"Sabotage-Aktion blockiert die Verhandlungen", titelt Het Nieuwsblad auf Seite eins. La Libre Belgique schreibt: "Die große Verstimmung". Die Haushaltsberatungen der Föderalregierung sind derzeit blockiert. "Ausgang ungewiss", notiert Het Laatste Nieuws.
Grund sind die Vorschläge von Premierminister Di Rupo. Der hatte gestern drei Varianten des Haushalts auf den Tisch gelegt, jeweils ohne den umstrittenen Indexsprung, aber dafür mit einer Erhöhung der Mehrwertsteuer auf 22 Prozent.
"Das können die Liberalen auf keinen Fall akzeptieren", hält De Standaard auf seiner Titelseite fest. Außerdem ist die OpenVLD sauer darüber, dass Di Rupos Vorschläge in die Öffentlichkeit gelangt sind. Auch Finanzminister Vanackere ist stinksauer. "So kann man nicht arbeiten", wird er in mehreren Blättern zitiert.
Höhere Mehrwertsteuer oder Indexsprung - der Streit geht weiter
Statt einer Mehrwertsteuererhöhung fordern die Liberalen weiter den Indexsprung. Die Löhne würden einmalig nicht an die steigenden Lebenshaltungskosten angepasst. Kleine Einkommen wollen die flämischen Liberalen von der Maßnahme ausschließen, damit Geringverdiener nicht so hart getroffen werden. Ein Indexsprung würde nicht nur der Staatskasse gut tun, so argumentiert die OpenVLD in Le Soir. Sondern auch den Unternehmen. Sie würden dadurch wettbewerbsfähiger.
Für die PS bleibt der Indexsprung weiterhin tabu, stellt L'Echo fest. Die französischsprachigen Sozialisten fordern eine zeitlich befristete Krisenabgabe - wie bereits in den 1990er Jahren unter der Regierung Dehaene. Die Krisenabgabe würde die Menschen weniger hart treffen als ein Indexsprung, so die Sozialisten.
Das ist schwer zu sagen, meint Het Laatste Nieuws. Bei einem Indexsprung bekommen wir kein zusätzliches Geld, aber wir behalten, was wir haben. Im Falle einer Krisenabgabe müssen wir hingegen etwas abgeben. Psychologisch fällt uns das schwerer. Außerdem würde eine Krisensteuer den Unternehmen nicht helfen, im Gegensatz zu einer Anpassung des Indexsystems.
Auch La Libre Belgique notiert: An einer Reform des Index führt kein Weg vorbei. Es ist immer dasselbe Spielchen mit den Haushaltsberatungen in Belgien, so die Zeitung weiter. Tindemans, Eyskens, Martens, Dehaene, Verhofstadt, Leterme, Van Rompuy und jetzt auch Di Rupo: Das Budget scheint ohne Geschrei, Beleidigungen, Schmerz, Leid und knallende Türen nicht möglich zu sein. De Standaard fasst es so zusammen: Ohne die nötige Portion Dramatik geht es scheinbar nicht.
Protestieren ja - aber gegen was?
Laut De Morgen könnte unserem Land am schnellsten geholfen werden, wenn das viele Spargeld der Belgier in die belgische Wirtschaft gepumpt würde. Das schreiben Experten in einem Bericht, den die Regierung in Auftrag gegeben hat. Demnach könnten sofort über 200 Milliarden Euro locker gemacht werden zur Finanzierung von Kleinunternehmen oder für große Infrastrukturprojekte. Der Staat würde ähnlich wie jetzt beim Sparkonto die Einlagen sichern. Die Experten rufen die Banken auf, so genannte B-Sparbücher zu eröffnen, bei denen das Geld der Menschen in die belgische Wirtschaft fließt.
La Dernière Heure befasst sich mit dem morgigen europaweiten Protesttag gegen die Sparpolitik. Während in Griechenland, Portugal und Italien Generalstreiks stattfinden, wird das öffentliche Leben in der Wallonie zum Teil ebenfalls lahmliegen. Am härtesten wird es die Bahnreisenden treffen. Ab heute Abend, 22 Uhr, fährt kein Zug mehr im Süden des Landes. Auch der Busverkehr in Lüttich und Charleroi könnte betroffen sein. Außerdem wollen die Metallarbeiter in Charleroi, La Louvière und Lüttich demonstrieren. Proteste der europäischen Gewerkschaften sind auch im Europaviertel in Brüssel und vor zahlreichen Botschaften, auch der deutschen, geplant.
Het Nieuwsblad bedauert die Auswirkungen des Protests auf Belgien. Wogegen genau der Protest sich richtet, können die Gewerkschaften nicht sagen. Daher könnte der Streik eher kontraproduktiv sein. Auch wenn die Züge morgen nicht fahren, an der aktuellen Sparpolitik wird das nichts ändern. Im Gegenteil: Die Gewerkschaften verlieren immer mehr an Sympathie und können auf immer weniger Verständnis zählen.
"Ceci n'est pas un Tannenbaum"
L'Avenir kommt auf den schrecklichen Hausbrand mit fünf Toten in Han-Sur-Lesse zurück. Die ganze Ortschaft steht unter Schock, so die Zeitung. Für den Familienvater und seine vier Kinder kam jede Hilfe zu spät. Die Zeitung erinnert daran, dass in Belgien jedes Jahr knapp 100 Menschen bei Bränden ums Leben kommen.
De Standaard berichtet über eine Protestwelle in Brüssel, weil es in diesem Jahr auf dem Grand' Place keinen echten Tannenbaum geben wird. Stattdessen eine 19 Meter hohe Lichtinstallation mit einer begehbaren Aussichtsplattform. "Ceci n'est pas un Tannenbaum", titelt die Zeitung in Anlehnung an den surrealistischen Künstler Magritte. 12.000 Menschen haben bereits eine Petition im Internet gegen den Tannenbaum-Ersatz unterschrieben. Sie wollen einen echten Christbaum. Im Internet zirkulieren Gerüchte, Islamisten hätten Druck auf die Stadtverwaltung ausgeübt, um die christlichen Symbole vom Weihnachtsmarkt zu verbannen. Brüssel weist die Vorwürfe zurück. Man wolle mit dem Kunstwerk einen modernen Tannenbaum schaffen.
Bild: Nicolas Lambert (belga)