Zum europäischen Protesttag gegen Sparpolitik und für Solidarität schreibt L'Avenir: Es wird vor allen Dingen bei den öffentlichen Verkehrsmitteln wie Zug und Bahnen mal wieder drunter und drüber gehen. Die Benutzer sind wirklich nicht zu beneiden.
Im Übrigen findet die Zeitung, dass Europa sich zwar nicht sehr kreativ zeigt, wenn es als Mittel gegen die Krise immer wieder die Sparnotwendigkeit betont. Andererseits muss man jedoch auch zugeben, dass die Gewerkschaften ihrerseits kaum brauchbare Alternativen vorschlagen. In dieser Hinsicht hätte man zweifellos mehr erwarten können.
Scharfe Kritik an Gewerkschaften
Het Nieuwsblad übt scharfe Kritik an den Gewerkschaften, die zu ihrer Verteidigung behaupten, dass sie allein mit Streiks ihre Ziele erreichen. Dies jedoch muss man zunehmend bezweifeln, wenn man sich vor Augen hält, dass die jüngsten sozialen Unruhen kaum mehr erreicht haben, als ein in der Bevölkerung wachsendes Ressentiment gegen die Gewerkschaften. Diese sollten bedenken, dass das Streikrecht zwar eine bedeutende Errungenschaft darstellt, jedoch keinen Freibrief. Jedes Recht, mit dem man unvernünftig umgeht, wird in den meisten Fällen kontraproduktiv.
Im gleichen Kontext notiert La Libre Belgique: Angesichts der Krise steht Europa vor einer sehr schweren Aufgabe: Es sollen die staatlichen Finanzen saniert werden, und zwar ohne zu Einsparungen zu greifen, die die sozialen Errungenschaften über Gebühr beschränken bzw. abbauen. Das hört sich nach der Quadratur des Kreises an, müsste aber mit etwas mehr Fantasie und vor allen Dingen Bereitschaft zu Solidarität zwischen Arm und Reich in Europa möglich sein.
Haushaltsberatungen
Het Laatste Nieuws legt den Finger auf die Wunde: Der Streit zwischen Liberalen und Sozialisten dreht sich um eine Anhebung der Mehrwertsteuer und einen Indexsprung. Etwas mehr Mehrwertsteuer, so haben Experten errechnet, würde die Kaufkraft nur wenig antasten. Und ein Indexsprung wäre ein Segen für die Betriebe und die Beschäftigung. Deshalb plädiert die Zeitung für beides, denn jetzt kommt es in erster Linie darauf an, der Zerstörung von Arbeitsplätzen entgegen zu wirken. Wer glaubt, dies mit Streiks erreichen zu können, der irrt sich gewaltig.
Le Soir hat einmal die Folgen der auf dem Tisch liegenden Maßnahmen errechnet. Dazu kurz einige Beispiele: Ein einmaliger Indexsprung würde für ein berufstätiges Ehepaar mit zwei Kindern und einem Einkommen von netto 3.900 Euro monatlich eine Mindereinnahme von 61 Euro im Monat bedeuten. Ein Alleinstehender mit 1.600 Euro netto müsste damit auf 22,50 Euro verzichten. Steigt die Mehrwertsteuer auf 22 Prozent, bedeutet das für einen Arbeitslosen mit 900 Euro Stütze im Monat 3,30 Euro Verlust.
Het Belang van Limburg notiert im gleichen Zusammenhang: Seit Tagen lässt man die möglichen Maßnahmen und ihre Auswirkungen Revue passieren, doch wenn es um das Entscheiden geht, tut sich nichts. Der Grund dafür ist wohl in erster Linie darin zu suchen, dass die ideologischen Gegensätze zwischen rechts und links in dieser Regierung, zwischen Liberalen und Sozialisten, einfach zu groß sind. Trotzdem ist nicht davon auszugehen, dass dies die Regierung zu Fall bringt, und sei es nur, weil man sich nur allzu gut bewusst ist, dass es eine Alternative zurzeit nicht gibt. Das Kabinett Di Rupo ist also zum Erfolg verurteilt.
König Auto kehrt zurück
In Antwerpen zeichnet sich genau ein Monat nach den Wahlen eine neue Mehrheit unter Bürgermeister Bart De Wever ab. Das beschäftigt die meisten flämischen Zeitungen, die hervorheben, dass das Kartell von Christlichsozialen und Sozialisten, das bisher die Stadt regierte, sich spaltet, so der Titel in De Morgen. Kommentierend heißt es dazu: Damit öffnet sich der Weg zu einer Koalition der N-VA des künftigen Bürgermeisters De Wever mit den Christlichsozialen und Liberalen. Leider ist das De Wever-Konzept mit einer modernen Großstadtpolitik kaum zu vereinbaren. Zu erwarten ist, dass König Auto massiv in die Innenstadt zurückkehrt und dass, wer arm ist, wohl schon bald wie ein Krimineller behandelt wird.
Bild: Nicolas Lambert (belga)