„Leterme 1 = Verhofstadt 3“, so der Titel von Het Laatste Nieuws auf Seite 1. Die Regierung Leterme, die am 20. März den Eid ablegt, werde eine Kopie der Übergangsregierung Verhofstadt 3. Die gleichen Parteien CD&V, cdH, Open VLD, MR und PS wären Teil hiervon. Die flämischen Sozialisten sowie die Grünen von Ecolo und Groen blieben in der Opposition. Ab kommenden Montag würden derweil die Verhandlungen der 5 Parteien über ein Koalitionsabkommen sowie eine Umverteilung der Ministerposten beginnen, schreibt Het Laatste Nieuws.
SP.A-Parteichefin Caroline Gennez habe Yves Leterme gestern aufgefordert, mit den Spielereien zum Aussehen seiner Regierung aufzuhören und mit Verhandlungen über das Programm zu beginnen, dies aber ohne die SP.A, schreibt das Blatt. Auch die Grünen würden der nächsten belgischen Regierung nicht angehören, obschon MR-Parteichef Didier Reynders durchblicken ließ, dass für Ecolo eine mögliche Regierungsbeteiligung nach dem 20.März nicht ausgeschlossen sei.
Derweil sei vor allem bei den flämischen Liberalen von der VLD die Erleichterung große gewesen als jetzt feststand, dass die Regierung Leterme 1 nicht um zusätzliche Parteien erweitert wird. Des Übergewicht der Liberalen im Parlament soll sich nämlich auch bei der Zahl der Ministerposten für diese Partei niederschlagen.
De Standaard widmet seinen Kommentar heute der nächsten belgischen Regierung. Der wichtigste Grund für Notwendigkeit einer echten funktionierenden Regierung würde möglicherweise darin liegen, dass irgendjemand schließlich der Bevölkerung erklären müsse, dass ein Mittagessen etwa nicht zum Nulltarif zu haben sei. Das größte Risiko sei, dass man eine Regierungsmannschaft bekomme, die sich vorab schon dermaßen unbeliebt gemacht habe, dass sie sich gezwungen sieht den Wähler mit Maßnahmen zu locken, die die Kaufkraft stärken sollen. Dies sei ein Fehler den man vor 30 Jahren bereits begangen habe und für den man noch heute bezahle.
Im Kommentar bricht De Standaard heute gleichzeitig eine Lanze für die umstrittenen fiktiven Zinsen, die dafür sorgten, dass Belgien Anziehungskraft für ausländische Unternehmen beibehalte und seine Wettbewerbsfähigkeit verstärken könne. Natürlich müsse Steuerbetrug bekämpft werden, doch sollten Maßnahmen, die auch positive Effekte haben könnten, nicht von vornherein abgelehnt werden.
Im Kommentar von De Morgen geht es heute ebenfalls um diese fiktiven Zinsen, die als Steueranreiz benutzt werden. Hier allerdings wird ein ganz anderer Ton anschlagen. Ein Minister, der einem Parlament Informationen vorenthalte, gehöre nicht in eine Demokratie. Didier Reynders habe aber genau das getan. Über den Inhalt eines Memos aus dem Finanzministerium, in dem die Kosten der fiktiven Zinsen ersichtlich werden und dessen Inhalt bei den Haushaltsdiskussionen genutzt wurde, musste das Parlament über die Presse erfahren. Dies, obschon mehrfach im Parlament hiernach gefragt worden war. Der Grund: Die Maßnahme von Finanzminister Reynders war alles andere als kostenneutral und sorgte auch nicht für eine Zunahme der Investitionen, bereichtet De Morgen. Didier Reynders sei auch verantwortlich für das Eintreiben der Steuern. Ein Kernaufgabe, der die Regierung seit Jahren nicht ordentlich nachkomme.
„Regierung ohne Ecolo“, lautet der Titel des Grenz-Echo auf Seite 1. Es sei zu erwarten gewesen, die Partner der Übergangsregierung Verhofstadt 3 würden auch die endgültige Föderalregierung unter dem designierten Premierminister Yves Leterme bilden. Belgien erhalte also gut 9 Monate nach den Wahlen eine Legislaturregierung, die sich schließlich aus 5 Parteien zusammensetze. Möglich sei, so schreibt das Grenz-Echo, dass der CD&V Kartellpartner N.VA später dieser Koalition noch beitreten könnte.
Auch La Libre Belgique widmet ihren Leitartikel heute der innenpolitischen Situation des Landes. Es gebe Tage, an denen man den Eindruck habe, dass alles verfälscht sei. Hinter einem Ja verberge sich in Wirklichkeit ein Nein. Ein Lächeln wäre im Grunde nur eine Grimasse. So sei es auch in der Politik der letzten Tage wieder gewesen. Man habe glauben machen wollen, Ecolo an der Macht zu beteiligen, doch diejenigen die hierfür eintraten, die PS und die cdH nämlich, hätten ihre wirklichen Absichten nur schwer verstecken können. Ihren Wunsch nach einem erneuten Scheitern von Ecolo bei Regierungsverantwortung nämlich.
Bei den französischsprachigen Liberalen der MR hätte sich eine Regierungsbeteiligung von Ecolo direkt in Form eines Verlustes von wenigstens einem Ministerposten niedergeschlagen. Und auch Yves Leterme habe den Wunsch der Französischsprachigen nach einer Ausdehnung der Koalition auf Ecolo nicht mitgetragen, weil er am Datum seiner Machübernahme festhalte, das durch Koalitionsverhandlungen mit Ecolo nicht hätte eingehalten werden können.
Le Soir schreibt im Leitartikel heute zu den provisorischen Basteleien der ersten Regierung Leterme, dass die 70er und 80er Jahre ein Comeback feiern würden. Jene Zeit, die durch eine chronische Instabilität der Regierungen geprägt gewesen sei. Finanzieller und institutioneller Druck habe damals eine ambitionierte Vision verhindert. Das Land habe damals den schmerzhaften Prozess des Umbaus in einen Bundesstaat erlebt. Gleiches erlebe man im Augenblick, schreibt Le Soir.