Alain Winants, wurde 2011 nur als Interimsdirektor eingesetzt. Winants selbst ist Kandidat für den Posten, doch stellt sich angesichts der jüngsten Diskussionen die Frage, die L’Echo auf den Punkt bringt: “Wer will den Chef des Staatsschutzes destabilisieren?“. De Standaard kann nur feststellen, dass Alain Winants in den letzte Tagen und Wochen bei der Politik erheblich an Kredit verloren hat.
La Libre Belgique und auch De Morgen bringen denn auch schon eine mögliche neue Kandidatin ins Spiel: Die bekannte Magistratin Karin Gérard könnte demnach Alain Winants an der Spitze des Staatsschutzes ersetzen.
Einige sozialistische Politiker hatten die Diskussion um den Staatssicherheitsdienst zum Anlass genommen, um Fundamentalkritik zu üben. “Lasst uns diese nutzlose Behörde abschaffen“, polterte etwa der SP.A-Politiker Renaat Landuyt.
"Könnte man nicht lieber den Herrn Landuyt abschaffen?", fragt sich wütend Het Laatste Nieuws. Der Vorschlag des SP.A-Bürgermeisters von Brügge ist jedenfalls aberwitzig. Geht es nach Landuyt, dann soll unter anderem die Polizei Aufgaben des Staatsschutzes übernehmen. Eine Polizei die überall ist und alles weiß: Das ist eine Big Brother-Behörde.
Polit-Krimi um Schlapphüte
Andere Zeitungen stellen sich die Frage nach den wahren Gründen für die Diskussion. Hier geht es jedenfalls nicht um die Frage nach Sinn oder Unsinn des Staatsschutzes, glaubt auch L’Avenir. Man kann doch nicht jede Behörde schließen, nur weil sie nicht immer hundertprozentig effizient funktioniert. Man sollte sich vielmehr die Frage stellen, wo die undichten Stellen sind.
"Was ist hier eigentlich los?", fragt sich Het Belang van Limburg. Will jemand den Staatsschutz diskreditieren? Will jemand Alain Winants abschießen? Oder ist das alles nur Ausdruck einer für die Politik so typischen Sandkasten-Querele? Es dürfte wohl Letzteres sein.
Le Soir vermutet seinerseits eine politische Abrechnung. Es dürfte wohl kein Zufall sein, dass ausgerechnet der Vlaams Belang einen entscheidenden Beitrag zu der Diskussion geleistet hat. Nicht vergessen: 2004 wurde der damalige Vlaams Blok wegen Rassismus verurteilt. Und der Chef-Ankläger hieß seinerzeit Alain Winants. Mit dem hat der Vlaams Belang also noch ein Hühnchen zu rupfen. Erschreckend ist dabei, wie bereitwillig linke Politiker wie Renaat Landuyt oder auch Philippe Moureaux dieses Spiel mitspielen.
"Die belgischen Gehälter sind wieder entgleist", stellt Le Soir auf seiner Titelseite fest. "Entgleist" in dem Sinne, dass Belgien in punkto Gehälter wieder teurer geworden ist im Vergleich zu den Nachbarländern. Im Vergleich zu Deutschland, Frankreich und den Niederlanden sind die Löhne in Belgien um über 5 Prozent mehr gestiegen. Die Regierung hat ja deshalb schon die Gehälter für dieses und das kommende Jahr eingefroren. Le Soir fragt sich dennoch, ob schon wieder eine neue Reform nötig ist.
Unesco kann nicht über “Nazi-Scherz“ lachen
Der Karneval sorgt auch noch stellenweise für Nachwehen. Beim traditionellen Umzug in Aalst gab es einen Wagen, der die N-VA in SS-VA umgetauft hatte; die Mitglieder der Gruppe trugen SS-Uniformen. Allerdings: Der Karneval von Aalst gehört zum Weltkulturerbe; und die Unesco war geschockt angesichts der Bilder von Nazi-Uniformen, wie unter anderem Gazet van Antwerpen auf seiner Titelseite berichtet. Die Weltkulturorganisation fordert jetzt eine Erklärung. Die Unesco kann ganz offensichtlich über den Karnevalsscherz nicht lachen, stellt Het Nieuwsblad fest. Und man muss zugeben: Der Vergleich ist grotesk. Auch bei der Unesco darf aber niemand ernsthaft glauben, dass Karnevalisten über den Holocaust lachen wollten. Es geht hier allenfalls um eine schlechte und geschmacklose Karikatur.
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