Kommen wir zunächst zum Haushalt 2013, bei dem die Regierung Di Rupo zwischen 3,4 und 3,7 Milliarden Euro sparen oder zusätzlich einnehmen muss, um die europäischen Defizitvorgaben zu erfüllen.
Le Soir zufolge müssen jedoch noch weitere 600 Millionen Euro gefunden werden, und zwar aufgrund der sich verschlechternden Wirtschaftslage. Das zunächst auf 0,7 Prozent geschätzte Wachstum für das kommende Jahr wird nämlich höchstens 0,3 Prozent betragen, so dass zusätzliche Sparanstrengungen erforderlich sind. Zwei Pisten sind bekannt: Eine Anhebung der Mehrwertsteuer und ein Indexsprung bei den Löhnen.
Insgesamt würde das über zwei Milliarden bringen, doch warnt Le Soir davor, auch die Schwachverdiener zur Kasse zu bitten. Sie haben es jetzt schon schwer genug, über die Runden zu kommen und brauchen daher mehr und nicht weniger sozialen Schutz. In Belgien gibt es heute etwa fünf Prozent wirklich Arme. Wenn die Regierung nicht aufpasst, könnten deren bis zu 15 Prozent dazukommen.
Höhere Mehrwertsteuer = weniger Arbeitsplätze
De Morgen befürchtet, dass die Anhebung der Mehrwertsteuer von 21 auf 22 Prozent die wirtschaftliche Entwicklung derart schrumpfen lassen könnte, dass die damit verbundene Konsumverringerung mindestens so viel Arbeitsplätze kosten würde, wie die Schließung von Ford Genk.
Gazet van Antwerpen notiert im gleichen Zusammenhang: Die Regierung behauptet, ein guter und glaubwürdiger Haushalt sei besser, als ein schnelles Resultat der Beratungen. Wenn dies tatsächlich das Ziel ist, dürfen sich Di Rupo und seine Minister ruhig noch etwas Zeit nehmen. Was bisher jedoch an die Öffentlichkeit drang, lässt eher auf eine Mischung kleiner Maßnahmen im Spar- und Einnahmebereich schließen, die keine wirklich echte Lösung des Problems darstellen.
In ähnlichem Sinn äußert sich auch Het Nieuwsblad, wo es heißt: Die niederländische Regierung hat uns vorgemacht, wie man durch tiefe einschneidende Maßnahmen in der Sparpolitik tatsächlich eine Wende zustande bringt. Bei uns scheint man von dieser Bereitschaft im Augenblick noch nichts wissen zu wollen, doch vergessen wir eines nicht: Es muss so viel Geld aufgetrieben werden, dass auch die Regierung Di Rupo vermutlich nicht an einschneidenden Maßnahmen vorbeikommen wird.
De Standaard schließt sich dieser Hoffnung an und gibt zu bedenken, dass sowohl ein Indexsprung als auch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer kein Tabu darstellen sollten, wenn auf der anderen Seite dadurch eine deutliche Verringerung der Arbeitskosten herausspringt. Bei etwas gutem Willen und Mut müssten solche Entscheidungen möglich sein.
Kaum jemand kauft noch Autos
Verschiedene Blätter unterstreichen die sich immer schwieriger gestaltende wirtschaftliche Lage des Landes.
So meldet Het Laatste Nieuws auf seiner Titelseite, dass der Autoverkauf mit einem Minus von über elf Prozent gegenüber dem Vorjahr förmlich eingebrochen ist. Lediglich die deutschen Modelle lassen sich noch relativ gut an den Mann bringen. Im gleichen Zusammenhang heißt es zu der Beförderung des europäischen Ford-Chefs Stephen Odell, der noch letzte Woche das Werk in Genk schloss: So geht das nun mal im amerikanischen Betriebsleben: Wer sein Ziel erreicht, der wird befördert, ohne Rücksicht auf die Gefühle der entlassenen Arbeitnehmer.
L'Echo beklagt ebenfalls die schleppende Konjunkturentwicklung und schreibt dazu: Normalerweise werden hierzulande im Groß- und Kleinhandel jährlich bis zu 4.000 neue Arbeitsplätze geschaffen. In diesem Jahr ist jedoch kein einziger dazugekommen. Dies ist umso bedenklicher, wenn man weiß, dass auch andere wichtige Branchen wie der Stahl-, Textil- und Informatiksektor zunehmend unter der Krise leiden.
"Obama hat eine zweite Amtszeit verdient"
Das zweite Schwerpunktthema bilden, wie eingangs erwähnt, die amerikanischen Präsidentschaftswahlen am kommenden Dienstag.
Le Soir vergleicht die beiden Kandidaten Obama und Romney und beleuchtet ihre Vision, ihre Persönlichkeit und ihr Umfeld auf zehn Sonderseiten.
De Morgen findet, dass Obama als Präsident zwar nicht umwerfend ist, doch sind seine Ideen zumindest die unseren. Jedenfalls steht er mental wesentlich dichter bei Europa als Romney. Die Republikaner bezeichnen Obama zwar gerne als Sozialisten, der in den USA einen Versorgungsstaat nach europäischem Modell einführen will, doch das hat mit den wirklichen Absichten des amtierenden Präsidenten absolut nichts zu tun.
L'Echo ist der Meinung, dass Obama eine zweite Amtszeit verdient hat. Er hat zwar viele seiner Ziele nicht erreicht, doch darf man nicht vergessen, dass es, seit er am Ruder ist, eine Reihe von Rückschlägen gegeben hat, an denen ihn keine Schuld trifft. Ein Glück hat er allerdings ganz bestimmt, nämlich die Tatsache, dass sein republikanischer Herausforderer Romney nicht in der Lage ist, seine eigenen Rezepte zum wirtschaftlichen Aufschwung an den Mann zu bringen.
Archivbild: Nicholas Kamm/Saul Loeb (afp)