Im Einzelnen: "Die Seifenoper von Laeken eskaliert", schreibt De Morgen auf Seite eins. "Aufruf zur Bescheidenheit und die Tränen von Prinzessin Astrid ", so Le Soir. "Albert tadelt seine Familie und ruft die Belgier zum Nationalstolz auf", titelt L'Echo. Fast alle Zeitungen kommentieren heute die gestrige Rede vom König. Der Monarch hatte darin seine Familie aufgerufen, Vorbild für die Menschen zu sein, die Politiker aufgefordert, weiter an der Einheit des Landes festzuhalten, und die Belgier dazu ermutigt, etwas stolzer auf die eigene Nation zu sein.
Einhellig bejubeln die Kommentatoren den Auftritt des Königs. "Albert II. wird schwer zu ersetzen sein", schreibt zum Beispiel L'Echo, und die Wirtschaftszeitung begründet in drei Punkten, warum. Erstens: Er stellt sich wie ein Schild vor seine Familie, schützt sie, aber kritisiert sie auch, und macht das mit einer Autorität, die keine Angriffsfläche bietet. Zweitens: Albert kennt seine Untertanen. Er weiß, wie sie ticken. Und drittens: Der König ist ein Kommunikationsprofi.
Belgien ist nicht die Niederlande
Drei Punkte führt auch La Libre Belgique auf, warum der König nicht dem Beispiel der niederländischen Königin Beatrix folgen wird. Diese hatte vor zwei Tagen angekündigt, im April ihr Amt an ihrem Sohn zu übertragen. Erstens, so La Libre Belgique, ist die politische Situation in Belgien eine andere als in den Niederlanden. Zweitens wird der König selbst und unabhängig entscheiden, wann er eventuell die Krone niederlegt. Drittens: Er weiß, dass die Belgier heute anderen Fragen beschäftigen, nämlich Arbeit und die wirtschaftliche Zukunft.
Den Hinweis auf den Unterschied zwischen den Niederlanden und Belgien machen auch andere Zeitungen deutlich. De Morgen hebt dabei vor allem auf die politische Situation ab: Die Niederlande sind mehr oder weniger in ruhigem Fahrwasser. Die turbulenten Zeiten eines Pim Fortuyns und Geert Wilders sind vorbei. In Belgien stehen 2014 Wahlen an, mit all der Unsicherheit, die ein möglicher Sieg der nationalistischen N-VA mit sich bringen könnte. In so einer Situation einen neuen König auf den Thron zu setzen, dem man weiter die Fähigkeit abspricht, das Land souverän zu führen: Das kann niemand wollen, schreibt De Morgen.
Der Schatten des Wahljahres
Ähnlich sieht das De Standaard: Der Schatten von 2014 lähmt die Debatte um die Thronfolge, um eine Reform der Monarchie in Belgien allgemein. Und das Grenz-Echo bringt noch einen anderen Aspekt ins Spiel und schreibt: Im Gegensatz zu den Niederlanden, wo ein Thronwechsel zu Lebzeiten üblich ist, haben freiwillige Abdankungen von Monarchen in Belgien keine Tradition.
Alles richtig, so der Tenor bei Het Laatste Nieuws. Aber gestern ist auch deutlich geworden: Der König ist müde. Er hält sich nur noch im Amt, um das Land zusammenzuhalten. Müssen wir ihm das zumuten? Es wäre Zeit, die Monarchie grundlegend zu reformieren und sie von dem politischen Charakter, den sie hat, zu befreien, meint Het Laatste Nieuws.
Wallonische Region kündigt Hilfe für Stahlarbeiter an
L'Avenir verweist auf den Gegensatz zwischen den schönen Reden gestern im Königspalast und der harten Realität, in der sich zurzeit die Mitarbeiter von ArcelorMittal in Lüttich befinden. Die Zeitung schreibt: Elio Di Rupo sagt: Über die Realwirtschaft werden wir wieder mehr Arbeitsplätze und Wachstum schaffen. Der König appelliert dafür an den Nationalstolz. Alle applaudieren, aber das hilft den Stahlarbeitern in Lüttich herzlich wenig. Selbst wenn die schönen Worte eines Tages Wirklichkeit würden: Für die Mitarbeiter von ArcelorMittal wird es zu spät sein, glaubt L'Avenir.
Gestern war es in Namur zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und Stahlarbeitern gekommen. Vergangene Woche hatte ArcelorMittal bekannt gegeben, große Teile seines Werks in Lüttich zu schließen. 1.300 Arbeitsplätze sind bedroht. Die wallonische Regierung mit Sitz in Namur ist dabei, Rettungsmaßnahmen in die Wege zu leiten.
Hoffnung für Ford-Mitarbeiter
Mit einer Hoffnung für die Mitarbeiter von Ford Genk macht heute Het Belang van Limburg auf. Das Werk soll Ende 2014 komplett schließen. Rund 10.000 Menschen würden dadurch ihren Job verlieren. Knapp die Hälfte von ihnen könnte relativ schnell wieder eine neue Arbeit in der Region bekommen. So lautet das Ergebnis einer Expertenstudie. Die Region arbeitet darüber hinaus an einem Aktionsplan, um allen 10.000 Betroffenen eine berufliche Zukunftsperspektive zu ermöglichen.
Heftige Vorwürfe vom Belgacom-Chef
Aufmacher bei La Libre Belgique ist der Angriff von Belgacom-Chef Didier Bellens auf die belgische Politik. "Belgien tötet seine Unternehmen", titelt die Zeitung und fasst damit die Kritik Bellens zusammen. Der Belgacom-Chef hatte gestern in einer Neujahrsansprache das neue Telekommunikationsgesetz kritisiert und die Umweltnormen der Region Brüssel, die es Belgacom nicht erlauben, die neuen 4G-Frequenzen für schnelleres Internet anzubieten. Die Reaktionen der Politiker ließen nicht auf sich warten. Darunter auch der flämische Ministerpräsident Kris Peeters. La Libre Belgique zitiert ihn mit den Worten: "Didier Bellens erklärt der Welt, warum Belgien seine Industrie tötet. Das ist eine absurde Generalisierung. Aber warum sollte man nicht über eine Regionalisierung von Belgacom sprechen?", fragt Peters provokativ.
Bild: Benoit Doppagne (belga)