Im Einzelnen: "800.000 Belgier verlieren ihr Sparschwein". So titelt Het Nieuwsblad auf Seite eins. Wie die meisten flämischen Zeitungen macht das Blatt mit der Empfehlung des Generalauditors beim belgischen Staatsrat auf. Dieser hat entschieden, dass die staatlichen Garantien für die Anleger der Arco-Holding nicht rechtmäßig sind.
Zur Erinnerung: Vor einem Jahr war die Arco-Holding, die den christlichen Gewerkschaften gehört und als Genossenschaft verwaltet wird, Pleite gegangen. Grund dafür war, dass Arco Anteile bei der Dexia-Bank hatte, die ebenfalls Pleite gegangen war. Die doppelte Pleite von Dexia und Arco hatte zur Folge, dass rund 800.000 Arco-Genossenschaftler das Geld verloren, das Arco in Dexia investiert hatte. Es ging um eine Summe von insgesamt 1,5 Milliarden Euro. Der belgische Staat hatte damals versprochen, die Arco-Anteilshaber nicht fallen zu lassen. Er wollte die 1,5 Milliarden Euro als Staatsgarantie übernehmen.
Keine Staatsgarantien für Arco
Das darf er nicht, sagt jetzt der Generalauditor beim Staatsrat. Seine Empfehlung ist noch kein abschließendes Urteil, doch in den meisten Fällen folgen die Richter letztlich der Meinung des Generalauditors.
Diese Entscheidung ist richtig, applaudieren die flämischen Zeitungen in ihren Kommentaren. So schreibt zum Beispiel De Morgen: Sind die hunderttausende Genossenschafter von Arco die Deppen der ganzen Geschichte? Antwort: Ja. Aber das sind alle Kleinanleger der Dexia-Bank auch, die ebenfalls ihr Erspartes los sind.
Ähnlich argumentiert Het Nieuwsblad. Die Regel ist nun mal, dass Spareinlagen geschützt werden, Anteile an Unternehmen aber nicht. Um letztere geht es in dem Fall Arco. Und da ist es zwar bitter für die Genossenschaftler, dass sie ihr Geld verlieren, aber in letzter Konsequenz ist das nur logisch.
Gleiches Recht für alle
In einem Rechtsstaat müssen Regeln für alle gleich gelten. Und das wird jetzt hoffentlich geschehen, jubelt auch Gazet van Antwerpen. Die Entscheidung, Steuergeld zur Rettung der Arco-Teilhaber zu verwenden, war nicht korrekt. Die Zeitung führt das auf die Verflechtungen zwischen Politik und Gewerkschaften zurück. Der damalige Übergangspremierminister Yves Leterme von den flämischen Christdemokraten wollte die christliche Genossenschaft nicht im Regen stehen lassen. Deshalb versprach er Geld, was er nicht versprechen durfte. Dieser Klüngelei wird jetzt ein Ende bereitet, so Gazet van Antwerpen.
Biersteuer gefährdet Jobs
Kommen wir jetzt zum Bier und dem gestrigen Besuch von Premierminister Elio Di Rupo bei François Hollande in Paris. Dort wollte Di Rupo den französischen Staatspräsident davon abbringen, die Steuer auf Bier um 160 Prozent zu erhöhen. Hintergrund: Wird das Bier teurer, ist das schlecht für Belgien. Denn jede fünfte Flasche, so Het Laatste Nieuws, wird nach Frankreich verkauft. Steigen dort die Preise, trinken die Franzosen weniger Bier, und kann Belgien weniger Flaschen verkaufen. Doch trotz der Bitten Di Rupos blieb Hollande hart. Die neue Biersteuer wird in Frankreich kommen. "Di Rupo verliert Bierkrieg", titelt entsprechend das flämische Blatt auf Seite eins. Im Innenteil rechnet die Zeitung vor, dass die Entscheidung Frankreichs 300 Jobs in Belgien in Gefahr bringt.
Hausaufgaben nicht gemacht - Energie wird teurer
Mit einer schlechten Nachricht für die Verbraucher macht heute L'Echo auf. Die Wirtschaftszeitung geht davon aus, dass die Preise für Strom und Gas ab Januar kräftig steigen werden. Strom könnte bis zu 15 Prozent teurer werden, Gas zwischen 9 und 13 Prozent. Grund dafür ist ein fehlender Beschluss der Föderalregierung, die Berechnung der Energiepreise neu zu regeln. Diese Hausaufgabe hatten sich die Politiker im Frühjahr selbst gestellt. Damals stand der Verdacht im Raum, dass die Energiepreise in Belgien zu hoch seien und im Vergleich zu unseren Nachbarländern unverhältnismäßig stark ansteigen. Deshalb beschloss die Regierung, die Energiepreise bis Ende des Jahres einzufrieren und sich dem Thema näher zu widmen. Das hat man bislang nicht gemacht. Erst am kommenden Freitag will sich das Kernkabinett mit der Neuregelung der Energiepreise beschäftigen. Doch selbst wenn man sich am Freitag auf etwas einigen wird, so die Zeitung, wird dieser Beschluss frühestens im kommenden April greifen können. Ab Januar dürfen die Energielieferanten dagegen machen, was sie wollen, und für L’Echo scheint klar, dass sie Tarife kräftig erhöhen werden. Denn die Preise an den internationalen Märkten sind gestiegen und das werden die Energiekonzerne natürlich an den Kunden weitergeben wollen.
Le Soir macht mit dem Ergebnis einer vergleichenden Studie zu den Sozialleistungen in Europa auf. Demnach liegt Belgien dabei nur im unteren Mittelfeld - nämlich auf Platz 11 von 15. Erstaunlich sind die großen Unterschiede zwischen dem Norden und Süden des Landes. Rangiert Flandern beim Thema Sozialleistungen noch auf Platz eins, zusammen mit Ländern wie Frankreich, Spanien, Luxemburg und den Niederlanden, ist die Wallonie ganz am Ende der Skala zu finden. Den letzten Platz teilt sie sich mit Portugal.
Archivbild: Julien Warnand (belga)