"75 Prozent der Belgier wollen eine Reichensteuer", titelt Le Soir auf Seite eins. De Morgen macht mit derselben Überschrift auf. Beide Zeitungen haben eine Meinungsumfrage in Auftrag gegeben und die Belgier nach verschiedenen Maßnahmen befragt, die bei den Haushaltsberatungen im Raum stehen. Die übergroße Mehrheit der Bevölkerung - nämlich 80 Prozent - ist für die Einführung einer Steuer auf Börsen- und spekulative Finanzgeschäfte. Beim Thema Mehrwertsteuer haben die Belgier ebenfalls eine klare Meinung: 86 Prozent der Befragten sind gegen eine Erhöhung. Beim Thema Indexsprung gehen die Meinungen hingegen auseinander: Rund die Hälfte der Belgier ist für eine einmalige Aussetzung oder eine Anpassung des Systems, die andere Hälfte dagegen. Die automatische Lohn-Index-Bindung ganz abschaffen wollen nur fünf Prozent.
Belgier wollen die Reichensteuer
De Morgen geht näher auf das Thema Reichensteuer ein. In Regierungskreisen ist sie höchst umstritten, doch drei Viertel der Befragten wünscht sich die Zusatzabgabe auf Vermögen. Die Zeitung meint: Das ist nicht nur ethisch vertretbar, sondern auch logisch. Heute bezieht der Staat den Großteil seiner Einnahmen, indem er die Arbeit übermäßig besteuert. Kapitaleinkünfte und Vermögen werden dagegen kaum belastet. Worauf wartet die Regierung noch - fragt das Blatt - wenn es sogar in der Bevölkerung einen großen Rückhalt dafür gibt?
Unterdessen gehen die Haushaltsberatungen der Föderalen Regierung weiter. Wie Gazet van Antwerpen auf ihrer Titelseite schreibt, sind Indexsprung und Mehrwertsteuererhöhung erst mal vom Tisch. Premierminister Di Rupo sucht nach einem Ausweg ohne die umstrittenen Pläne. Sozialisten und Liberale hatten jeweils ihr Veto eingelegt und damit eine Blockade der Verhandlungen herbeigeführt. Wie Di Rupos Wunderlösung aussehen könnte, ist noch unklar.
Grabenkrieg zwischen PS und OpenVLD: Koalition zieht den Kürzeren
Trotz der schmerzhaften Massenentlassungen in den letzten Tagen und Wochen fordert Het Belang van Limburg mehr Respekt für die Unternehmer. Denn sie allein sind die Lösung für die aktuelle Krise. Sie können dafür sorgen, dass die wirtschaftliche Talfahrt beendet wird. Die Politik sollte die nötigen Rahmenbedingungen schaffen, in dem unter anderem die hohen Lohn-Nebenkosten in Belgien gesenkt werden und ein unternehmerfreundlicheres Klima entsteht.
De Standaard warnt: Die Regierung Di Rupo sollte sich beeilen und sich nicht in einem ideologischen Kampf zwischen der sozialistischen PS und der liberalen OpenVLD verlieren. Denn dabei kann die Koalition nur den Kürzeren ziehen. Währenddessen reibt sich der Stratege De Wever in Antwerpen die Hände.
Le Soir findet, dass die Mehrheit sich nicht nur beim Haushalt beeilen sollte, sondern auch bei der weiteren Umsetzung der Staatsreform. Bis Ende 2013 wollen die Regierungsparteien die Texte durch das Parlament boxen. Konkret heißt das: Spüren wird der Bürger die Reformen erst 2015. Für das Team von Di Rupo ist das problematisch, weil bereits im Jahr davor gewählt wird. Die umfangreichste Staatsreform aller Zeiten - mit Übertragung von Zuständigkeiten in Höhe von 17 Milliarden Euro von der föderalen Ebene an die Teilstaaten - droht unbemerkt am Bürger vorbei zu gehen. Die Koalition muss das den Menschen im Land deutlich machen. Ansonsten spielen sie dem flämischen Nationalistenführer De Wever weiter in die Hände.
Wie L'Avenir auf Seite eins schreibt, plant die ING-Bank 40 ihrer knapp 800 Filialen in Belgien zu schließen. Betroffen wären vor allem unrentable Standorte in Brüssel und der Wallonie. Das Personal soll möglichst in anderen Filialen der Bank eingesetzt werden. Das Geldinstitut will nach eigener Aussage Entlassungen vermeiden. Erst vor wenigen Tagen hatte der niederländische Finanzkonzern ING weltweit die Streichung von 2.300 Stellen angekündigt. L'Echo bemerkt auf seiner Titelseite, dass die belgischen Banken seit dem Jahr 2000 über 40 Prozent ihrer Filialen geschlossen haben. Auch beim Personal macht sich das bemerkbar. Der Bankensektor beschäftigt heute etwas mehr als 60.000 Menschen in Belgien - das sind 20 Prozent weniger als noch vor zehn Jahren.
Autofahrer greift zur Motorsense
Het Laatste Nieuws notiert: Statistisch gibt es in Belgien einmal pro Woche einen schweren Fall von Aggression im Straßenverkehr. Seit dem Beginn des Jahres hat der Automobilverband Touring 47 Fälle registriert - vor fünf Jahren waren es nur halb so viel. Erst letzte Woche waren zwei Autofahrer auf der Autobahn bei Sint-Niklaas aneinander geraten. Bei der Auseinandersetzung ging einer der beiden Männer plötzlich mit einer Motorsense auf den anderen los und verletzte ihn schwer. Im Krankenhaus mussten die Ärzte das Bein des Opfers amputieren. Die steigende Anzahl brutaler Auseinandersetzungen auf der Straße führt die Zeitung auf die zunehmende Gewaltbereitschaft in der Gesellschaft zurück. Als Gründe werden ebenfalls angeführt: Stress am Arbeitsplatz und nervige Staus.
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