"Electrabel muss 130 Millionen Euro einsparen", titelt De Morgen. "Electrabel streicht 245 Arbeitsplätze", so die Schlagzeile von L'Avenir und Le Soir. Der Energieproduzent muss den Gürtel enger schnallen. Und dafür gibt es zwei Gründe: Zunächst hat sich der Electrabel-Mutterkonzern GDF Suez einen strikten Sparkurs verordnet, von dem auch die belgische Tochter nicht verschont bleibt. Darüber hinaus ist Electrabel aber auch am belgischen Markt unter Druck geraten. Das Unternehmen verlor im vergangenen Jahr 500.000 Kunden. Problematisch sind für Electrabel auch einige Entscheidungen der Regierung, wie etwa das Einfrieren der Energiepreise oder die Erhöhung der so genannten Nuklearabgabe. Electrabel weist denn auch mit dem Finger auf die Regierung, bemerkt De Morgen.
Minderjährige Flamen in Holland festgenommen
Viele Zeitungen berichten heute in großer Aufmachung über einen brutalen Zwischenfall, der sich vor drei Wochen im niederländischen Eindhoven ereignet hat. Dort haben Jugendliche nichtsahnende unbeteiligte Passanten grundlos zusammengeschlagen. Die Tat wurde von einer Überwachungskamera gefilmt. Die niederländische Polizei entschloss sich vor einigen Tagen, die Bilder zu veröffentlichen. Die Täter haben sich daraufhin gestellt: Es handelt sich um zwei Minderjährige aus dem belgischen Turnhout. "Minderjährige Flamen in Eindhoven festgenommen", so denn auch die Schlagzeile von Het Laatste Nieuws. La Dernière Heure vergleicht den Zwischenfall mit dem umstrittenen Film von Stanley Kubrick: "Belgier spielen Clockwork Orange". Darin geben sich Jugendliche ebenfalls sinnloser Gewalt hin.
Het Nieuwsblad reagiert mit Befremden auf den Vorfall: "Erst verhalten sie sich wie Barbaren, dann gehen sich mit Mutti zur Polizei", stellt das Blatt fest.
Der Ausgang der Geschichte lässt aber irgendwie hoffen, meint Het Nieuwsblad in seinem Kommentar. Es ist weiß Gott nicht der erste Fall von sinnloser Gewalt. Neu sind allerdings die Reaktionen der Gesellschaft, der Polizei und auch der Eltern der jugendlichen Täter. Dass die sich unmittelbar nach der Veröffentlichung des Überwachungsvideos gestellt haben, ist wohl kein Zufall. Haben ihre Eltern sie erkannt? Haben sie Angst bekommen? Fanden sie am Ende ihre Tat doch nicht mehr so lustig? Fakt ist, dass niemand diese Geschichte als bloße Fußnote abtun wollte. Die Gesellschaft in ihrer Gesamtheit hat klar gemacht, dass sie sinnlose Gewalt nicht akzeptiert.
Sechste Staatsreform bekommt Konturen
Einige Zeitungen beschäftigen sich mit den laufenden Vorbereitungen für die nächste Phase der neuen Staatsreform. "Lambertz lässt nichts anbrennen", schreibt das Grenz-Echo auf Seite eins; der DG-Ministerpräsident hat klar gemacht, dass die Deutschsprachigen zur selben Zeit wie die anderen Teilstaaten in den Genuss der neuen Zuständigkeiten und des neuen Finanzierungsgesetzes kommen wollen. "Die Regierung will das Staatsgefüge noch vor dem Sommer umkrempeln", bemerkt De Standaard. Die Vorbereitungen laufen auf jeden Fall auf Hochtouren. Regionen und Gemeinschaften bekommen dabei Unterstützung von föderalen Spitzenbeamten, die den Weg für die Kompetenzübertragung ebnen sollen.
Und das ist auch gut so, meint L'Avenir in seinem Leitartikel. Diese sechste Staatsreform ist nämlich kein Pappenstiel. Übertragen werden etwa Zuständigkeiten im Gegenwert von 17 Milliarden Euro. Allerdings ist die Reform so komplex, dass sie am Ende am Bürger vorbeilaufen könnte. In jedem Fall darf aber die Wallonie ihr Rendezvous mit der Geschichte nicht verschlafen. Diese sechste Staatsreform eröffnet neue Chancen, die es zu ergreifen gilt.
Monarchie nicht mehr tabu
"Astrid und Laurent: Dotationen auf Bewährung", so derweil die Titel Geschichte von Le Soir. Das Blatt hat die wichtigsten Parteipräsidenten über die Zukunft des Königshauses befragt und stellt fest: "Die Monarchie ist kein Tabuthema mehr". Kommentierend meint das Blatt dazu: Eine Reform der Rolle des Königs und der Finanzierung des Königshauses ist längst überfällig. Die Zuständigkeiten des Staatsoberhauptes müssen auf das strikte Minimum beschränkt werden. Hier geht es auch darum klare Verhältnisse zu schaffen, mit Blick auf einen möglichen Stabwechsel auf den Thron. Ansonsten droht im Falle eines Abdankens von König Albert II. eine endlose Diskussion über die Qualitäten des Nachfolgers und vielleicht sogar eine politische Krise.
Finanztransaktionssteuer beschlossen
Einige Blätter beleuchten heute die grundsätzliche Einigung auf EU-Ebene über die Einführung einer Finanztransaktionssteuer. Demnach werden elf EU-Staaten -darunter auch Belgien- vorpreschen und schon bald eine Abgabe auf Börsengeschäfte erheben. Das steht zwar nicht auf allen Titelseiten, ist dafür aber nicht unwichtig, meint De Morgen. Ganz im Gegenteil! Die EU setzt sich endlich über das Veto der üblichen Bremser hinweg. Europa ist nicht länger die ideale Ausrede dafür, dass es nicht vorwärts geht.
Diese Entscheidung über die Einführung einer Finanztransaktionssteuer ist nicht zu unterschätzen, notiert auch La Libre Belgique in ihrem Leitartikel. Die EU erbringt den Beweis, dass sie nicht dazu verdammt ist, in Untätigkeit zu verharren; dass sie sich nicht auf ewig den Diktaten aus London unterwerfen muss. Doch sollte das nur den Anfang sein. Die EU wäre gut beraten in diesen Krisenzeiten auch in anderen Bereichen Mut und Entschlossenheit an den Tag zu legen.
Rissige Freundschaft
Apropos Europa: Gestern haben Frankreich und Deutschland mit großem Pomp die Unterzeichnung des Elysee-Vertrags vor 50 Jahren gefeiert. Doch ist es wirklich noch eine "dicke" Freundschaft, die beide Länder verbindet?, fragt sich L'Echo in seinem Leitartikel. Vielmehr muss man den Eindruck haben, dass der Lack gehörig abblättert. In Deutschland bescheinigt man dem Nachbarland einen Reformstau, sieht in Frankreich gar das "neue Griechenland". Frankreich wiederum wirft Deutschland vor, ganz Europa einseitig seinen Willen aufzuzwingen. Aber "Pst!", sagen sie es bitte nicht weiter! Fegen wir doch lieber unsere Meinungsverschiedenheiten unter den Teppich und stoßen auf die Vergangenheit an.
Bild: Jorge Dirkx (belga)