"Die Belgier sind die reichsten Europäer", lautet heute die Schlagzeile bei Le Soir. Demnach besitzt ein Haushalt in Belgien durchschnittlich 67.000 Euro in Geldanlagen, also in bar, auf dem Sparbuch oder in sonstigen Finanzprodukten. Das ist so viel wie in keinem anderen Land der EU. Le Soir stützt sich bei diesen Angaben auf eine Erhebung, die das europäische Statistikinstitut Eurostat für 2011 aufgestellt hat. Auf Platz zwei der Erhebung folgen die Niederlande mit 61.000 Euro pro Haushalt, danach kommen Luxemburg, Großbritannien und Dänemark. In der Grafik von Le Soir steht Deutschland mit knapp 39.000 Euro auf Platz neun.
“Belgischer Kapitalismus ist tot“
Im Kommentar greift die Zeitung allerdings die Unfähigkeit des belgischen Staates auf, eine vernünftige Wirtschaftspolitik für das Land zu führen. Zumindest glaubt das Blatt, kein anderes Urteil fällen zu können. Wörtlich schreibt Le Soir: Der belgische Kapitalismus ist tot. Es reicht einen Blick auf die Werte im Aktienindex Bel 20 zu werfen, um das zu verstehen. Unternehmen mit belgischem Kapital sind dort fast Fehlanzeige. Der Staat hat kein Geld, keine Macht, keine einheitliche Vision, um sich diesem Trend entgegen zu stellen. Ausländische Konzerne bestimmt unsere Wirtschaft. Die Folgen sind nicht zu übersehen, bedauert Le Soir ohne konkrete Beispiele zu nennen.
Darum kümmert sich De Morgen. Die flämische Zeitung widmet ihren Kommentar dem Konflikt bei Ford Genk. Mitarbeiter der Zulieferbetriebe verhindern dort durch Streikaktionen weiter, dass Autos produziert werden können. Die Unternehmensleitung von Ford hat ihnen jetzt gedroht: Jeder Streikende soll 1.000 Euro pro Tag bezahlen, an dem er die Automontage behindert.
“Falsche Reaktion“
Das ist die falsche Reaktion, findet De Morgen. Vielmehr sollte die Unternehmensleitung den aktuellen Konflikt dazu nutzen, ihr bereits stark geschädigtes Image etwas aufzupolieren. Das wäre möglich, indem sie die Mitarbeiter des Fordwerks und der Zulieferbetriebe gleich behandelt bei der Erstellung eines Sozialplans. Denn so ist es doch: Die streikenden Zulieferer wurden ja nur outgesourct, um die Produktion der Autos billiger zu machen. Doch sie gehören genauso noch zum Fordwerk dazu, wie die eigenen Beschäftigten. Deshalb haben auch sie Anspruch darauf, im Sozialplan von Ford berücksichtigt und nicht erneut zu den preiswerteren Zulieferbetrieben und niedrigeren Abfindungen abgeschoben zu werden, findet De Morgen.
Die Schlagzeile der Zeitung auf Seite eins lautet: “Militär kann Extremisten nicht entlassen". Ende 2012 waren Mutmaßungen bekannt geworden, dass sich in den Reihen des belgischen Militärs auch Angehörige der radikal-islamistischen Gruppierung der Salafisten befinden könnten. Eine Möglichkeit, die Verdächtigen aus der Armee auszuschließen, gibt es nach Meinung von Rechtsexperten nicht. Um die Armee in ihrem Inneren vor solchen und anderen Extremisten zu schützen, müsste man bereits bei der Rekrutierung genauer hinschauen.
Pulverfass Mali
Dem bewaffneten Konflikt in Mali und der Unterstützung des französischen Militärs durch belgische Truppen widmen Het Laatste Nieuws und Het Nieuwsblad ihre Kommentare. Beide Zeitungen warnen: Wespennest, schreibt Het Nieuwsblad, und führt aus: Wir können den Franzosen in Mali nicht blind folgen. Kontrolle ist nötig, denn in Mali kommen viele Konflikte zusammen. Die amtierende Regierung an sich ist alles andere als gefestigt. Der jahrzehntelange Kampf der Tuareg um mehr Autonomie, die radikalen Islamisten im Norden des Landes, die neo-kolonialen Interessen von Frankreich in dem Land - das alles ist einfach unüberschaubar, findet Het Nieuwsblad.
Ähnlich Het Laatste Nieuws. Alles ist viel komplizierter als Verteidigungsminister De Crem uns gesagt hat. Der Konflikt in Mali ist ein Pulverfass, das leicht explodieren kann. Die gestrige Geiselnahme von Europäern und Amerikanern in Algerien macht das deutlich. Auch bei uns in Europa leben Extremisten, die mit Terroraktionen ihre Glaubensbrüder in Mali unterstützen könnten, warnt Het Laatste Nieuws.
“Mach es für Grace“, titelt De Standaard und berichtet in seinem Aufmacher von dem Vorhaben des US-Präsidenten, das Waffengesetz in seinem Land zu verschärfen. La Libre Belgique kommentiert dazu: Die Bemühung ist lobenswert, doch selbst wenn Obama sein Vorhaben durchbekommt: Damit ist nur wenig gewonnen. Der Kampf gegen potentielle Amokläufer muss auch andere Faktoren berücksichtigen. Zum Beispiel die Tatsache, dass viele Attentäter gar nicht ihre eigenen Waffen benutzt haben, und dass jedes Jahr in den USA mehr als 6.000 Menschen durch Stichwaffen ermordet werden. Auch mit neuem Waffengesetz gäbe es noch viel zu tun, urteilt La Libre Belgique.
Jung an Jahren…
Das GrenzEcho schließlich greift die Nominierung des erst 29-jährigen Alexander Miesen zum neuen Parlamentspräsidenten der Deutschsprachigen Gemeinschaft auf. Im Kommentar heißt es: Miesen ist eine Verlegenheitslösung, wie es wohl jeder wäre, der als Endzwanziger mit nur einem halben Jahr Parlamentserfahrung auf den Präsidentenstuhl gehievt wird. Die Fallhöhe dieses Experiments ist aber begrenzt. In gut einem Jahr sind Wahlen, dann werden die Karten eh neu gemischt. Miesen ist so gesehen ein Parlamentspräsident mit begrenztem Haltbarkeitsdatum, ein Vorsitzender auf Probezeit. Doch so fängt jeder im Job einmal an, oder?