"Ein Jahr Di Rupo", titelt De Standaard. Auch viele andere Zeitungen greifen auf ihren Titelseiten die Tatsache auf, dass die Regierung seit genau einem Jahr im Amt ist.
L'Avenir bemerkt auf Seite eins: Am 1. Dezember 2011 gelang der Durchbruch. Die längste politische Krise, die Belgien jemals gekannt hat, ging zu Ende.
La Dernière Heure kommt mit Fotos auf die wichtigsten Momente von Premierminister Elio Di Rupo im abgelaufenen Jahr zurück: die historische Einigung zwischen den sechs Parteien, die Eidesleistung bei König Albert, die erste Regierungserklärung im Parlament, das schwere Busunglück in der Schweiz, Di Rupos Teilnahme am Nato-Gipfel in Chicago samt Treffen mit US-Präsident Obama, seine Rede vor der UN-Vollversammlung in New York und die schwierigen Haushaltsberatungen.
Zwischen "bestanden" und "nachsitzen"
Mehrere Blätter stellen der Föderalregierung heute ein Zeugnis aus. L'Echo gibt die Note 6,5/10. Der Haushalt ist in der Spur, erste strukturelle Veränderungen wurden angestoßen und die Staatsreform ist in der Mache. Hier lautet das Urteil also: bestanden. An einer Langzeitvision hapert es aber. In diesem Fach muss die Regierung ganz klar nachsitzen.
Das von De Standaard ausgestellte Zeugnis ist ausführlicher. Haushalt, Wirtschaft, Staatsreform, Rente und Asyl kommen eher gut weg. Justiz, Mobilität und Außenpolitik dagegen nicht. Die Noten dafür liegen zwischen drei und fünf auf zehn. Bemängelt werden der Rückstand bei der Justiz, die festgefahrenen Verhandlungen bei der Eisenbahngesellschaft SNCB und das schwache Auftreten im Ausland.
Het Nieuwsblad findet: Angesichts der schwierigen Umstände und der anhaltenden Krise hat es die Regierung nicht leicht. Trotzdem fehlt ihr der nötige Mut, um die längst überfälligen Reformen auf dem Arbeitsmarkt und bei der Rente durchzuführen. Das größte Problem der Koalition ist allerdings ein anderes. Was fehlt, ist ganz einfach die Zeit. Wegen der langen Verhandlungen zur Regierungsbildung haben Di Rupo und Co. insgesamt nur zwei Jahre zum Regieren.
Le Soir vergibt der Koalition die Note "zufriedenstellend". Das Blatt hebt die geleistete Arbeit hervor. Damit unterscheidet sich Di Rupo deutlich vom Stillstand unter Amtsvorgänger Yves Leterme. Außerdem hat er es geschafft, die sechs sehr unterschiedlichen Regierungsparteien zusammenzuhalten.
Di Rupo könnte explodieren
In einem Interview mit der Zeitung verteidigt der Premierminister seine Arbeit. Seine Mannschaft habe wichtige Veränderungen auf den Weg gebracht. Außerdem erklärt Di Rupo, er habe keine Angst vor der N-VA. Er sei bereit, den Kampf aufzunehmen. Le Soir meint: Es ist ein Di Rupo, der versucht, die Belgier möglichst von der Krise zu verschonen, der sich uns präsentiert. Zudem blickt er angstfrei in die Zukunft und ist bereit, sich der Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner zu stellen.
De Standaard fügt hinzu: Wer sich Di Rupo in den Weg stellt, kann sich gefasst machen auf eine italienische Esplosione.
Apropos N-VA: La Libre Belgique veröffentlicht heute ihr traditionelles Polit-Barometer. In der Umfrage verlieren die flämischen Nationalisten zum ersten Mal an Gewicht - im Vergleich zur Umfrage von vor einem Jahr knapp fünf Prozent. Die Partei von Bart De Wever bleibt aber mit 35 Prozent mit Abstand die größte Formation in Flandern. Die Zeitung gibt zu bedenken: Die Gegner der N-VA sollten sich nicht zu früh freuen. Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer. Trotzdem ist der Rückgang in der Wählergunst bemerkenswert. Beobachter hatten den Nationalisten nach dem Wahlsieg in Antwerpen und den Haushaltsbeschlüssen der "marxistischen" Regierung Di Rupo Traumwerte von bis zu 60 Prozent vorausgesagt.
"Robin Hood hat seinen Kampf verloren"
Wie De Morgen auf Seite eins berichtet wird es keinen Höchstpreis fürs Gas geben. "Der Robin Hood der belgischen Verbraucher hat diesen Kampf verloren", titelt das Blatt. Für seine Pläne hat Minister Johan Vande Lanotte nicht die nötige Mehrheit im Kernkabinett erhalten. Ab dem 1. Januar können die Energieversorger die Tarife für Strom und Gas wieder selbst bestimmen. Allerdings hat die Regierung eine Vorsichtsmaßnahme getroffen. Sollten die Preise zu hoch ausfallen, will sie sich einmischen.
Gazet van Antwerpen berichtet über mögliche Strompannen in Belgien, sollte der Winter heftig ausfallen. Davor wird in einem europäischen Bericht gewarnt. Ursache ist der Ausfall von zwei Reaktoren in den Kernkraftwerken Doel und Tihange. Dadurch muss unser Land vermehrt Strom aus dem Ausland beziehen. Das Problem: Wird es sehr kalt, droht ein Mangel auf dem europäischen Strommarkt.
Auf der Titelseite von Het Nieuwsblad schlagen Umweltorganisationen vor, die Straßenbeleuchtung abzuschalten, um zu vermeiden, dass überall im Land das Licht ausgeht.
Archivbild: Nicolas Lambert (belga)