"Di Rupo gegen die N-VA, die Mehrheit spaltet sich", titelt Le Soir auf Seite eins. Premierminister Elio Di Rupo hatte am Wochenende gesagt, dass die nationalistische flämische Partei N-VA eine Gefahr für Belgien sei.
Diese Äußerung ist in Flandern auf heftige Kritik gestoßen, vor allem bei Politikern der flämischen Christdemokraten und Liberalen. Sie sind Teil der Regierung von Di Rupo auf föderaler Ebene. Der Premierminister, so die Kritiker, solle sich mit solchen Äußerungen zurückhalten und lieber regieren, denn Aussagen wie diese würden die Popularität der N-VA und ihres Parteiführers Bart De Wever nur steigern.
"Einfach nur die Wahrheit"
In seinem Kommentar fragt sich Le Soir, ob die Kritiker Recht haben und kommt zu der Antwort: Nein. Es sei auch die Rolle eines Premierministers, auf Gefahren für das Land hinzuweisen. Wörtlich heißt es: Zu behaupten, dass die N-VA gefährlich für das Land ist, weil sie seine Existenz bedroht, geht nicht auf Willkür zurück, nicht auf den Willen zu schockieren oder jemanden schlecht zu reden. Es ist einfach nur die Wahrheit. Sollte Di Rupo lieber schweigen und damit lügen, einfach nur, um seine Popularität zu wahren, die sowieso fragwürdig erscheint? Das ist genauso gefährlich, wie die Wahrheit auszusprechen, meint Le Soir.
Auch La Libre Belgique verteidigt den Premierminister vehement gegen die Anschuldigungen aus Flandern. "Es ist also ab sofort verboten, irgendetwas schlecht über Bart De Wever zu sagen, ihn zu kritisieren. Er ist in Flandern zum Heiligen geworden. Sie mögen uns diesen Vergleich verzeihen: eine Art Mutter Theresa, eine Art Gandhi, eine Art Nelson Mandela, unantastbar. Das ist Quatsch. Künftig scheint es an uns zu liegen, den Frankophonen, die Intelligenz aufzuzwingen, auf die Gefährlichkeit von Bart De Wever hinzuweisen." Denn da, wo er lebt, scheint es keinen zu geben, der ihm wirklich widersprechen will, findet La Libre Belgique.
Kühler Kopf muss her
L'Avenir vergleicht die neue Unordnung, die es in der Regierungskoalition wegen der N-VA gibt, mit der Nähe eines Wolfs bei einer Schafherde. Plötzlich sind alle nervös, schreibt L'Avenir. Stärker als je zuvor diktiert der N-VA-Chef aus Antwerpen die politische Agenda. Schon jetzt bringt er die Regierung dazu, sich nicht um ihre eigentlichen Aufgaben zu kümmern, sondern sich in unnützen Diskussionen zu zerfleischen. Und wir stehen erst am Anfang des Jahres 2013. Noch eineinhalb Jahren von den nächsten Wahlen entfernt. Die Regierung muss jetzt kühlen Kopf bewahren, sonst ist es vorbei mit ihrer Möglichkeit, nationale Politik zu gestalten, so L'Avenir.
Ähnlich sehen das die Kommentatoren in flämischen Zeitungen: Lasst uns aufhören zu streiten, lasst uns regieren. Es gibt genug Probleme zu lösen, schreibt Het Nieuwsblad. Di Rupo soll jetzt einfach weitermachen mit seiner Politik, heißt es in Het Laatste Nieuws. Die Erfolge des ersten Jahres können sich durchaus sehen lassen. Wenn auch das zweite Jahr so erfolgreich wird, dann wird die Mannschaft um den Premierminister in zwei Jahren so viel geschafft haben wie lange keine Regierung vor ihr.
Rechtsextreme als Königsmacher
De Morgen widmet seinen Kommentar einem anderen Thema. In der flämischen Gemeinde Denderleeuw wird morgen eine neue Gemeinderegierung vereidigt werden. Sie setzt sich aus Christdemokraten und Nationalisten der N-VA zusammen. Eine Mehrheit im Gemeinderat wird sie allerdings nur durch die Unterstützung der rechtsextremen Partei Vlaams Belang erhalten. Es ist das erste Mal, dass dadurch indirekt der Vlaams Belang an einer Regierung beteiligt ist.
Der Vlaams Belang kann sich morgen zum Königsmacher aufschwingen, schreibt die Zeitung. Das ist politische Inkompetenz im Quadrat. Was auf lokaler Ebene anfängt, könnte auch zum Muster für die nationale Politik werden. In Brüssel bei der Föderalregierung müsste man das wissen. Warum gibt es denn in der Hauptstadt keine der Parteigrößen, die in Denderleeuw mal ordentlich auf den Tisch hauen und das Desaster noch verhindern, fragt sich De Morgen.
Preise und Prozente purzeln
Die Wirtschaftszeitung L'Echo und La Libre Belgique gehen ausführlich auf eine Idee des föderalen Finanzministers Vanackere ein. Er hatte Steuererleichterungen für Börsen-Produkte ins Spiel gebracht. Die Brüsseler Börse jubelt über diesen Vorschlag, die Sozialisten in der Regierungskoalition lehnen ihn kategorisch ab. Die Zeitungen kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen bei der Interpretation dieser Reaktionen. L'Echo glaubt, dass die Idee noch eine Chance hat und der Minister einfach nur noch bessere Argumente finden muss. La Libre Belgique hingegen sieht den Vorschlag schon gestorben.
Und sowohl La Dernière Heure als auch Gazet van Antwerpen machen schließlich mit einem Ausblick auf die Automobilmesse auf, die am Freitag in Brüssel beginnt. "Bis zu 40 Prozent Rabatt auf Neuwagen", vermeldet das Blatt aus Antwerpen. Und La Dernière Heure lässt auf ihrer Titelseite sowie im Innenteil auch optisch schon einmal Preise und Prozente purzeln.
Archivbild: Nicolas Lambert (belga)