And the Ministerposten goes to ...
Im Gerangel um die Besetzung der Ressorts in der neuen belgischen Regierung unter Premier Yves Leterme lautet der Titel der Libre Belgique heute „Das große Feilschen“. Während auf Sonderparteitagen der fünf Regierungsparteien das Koalitionsabkommen abgesegnet wurde, sei das Aushandeln und die Verteilung der Ministerposten eine schwere Angelegenheit.
Im Leitartikel meint La Libre Belgique hierzu, die erste Ehekrise der neuen Regierungsmannschaft ausmachen zu können. Sie hätten noch nicht richtig angefangen, da würden sie sich schon streiten, notiert das Blatt. Wie bei alten Paaren, wo der Zahn der Zeit wie ätzende Säure am besten Stahl nage, komme einem das Gerangel um die Ministerposten vor. Es sei völlig natürlich, dass es bei der Verteilung der Ressorts zu ernsten Diskussionen komme, doch es seien die Form und die Art, in der dies jetzt geschehe, die Böses ahnen lassen. Man müsse befürchten, dass das augenblickliche Spektakel nur das Vorspiel zu ganz anderen Konfrontationen sei.
Gleichzeitig bemerkt La Libre Belgique, dass im vagen Stil des Koalitionsabkommen der wahre Fehler liege. Hierdurch könne zwar jetzt jeder einen Sieg davontragen, doch wenn es an die tatsächliche Umsetzung des Programms gehe, würde man sich mit gezückten Messern gegenüber stehen.
Auch Le Soir fragt sich auf der Titelseite, ob cdH-Parteichefin Joëlle Milquet ein Ministeramt übernehmen wird und hält dies für wahrscheinlich. Die Vereidigung des Kabinetts Leterme finde derweil bereits in einer Gewitterstimmung statt, kommentiert die Brüsseler Tageszeitung. Der große Tag sei angebrochen. Sechs Monate sei man ohne Regierung durch die Hölle gegangen, mit einer dreimonatigen Übergangsregierung habe man zu retten versucht, was zu retten war. Neun Monate seien nötig gewesen, um eine endgültige Regierungsmannschaft zusammenzustellen.
Es habe der schauerlichsten Gruselgeschichten vom Ende Belgiens bedurft, um endlich zum Wesentlichen, nämlich zum Regieren und Verwalten des Landes zurückzufinden. Und jetzt gehe es nicht einmal um äußerst sensible Themen, doch streite man über die Anzahl der zu berufenden Staatssekretäre. Dabei wisse jeder, wie wenig sichtbar deren Rolle im Grunde ist. Hinzu komme, so kommentiert Le Soir, ein großes Misstrauen unter den französischsprachigen Koalitionspartnern.
Hugo Claus gestorben
Das in den flämischen Tageszeitungen beherrschende Thema ist heute der Tod des Schriftstellers Hugo Claus. Flanderns berühmtester Autor sei nicht mehr, schreibt Het Laatste Nieuws. Im Alter von 78 Jahren habe Claus über den Weg der Euthanasie selber einen Punkt hinter sein Leben gesetzt. Seit zehn Jahren litt der Schriftsteller an der Alzheimer-Krankheit. Erst vor zwei Jahren sei die deutliche Diagnose hierzu gestellt worden. Daraufhin habe sich Hugo Claus entschlossen, den Augenblick seines Todes selbst zu bestimmen. Der 78-Jährige hatte unlängst seinen Wunsch zur Euthanasie Freunden per E-Mail mitgeteilt. Der Tag, an dem die Sterbehilfe geleistet werden sollte, wurde dann kurzfristig festgelegt. Der Autor starb gestern im Beisein seiner Frau und einer guten Freundin. In den letzten Wochen hatte der Schriftsteller und Kunstmaler bereits von vielen Freunden Abschied genommen.
Hugo Claus sei ein kreativer Wirbelwind gewesen, der dieses Land, wenn nötig murrend und sich sträubend, mit in die Modernität nahm, kommentiert De Morgen. Der Meister des Lebens habe selber die Stunde seines Todes gewählt. Schriftsteller, Dichter, Theatermacher, Maler, Rebell, Dandy, Frauenheld: Hugo Claus habe mehr Leben gelebt als in 78 Lebensjahre passten. Er habe an Alzheimer gelitten, eine Krankheit, die weniger an seinem phänomenalen Bildungsschatz als an seinen Worten und seinem Ausdrucksvermögen nagte. Man könne einem Schriftsteller vieles nehmen, aber nicht das, nicht das Wichtigste, weil dann für ihn der Zustand des unerträglichen Leidens beginne.
„Der Kaiser ist tot, es leben seine Bücher“, mit dieser Überschrift kommentiert De Standaard den Tod von Hugo Claus. Nachdem er bereits bei seinem Debüt als Wunderkind erkannt wurde, sei er sechzig Jahre lang prominent in der Literatur vertreten gewesen - und darüber hinaus im Theater, beim Film und in der bildenden Kunst. Die Vielseitigkeit, verbunden mit seiner imposanten Persönlichkeit, habe einen kumulierenden Effekt. Hugo Claus erreicht damit den Status einer kulturellen Referenz.
„Der Meister ist nicht mehr“, so schließlich der Titel zu einem ganzseitigen Foto von Hugo Claus als Aufmacher von Het Volk. Die Nachricht vom Tod des Schriftstellers sei gestern Nachmittag um die Welt gegangen. Heute findet sich die Information in der internationalen Presse in Europa, den USA oder Südamerika wieder. Er habe alles gewollt, am liebsten noch mehr. Und auch den Nobelpreis, schreibt Het Volk.