CD&V in der Zwickmühle
Le Soir behauptet: Die CD&V ist zwischen ihren Versprechen und der Realpolitik hin- und hergerissen. Yves Leterme ist kaum aus dem Krankenhaus entlassen, und schon droht seine eigene Partei damit, ihn im Frühjahr zu stürzen. Die nationalistische N-VA beteiligt sich nicht an der Leterme-Regierung, doch sie bleibt im Kartell mit der CD&V und in der flämischen Regierung. Mit einem Fuß drin, mit dem anderen draußen. Wie die CD&V: radikal in Flandern, aber auf föderaler Ebene zum Kompromiss gezwungen.
Het Laatste Nieuws zählt auf: Die CD&V wollte niemals einer Regierung beitreten, die nicht eine große Staatsreform durchführen würde. Sie wollte nicht Teil einer Regierung sein ohne die vorherige Spaltung von BHV. Sie wollte in keiner Regierung sitzen, die nicht von Yves Leterme angeführt wird. Sie wollte nicht in eine Koalition, die einen Staatshaushalt mit einmaligen Einnahmen aufstellt. Diese und noch viele andere Bedingungen hat sie gestellt und nicht eingehalten. Glaubwürdigkeit ist in der Politik das höchste Gut, sagte Leterme. Seine Partei hat dieses Gut inzwischen verloren.
Gazet van Antwerpen fügt hinzu: Das Misstrauen und die Kritik an der CD&V sind weit verbreitet. Der Schaden, den die acht Monate dauernde politische Krise verursacht hat, trifft vor allem die größte Partei des Kartells. Die N-VA hat bisher keine Zugeständnisse gemacht. Von der CD&V kann man das nicht behaupten.
Het Belang van Limburg stellt fest: Die frankophonen Parteien wären die N-VA gerne los. Aber es ist schwierig, die N-VA durch eine andere flämische Partei zu ersetzen. Die flämischen Liberalen wollen unter keiner Bedingung die flämischen Sozialisten in die Koalition aufnehmen. Damit sind sie die Retter der N-VA, die eine Schlüsselposition einnimmt. Sie will sich bei der Vertrauensabstimmung enthalten. So ist es möglich, innerhalb der flämischen Sprachengruppe eine einfache Mehrheit zu erzielen und in der Kammer eine Zweidrittel- Mehrheit. Solange die N-VA nicht dagegen stimmt.
Das Magazin Le Vif schreibt: Die verschiedenen Staatsreformen haben die flämische Bewegung nicht bremsen können. Mit der N-VA sitzt zum ersten mal eine separatistische Partei am Verhandlungstisch. Die flämische Bewegung ist eine anti-belgische Bewegung. Die Nationalisten sind inzwischen in und außerhalb der Regierung. Vier ehemalige Mitglieder der Volksunie sitzen in der Octopus-Gruppe über die Staatsreform. Die Frankophonen dürfen das nicht vergessen. Ihre Zufriedenheit mit den Abkommen der vergangenen Woche ist etwas naiv.
La Libre Belgique behauptet: Der MR-Vorsitzende Reynders weiß, was er will. Sein Ziel ist es, nach 34 Jahren der erste frankophone Premierminister zu werden. Seit sechs Monaten arbeitet er daran. Er weiß, dass er erst eine Schlacht gewonnen hat und noch nicht den Krieg. Jetzt greift er Leterme an und sagt ihm, am 20. März sei er erst Regierungsbildner und nicht mehr. Das Amt des Premierministers müsse er sich verdienen. Und Leterme habe nicht die größten Verdienste, denn bisher sei er mehrmals gescheitert.
Große Parteien brechen ein, kleine legen zu
Vers L'Avenir veröffentlicht eine Umfrage über die Wahlabsichten der Wallonen. Sowohl die liberale MR als auch die sozialistische PS verlieren mehr als 3%, während cdH und Ecolo 3% gewinnen. Mit dem scheidenden Premier Verhofstadt sind 81% der Wallonen zufrieden, mit dem Kandidaten Leterme nur 33%.
Armes Belgien
Die Inflationsrate steigt in diesem Monat auf 3,6%. Das ist der höchste Stand seit 1991, stellt De Morgen fest. Folge ist, dass das Geld auf den Sparbüchern schmilzt. Die Zinsen, die die Banken bieten, kompensieren nicht die Inflation. Wer sein Geld auf der Bank lässt, verliert an Kaufkraft. Verbunden mit der politischen Lage muss man sich nicht wundern, dass das Konsumenten- und Unternehmervertrauen zurückgeht. Das ist eine gefährliche Mischung.
De Tijd notiert: Innerhalb von 6 Monaten hat sich die Inflation in Belgien verdreifacht. Man darf nicht erwarten, dass der Staat die ganze Bevölkerung vor einem Rückgang ihrer Kaufkraft schützt. Die Konsumenten müssen ihr Verhalten anpassen und ihre Gewohnheiten ändern.