"Beatrix tritt ab", titelt Het Belang Van Limburg". "Beatrix gibt den Thron ab", schreiben fast gleichlautend De Morgen und das Grenz-Echo. L'Echo verwendet seinerseits einen Wortschatz, der einem Börsenblatt angemessen ist: "Beatrix dankt ab, die 'Managerin der Niederlande'".
"Abschied mit einer Rede von drei Minuten", stellt Het Nieuwsblad auf Seite eins fest. Und Le Soir und Het Laatste Nieuws zitieren aus besagter Rede: "Zeit für eine neue Generation". "Willem folgt Beatrix auf den Thron", titelt denn auch la Dernière Heure"; "Willem wird im Jahr 2013 gekrönt", schreibt La Libre Belgique.
"Prinz Pils" folgt "starker Königin"
Nach 33 Jahren auf dem niederländischen Thron will Königin Beatrix in diesem Jahr abdanken. Am 30. April, dem sogenannten Koninginnedag soll Prinz Willem-Alexander die Königswürde von seiner Mutter übernehmen. Viele Zeitungen würdigen die Verdienste von Königin Beatrix. Sie blickt auf eine perfekte Laufbahn, bemerkt etwa Het Belang Van Limburg. Die Königin ist eine "starke Marke". Dabei ist sie von Natur aus keine Sympathieträgerin, notiert De Morgen. Und trotzdem war sie ungemein populär.
Viele Zeitungen bringen außerdem Porträts des Thronfolgerpaares. Prinz Willem-Alexander war zumindest in jungen Jahren nicht unbedingt unumstritten. Als Student war er zwar intelligent, aber nicht intellektuell, bemerkt De Morgen. Er machte vielmehr als Party-Prinz von sich reden. Das brachte ihm einen unrühmlichen Spitznamen ein, an den heute viele Zeitungen erinnern: Prinz Pils nämlich, wegen seiner Vorliebe für Gerstensaft. Von diesem Image hat er sich aber anscheinend gelöst: "Vom Prinz Pils zum unumstrittenen König", skizziert Het Nieuwsblad den Werdegang des niederländischen Thronfolgers. Spätestens seit seiner Hochzeit mit der Argentinierin Maxima hat er die Herzen seiner Mitbürger erobert.
Und König Albert?
In Belgien führt ein Ereignis wie die Abdankung der niederländischen Königin fast schon zwangsläufig dazu, dass Parallelen zum belgischen Königshaus gezogen werden. König Albert der Zweite ist noch vier Jahre älter als Beatrix. Und er ist offenbar mindestens genauso amtsmüde wie seine Kollegin im Nachbarland. In diesem Jahr feiert er sein 20. Thronjubiläum. Im kommenden Jahr wird er 80 Jahre alt.
Und doch kann er sich nicht den Luxus erlauben, abzudanken, stellt Het Nieuwsblad in seinem Leitartikel fest. Ein Thronverzicht wäre für Belgien ein Alptraum. Im Gegensatz zu Holland ist Belgien nämlich ein Minenfeld. Ein Springinsfeld, ein Grünschnabel selbst mittleren Alters auf dem Thron ist für Belgien keine Option.
Genau hier zeigt sich aber, wie sehr die belgische Monarchie in der Krise steckt, notiert Le Soir. Der König hat 20 Jahre lang seine Rolle perfekt ausgeführt. Er ist müde. Und doch ist es für ihn unmöglich, den Thron zu räumen. Das spricht Bände.
Nicht nur der König dürfte neidisch auf das Nachbarland blicken, bemerkt De Morgen. Die Rolle des Königs, das Image des Königshauses und dessen Beziehungen zur Politik: Das alles erscheint in den Niederlanden viel gesünder als in Belgien. Da gibt es eine Königin, die auch mal Kritik üben konnte, ohne dafür buchstäblich zum Abschuss freigegeben zu werden. Die keine peinlichen Familienmitglieder hat. Und wo die Kapazitäten des Nachfolgers von niemandem infrage gestellt werden.
Weiter Fragen an Philippes Fähigkeiten
Apropos Philippe: Der Thronfolger ist inzwischen 52 Jahre alt und sitzt seit 20 Jahren auf der Reservebank, bemerkt De Morgen. Im Regierungsviertel glaubt niemand, dass der Thronprinz über ausreichend Fähigkeiten verfügt, um das Land durch eine ausgewachsene politische Krise zu lenken, stellt auch Gazet Van Antwerpen in seinem Leitartikel fest. Jetzt jedenfalls wäre ein schlechter Zeitpunkt, um einen Neuling zum König zu machen, der zudem in großen Teilen der Bevölkerung wenig Vertrauen genießt. Deswegen wird alles getan, um König Albert II. weiter auf dem Thron zu halten.
Für Philippe ist der Zeitpunkt noch nicht gekommen, glaubt auch La Dernière Heure. Das Timing wäre im Moment einfach ungünstig. Hinzu kommt: In Belgien gibt es keine Tradition des Abdankens, einmal abgesehen vom unfreiwilligen Rückzug von Leopold III. Doch gleich wie es kommt: Philippe verdient seine Chance. Hatte man nicht seinerzeit auch von seinem Vater behauptet, er habe nicht die Kragenweite, König Baudouin nachzufolgen? Philippe muss sich nur in Geduld üben.
Eine repräsentative Monarchie?
Der Mann macht die Funktion, nicht umgekehrt, analysiert Het Belang Van Limburg. Zudem würde auch Philippe nicht alleine dastehen, sondern von fähigen Beratern flankiert. Man könnte aber die Diskussion über die Fähigkeiten des Thronfolgers im Keim ersticken, wenn man schlichtweg die Rolle des Königs überdenkt, glaubt das Blatt. Würden die Zuständigkeiten des Königs auf repräsentative Aufgaben beschränkt, gäb's wohl keine Polemik.
Dem widerspricht Le Soir: Eine protokollarische Monarchie, das mag überall funktionieren, aber eben nicht in Belgien. Dafür ist die politische Situation zu komplex und vertrackt.
Düstere Aussichten für Lütticher Stahlbecken
Viele Zeitungen berichten auch heute in großer Aufmachung über den verzweifelten Kampf der Lütticher Stahlkocher um ihre Arbeitsplätze. Heute wollen sie vor dem Sitz der wallonischen Regierung in Namür protestieren. Die Gewerkschaften wollen um jeden Preis den Druck aufrechterhalten, analysiert L'Avenir. Sie wollen die wallonische Regierung dazu zwingen, zu handeln. Im Raum steht ja, dass man die von der Schließung betroffenen Werke von ArcelorMittal übernimmt, beziehungsweise durch einen privaten Investor übernehmen lässt. Die Chancen dafür stehen nicht gut. Entsprechend hoch halten die Gewerkschaften den Druck.
La Libre Belgique indes glaubt nicht wirklich an eine Rettung der betroffenen Lütticher Standorte. Man muss der Realität ins Auge sehen: Für eine Verstaatlichung und eine spätere Übernahme der Werke gibt es zu viele Hindernisse. Vom Föderalstaat oder von Flandern muss man keine Hilfe erwarten. Mit dem heißen Atem der N-VA im Nacken dürfte wohl kaum jemand bereit sein, die sterbende Stahlindustrie künstlich am Leben zu halten. Hilfe kann man allenfalls auf europäischer Ebene suchen. Die Wallonie alleine kann diesen Kampf nur verlieren.
Archivbild: Lex Van Lieshout (afp)