La Libre Belgique sieht in den beiden Reden einen doppelten Appell an die Staatsräson und an den gesunden belgischen Verstand. Sowohl der Premierminister als auch der König forderten die politischen Führer auf, ihre Verantwortung zu übernehmen und gemeinsam eine neue Staatsreform auszuarbeiten, die die föderale, aber auch die regionale Ebene stärke.
Viel deutlicher konnte der König nicht für eine weitere Staatsreform eintreten, glaubt De Tijd. Wer die Signale der letzten Tage beobachtet, hat wieder Hoffnung, dass eine gemeinschaftspolitische Einigung vor dem 23. März noch möglich ist. Es wird vor allem vom politischen Klima abhängen, ob dieses Abkommen als edler Kompromiss oder als Nicht-Einhaltung der Wahlversprechen empfunden wird.
Het Laatste Nieuws unterstreicht: Sieben mal nahm Premierminister Verhofstadt das Wort "Verantwortung" in den Mund. Eine Mahnung an seine Minister und die Vorsitzenden der Mehrheitsparteien, die schon an Neuwahlen in diesem Juni denken. Wer jetzt Wahlen herbeiführt, handelt in der Tat absolut verantwortungslos. Vier aufeinander folgende Wahlkämpfe mit einer Krise bis 2009 sind drei verlorene Jahre, die das Land in eine aussichtslose haushaltspolitische Krise stürzen.
Het Volk sieht in Verhofstadts Ablehnung von Neuwahlen eine Botschaft an seine eigene Partei. Das Land braucht keine Wahlen, sondern Lösungen. Leider fehlt dafür das Geld. In der Vergangenheit war es üblich, einen Kompromiss zu erkaufen. Verhofstadt sprach von einer Übertragung neuer Befugnisse an Gemeinschaften und Regionen mit entsprechenden finanziellen Mitteln. So wird die Staatsreform die Staatskasse wieder viel Geld kosten.
In Interviews mit Le Soir und De Standaard sagt die cdH-Vorsitzende Joëlle Milquet, der Föderalstaat müsse den Gliedstaaten die finanziellen Mittel der Befugnisse zukommen lassen, die regionalisiert werden.
De Morgen behauptet: Verhofstadt glaubt selbst nicht, was er sagt. Er redet wie ein Staatsmann, doch das steht im Gegensatz zu dem, was man tagtäglich in der Politik sehen kann. Diese Regierung zählt 14 Minister, die keine langfristige Perspektive haben und auch kein gemeinsames Programm. Niemand glaubt, dass zu Ostern ein Abkommen vorliegt, und alle glauben an die Möglichkeit vorgezogener Neuwahlen in einer gemeinschaftspolitisch-populistischen Atmosphäre.
Diese Meinung vertreten auch die Grünen in Vers L'Avenir. Die Übergangsregierung zählt 14 Minister, doch sie ist keine Regierung. Sie versprach, die Kaufkraft anzuheben, doch inzwischen weiß man, dass die Staatskasse leer ist. Wenn die Haushaltsberatungen am 8. Februar nicht beendet sind, ist es gesetzlich nicht mehr möglich, zu Ostern eine neue Regierung einzusetzen, behauptet Ecolo.
Het Belang van Limburg erklärt: Verfrühte Neuwahlen werden nicht helfen, sondern im Gegenteil, danach droht eine weitere Radikalisierung, bei der es noch schwieriger sein wird, zu einem Abkommen zu finden. Es ist besser, keine Entscheidungen zu treffen als schlechte Entscheidungen. Die Parteien müssen erkennen, dass sie jetzt nicht in der Lage sind, ein gemeinschaftspolitisches Abkommen auszuhandeln, und dass die beste Lösung eine Übergangsregierung wäre, die sich bis zu den Wahlen im Sommer 2009 auf die sozial-wirtschaftlichen Probleme konzentriert.
De Standaard schreibt: die unvermeidliche Staatsreform muss klar machen, dass jeder, der Kosten verursacht, dafür Rechenschaft ablegen muss. Nur so kann die Solidarität zwischen den Bürgern und zwischen den Generationen beibehalten werden. Yves Leterme steht vor einer doppelten Herausforderung. Er muss die Frankophonen überzeugen und anschließend seine eigenen Anhänger überreden, auf gewisse Symbole zu verzichten.