La Libre Belgique hofft auf konstruktive und leidenschaftslose Debatten. Die Frankophonen dürfen nicht an den Verhandlungen mit dem Gefühl teilnehmen, sie hätten alles zu verlieren. Die Staatsreform kann für sie eine echte Opportunität sein, um die belgischen Institutionen kohärenter zu gestalten und den zerbrechlichen belgischen Staat für die kommenden zehn Jahre zu stabilisieren. Es besteht jedoch das Risiko, dass die flämischen Parteien sich unter dem Druck des Vlaams Belang und der N-VA gegenseitig überbieten. Diese Vampire des Landes leben von den Problemen zwischen den Gemeinschaften.
Le Soir stellt fest, dass es innerhalb der achtzehn Unterhändler der Octopus-Gruppe einen Kern von Gesandten des Königs gibt, der die wahre Speerspitze im Auftrag Alberts II. darstellt. Es handelt sich um die ehemaligen Informatoren, Vermittler, Gesandten und Regierungsbildner Reynders, Dehaene, Leterme, Van Rompuy, De Decker und Verhofstadt. Leterme wird nicht sogleich eine globale Note über die Staatsreform vorlegen, weil er den Vergleich mit der Verhofstadt-Note scheut. Seine Methode besteht darin, über alle Themen getrennt zu verhandeln, über die einzelnen Kompetenzen, über die Befugnisse, die man regionalisieren oder föderalisieren soll und über die finanziellen Mittel. Dazu will er auch bilaterale Gespräche führen. Das ist keine deutliche Verhandlungsmethode.
Noch 68 Tage bis Ostern, zählt La Derniere Heure. Jetzt schon steht fest, dass es am 23. März keine fertigen Texte über die Staatsreform geben wird. Höchstens ein Rahmenabkommen, das noch in Gesetzesvorschläge umgewandelt werden muss, die dann im Parlament hinterlegt werden. Sollte selbst das nicht zustande kommen, beginnt zu Ostern eine neue Krise mit äußerst ungewissem Ausgang.
Gazet Van Antwerpen behauptet: Die Frankophonen haben immer noch nicht begriffen, dass sich in diesem Land etwas geändert hat. Diese Verhandlungsrunde ist die letzte Chance für den frankophonen Landesteil, um die Institutionen und die Befugnisse auf eine erwachsene und redliche Art und Weise zu verbessern. Verweigern sie jede Debatte, müssen sie damit rechnen, dass Flandern sich schnell radikalisieren wird. Dann wird es um viel mehr gehen.
De Morgen ist pessimistisch. Wenn PS-Präsident Di Rupo vorschlägt, eine Sprachenzählung durchzuführen, ist das der Vorbote eines Verwesungsprozesses, der in vorgezogene Neuwahlen münden soll, bei denen die PS ihre historische Niederlage gegen die MR ausbügeln könnte. Ehe man mit einer Debatte über die Verhofstadt-Vorschläge beginnen kann, muss ein Mindestmaß an Bereitschaft zum Verhandeln und Zuhören bestehen. Doch diese findet man nirgendwo, selbst nicht bei Yves Leterme, der eher tot umfallen würde als die Verhofstadt-Note zum Ausgangspunkt der Verhandlungen zu machen. Das kann nicht gut ausgehen.
Het Laatste Nieuws erklärt, seit Verhofstadt seine Note vorgestellt hat, herrscht im frankophonen Landesteil Panik. Man hat verstanden, dass man den Flamen Zugeständnisse machen muss. Die französischsprachigen Politiker wetteifern jetzt um den Titel des besten frankophonen Politikers. Di Rupo drehte die Uhr um 50 Jahre zurück, als die Sprachengrenzen gezogen wurden. Doch Gliedstaaten und Nationen haben die Gemeinsamkeit, dass ihre Grundgebiete unantastbar sind.
De Tijd glaubt nicht, dass das Misstrauen zwischen den Partnern nach einem Monat Übergangsregierung so weit abgebaut werden kann, dass große Fortschritte auf dem Gebiet der Staatsreform möglich werden. Ohne Vertrauen wird man keinen Ausweg finden.
De Standaard ist überzeugt: Der Machtkampf zwischen PS und MR beherrscht das politische Leben im frankophonen Landesteil. Er verhindert ernsthafte Verhandlungen über die Staatsreform. Auch cdH und Ecolo versuchen, sich zu profilieren, um die Gunst der Wähler zu erobern. Wenn die französischsprachigen Parteien keinen modus vivendi finden, wird das Spielchen noch 69 Tage dauern. In dem Fall ziehen die flämischen Parteien am Besten schnell einen Strich unter die Octopus-Verhandlungen und die Übergangsregierung.