Diesmal geht es um ethische Fragen, nämlich um den liberalen Vorschlag, das Euthanasiegesetz auf Minderjährige und Demenzkranke auszuweiten.
Ethik im Mittelpunkt
Het Volk und De Morgen berichten über neue Initiativen der Open VLD, um diese Erweiterung des Euthanasiegesetzes notfalls mit einer Wechselmehrheit durchzusetzen. Im Regierungsabkommen steht nichts über ethische Fragen. Premierminister Leterme ließ wissen, dass die CD&V eine solche Initiative der Liberalen nicht verhindern wird.
In diesem Zusammenhang bringt Vers L'Avenir die Schlagzeile: Kardinal Danneels löst eine Polemik aus. In seiner Ansprache zum Osterfest übte der Kardinal Kritik an der Berichterstattung über die Euthanasie des an Alzheimer erkrankten bekannten flämischen Schriftstellers Hugo Claus und löste damit zahlreiche Reaktionen aus.
Het Laatste Nieuws ist überzeugt, dass alle Menschen würdig und schmerzlos sterben möchten. Welchen Sinn hat das Leiden, wenn man die Möglichkeit besitzt, es zu verhindern? Es wäre eine Blasphemie, wenn die Kirche dem Menschen das Recht absprechen würde, eine Gabe Gottes, nämlich den Verstand, zu gebrauchen, um ihr Leben besser zu gestalten. Es gibt kein Argument, das eine lange Agonie rechtfertigt.
De Morgen fragt sich, was der Kardinal über den Fall der Französin Chantal Sébire denkt, die an einer seltenen unheilbaren Krankheit litt, und der der französische Staat die Zustimmung zur Euthanasie verweigerte. Selbstmord erschien als einziger Ausweg. Will der Kardinal das? Dann ist sein Gottesdienst kein Dienst der Liebe, sondern eine Unmenschlichkeit. Man muss Respekt vor dem Recht eines Menschen aufbringen, selbst über sein Lebensende zu entscheiden.
La Libre Belgique befürchtet Auswirkungen auf die neue Regierung. Zu den sozialen, wirtschaftlichen, umweltpolitischen und gemeinschaftspolitischen Herausforderungen kommen jetzt noch ethische Fragen hinzu, die die Spannungen in der Koalition noch verschärfen. Die Debatte hat bereits einen schlechten Start genommen. An solche Fragen muss man leidenschaftslos und ruhig herangehen.
Regierung: viele Verlierer
Zu den anderen Spannungen in der Regierung bemerkt Het Belang van Limburg: Der Wahlkampf hat bereits begonnen, und die frankophonen Parteien überbieten sich. Didier Reynders ist der Verlierer der Regierungsbildung. Er erhielt nicht seine orange-blaue Koalition, wurde nicht Premierminister, und die MR ist in der Wallonie immer noch in der Opposition. Reynders ist frustriert und dadurch ein unzuverlässiger Partner in der Leterme Regierung.
Gazet van Antwerpen notiert: Wenn Reynders einige Stunden nach der Vertrauensabstimmung das Abkommen bereits anfechtet, stellt sich die Frage, ob die Frankophonen tatsächlich eine Einigung am 15. Juli anstreben. Man wird schnell erfahren, ob die Verhandlungen über die Staatsreform in die Richtung gehen, die Flandern wünscht und die zu substantiellen Reformen führt. Wenn man Reynders hört, darf man daran zweifeln.
De Standaard meint: Leterme hofft, dass eine Reform mit einer teilweisen Regionalisierung der Beschäftigungspolitik möglich ist. Doch das ist nach den Erklärungen von Reynders nicht selbstverständlich. Vor 2009 wird kein frankophoner Parteivorsitzender sich soweit vorwagen. Wie es weiter geht, hängt vom Resultat der Regionalwahlen ab. Das Kartell CD&V/N-VA ist in jedem Fall der Verlierer. Entweder es besteht im Juli auf der Staatsreform und stürzt notfalls darüber die Regierung. Oder es gibt nach. In beiden Fällen kommt keine Staatsreform und keine Spaltung des Wahlbezirks Brüssel-Halle-Vilvoorde. Und damit muss die Partei dann vor die Wähler treten.
Het Volk fügt hinzu: Wer im Sommer die Regierung zu Fall bringt, weil ein Abkommen nicht weit genug geht, erhält Applaus von einem harten Kern. Doch er darf nicht mit der Unterstützung des gesamten Volkes rechnen. Wenn der schlechte Verlierer Reynders die Flamen weiter herausfordert, müssen die Frankophonen sich nach dem Sturz der Regierung Leterme auf ein radikalisiertes Flandern einstellen.