Olympia und die Menschenrechte
Le Soir titelt auf Seite 1: "Reynders schließt einen Boykott der Olympischen Spiele nicht aus". Die Brüsseler Tageszeitung notiert , dass die offizielle belgische Position auch weiterhin bleibt, dass ein Boykott nicht die beste Lösung ist. Allerdings warnt Vize-Premier und MR-Parteichef Reynders Peking und weist darauf hin, dass auch diese schwerste Sanktion durchaus verhängt werden könnte. Im Kommentar verweist das Blatt auf die blutigen Ereignisse in Lhasa, die Tibet und die Besorgnis um die Einhaltung der Menschenrechte in China erneut in den Vordergrund gerückt haben. Daher müssten die Athleten, die in China bei den Olympischen Spielen antreten sollen, angespornt werden, vor Ort zu demonstrieren und deutlich zu machen, dass sie sich mit enteigneten oder ausgebeuteten Bauern solidarisch erklären.
Auch La Libre Belgique bringt das Thema heute auf die Titelseite. Hier lautet die Balkenüberschrift: "Die Spiele der Menschenrechte". Im Leitartikel notiert das Blatt, dass in der Diskussion über das Für und Wider eines Boykotts der Olympischen Spiele in Peking eine Teilmotivation hierzu auch im schlechten Gewissen zu finden sei. Denn, so schreibt die Zeitung, die Debatte über ein Pro oder Kontra der Sommerspiele in Peking hätte bereits 2001 stattfinden müssen. Zu dem Zeitpunkt nämlich, als die Olympischen Spiele an China vergeben wurden. Die Verletzung der Menschenrechte, die Situation in Tibet oder die kommerzielle Ausschlachtung der Spiele, all dies sei auch 2001 schon bekannt gewesen. Wenn sich seither etwas geändert habe, dann dass die Zeichen in Richtung Verbesserung der Situation deuteten. Es sei deshalb
unlogisch und absurd, heute einen Boykott der Olympischen Spiele in China anzupeilen. China habe sehr wohl die Möglichkeit, seinen Gegnern die Hand zu reichen. Die Supermacht könne dem Dalai-Lama, dem Präsidenten Taiwans oder den Demokraten im eigenen Land Verhandlungen anbieten, so dass die Olympischen Spiele 2008 nicht nur ein Erfolg, sondern ein historisches Ereignis würden.
Het Laatste Nieuws titelt ebenfalls heut: "Widerstand gegen Spiele wächst". Wegen der anhaltenden Repression in Tibet erwäge Frankreichs Staatspräsident Sarkozy, der Eröffnungsfeier zu den Olympischen Spielen in China fern zu bleiben. Gleichzeitig notiert das Blatt, dass auch Flanderns Sportminister Bert Anciaux der Auffassung sei, dass man beim internationalen Olympischen Komitee dem chinesischen Terror in Tibet gegenüber die Augen nicht länger verschließen dürfe. Anciaux, so schreibt Flanderns auflagenstärkste Tageszeitung, erwarte ein deutliches Signal vom IOC-Vorsitzenden Jacque Rogge. Allerdings spreche sich der flämische Regionalminister in seinem Internetauftritt gegen einen vollständigen Boykott der Sommerspiele in Peking aus. Dies würde die Träume tausender Athleten zerschlagen.
Ausweitung der Sterbehilfe
Ein anderes Thema, das heute in der Tagespresse auftaucht, ist die erneut entfachte Diskussion über die Euthanasie. Mit gleich 5 Gesetzesentwürfen würde die Open VLD jetzt mit voller Kraft eine ethische Offensive einläuten, notiert De Morgen. Der auffallendste Vorschlag hierbei sei die Verpflichtung auch katholischer Krankenhäuser, Sterbehilfe als Alternative anzubieten. Hierbei, so schreibt die Zeitung, handele es sich um eine alte Forderung der flämischen Liberalen, bei deren Diskussion es während der Regierungsbildung vor allem mit der CD&V zu Zusammenstößen gekommen sei. Für die Open VLD sei es völlig absurd, dass Euthanasie in bestimmten Krankenhäusern nicht möglich sei, zitiert das Blatt einen Senator der Open VLD. Kerngedanke der Vorschläge aus den Reihen der Open VLD sei dabei, dass man einen Arzt nicht dazu zwingen könnte, Sterbehilfe zu leisten. Krankenhäuser hingegen könnten sehr wohl aufgefordert werden, die Möglichkeit der Euthanasie anzubieten. Nach den Osterferien würde Open VLD-Senator Jean-Jacques De Gucht die Gesetzesvorschläge vorlegen.
Auch De Standaard titelt auf Seite 1: "Senat kann über Euthanasie diskutieren". Es gebe keinen Widerstand gegen eine vernünftig geführte Debatte zur Ausdehnung der belgischen Euthanasiegesetzgebung. Allerdings sei der politische Weg hierzu noch lang. Bei der Polarisierung zum Thema Sterbehilfe am letzten Wochenende erscheine vielen der Senat als der geeignetste Ort, um eine dem Thema würdige Diskussion zu führen. Dies entweder weil dort die meisten parlamentarischen Spezialisten sitzen, oder weil gerade dort diskutiert werden soll, wenn der Senat noch irgend eine wirklich wichtige Aufgabe haben soll.
Neue Armut
Gazet van Antwerpen schließlich titelt heute: "Noch nie so viele Arme" und berichtet, dass im Augenblick gut 110.000 Bedürftige auf Lebensmittelspenden angewiesen sind. Die Zeitung erkennt in der gesunkenen Kaufkraft und den hohen Energiekosten die wichtigsten Ursachen hierfür. Seit 14 Jahren wachse die Zahl der Armen, die auf Lebensmittelhilfe angewiesen sind, jedes Jahr weiter. Alleine dieses Jahr sei die Zahl der Bedürftigen im Land erneut um gut 3.000 angestiegen.