In den Vereinigten Staaten stellt der Jahrhundertsturm Sandy den Wahlkampf in den Schatten. Ein Busunglück in Jordanien mit vier belgischen Todesopfern sorgt hierzulande für Trauer. In Brüssel gehen die Verhandlungen um die Haushaltssanierungen weiter, wobei die Ideen der PS für Stirnrunzeln sorgen.
"Der Hurrikan Sandy lässt die USA zittern", titelt La Libre Belgique. "Der Orkan nähert sich den Küsten, New-York wird großflächig evakuiert; der Wahlkampf wird durcheinandergebracht“, schreibt De Morgen. New York bereitet sich auf den "Frankensturm" vor, so die Schlagzeile von Het Laatste Nieuws. "Frankensturm", weil der Hurrikan enorme Ausmaße hat. Allein in New York wurden knapp 400.000 Menschen evakuiert, die potenzielle Gefahrenzonen bewohnen. Insgesamt sind 66 Millionen Amerikaner durch den Sturm bedroht.
Traumreise mit bösem Ende
Das große Thema ist aber heute das schreckliche Busunglück in Jordanien. "Vier Belgier tot bei Busdrama in Jordanien", titelt Het Belang Van Limburg, darunter sind die Fotos der vier Opfer. "Verunglückt auf Traumreise", schreibt Het Laatste Nieuws. Het Nieuwsblad braucht denselben Begriff: "Traumreise endet im Drama", schreibt das Blatt. Gazet Van Antwerpen zeigt auf Seite eins den Unglückort und titelt: "Autobahn in den Tod". "Horror auf der Wüstenstraße", so die Schlagzeile von La Dernière Heure.
Am Samstag war ein Touristenbus auf einer Autobahn in der jordanischen Wüste mit einem entgegenkommenden Fahrzeug kollidiert. Offenbar war der Anhänger des Unglücks-LKW ins Schleudern geraten. Dessen Fahrer wurde verhaftet. Der Reiseveranstalter Thomas Cook hat eine Sondermaschine gechartert, die die Angehörigen der Opfer nach Jordanien gebracht hat.
EU-Kurs ahoi?
In Brüssel verhandelt die Regierungsspitze indes weiter über die Eckpunkte des Haushalts 2013. Neben der Haushaltssanierung werden auch Maßnahmen zur Neuausrichtung des Arbeitsmarktes und zur Wiederankurbelung der Wirtschaft erwartet. In diesem Zusammenhang hatte die PS-Vizepremierministerin Onkelinx dafür plädiert, vom EU-Haushaltsfahrplan abzuweichen. Statt gnadenlos zu sparen, sollte man vielmehr Geld in die Hand nehmen, um das Wachstum zu fördern, glaubt die PS-Spitzenpolitikerin.
Het Belang van Limburg hält das für keine gute Idee. Sollte Belgien den EU-Kurs verlassen, dann würde das Misstrauen an den Finanzmärkten schüren. Die Folge: Die Zinsen auf die belgische Staatsschuld würden steigen. Die Regierung kommt nicht an harten Sparmaßnahmen vorbei. Und zugleich müssen jetzt die Weichen gestellt werden, um das Land zumindest mittelfristig wieder konkurrenzfähig zu machen.
Für Gazet van Antwerpen spielt die PS "Panikfußball". Auf der einen Seite üben die Gewerkschaften, insbesondere die wallonische FGTB erheblichen Druck auf die PS aus. Auf der anderen Seite drohen jetzt harte Einschnitte, sogar ein Indexsprung liegt auf dem Tisch. Wenn Onkelinx jetzt also den EU-Haushaltsfahrplan aussetzen will, dann ist das Ausdruck schierer Verzweiflung. Zum Glück ist sie isoliert. Denn die Zeiten, in denen man die Rechnung einfach den folgenden Generationen überließ, die sind endgültig vorbei.
Zitronenpresse
Auf frankophoner Seite bringt man derweil mehr oder weniger Verständnis für die Onkelinx-Forderungen auf. Die Frage, ob man die strengen EU-Vorgaben nicht krisenbedingt aussetzen sollte, ist zumindest berechtigt, meint etwa L'Avenir. "Wie soll man die Wirtschaft ankurbeln, wenn man die Bürger auspresst wie eine Zitrone?" fragen sich auch immer mehr politisch Verantwortliche. Fazit ist wohl: Beim Schnüren des Budgets 2013 wird sich die Regierung wohl pragmatischer und erfinderischer denn je zeigen müssen.
Le Soir beleuchtet heute eine Maßnahme, die so gar nicht in den derzeitigen Krisenkontext passen will: Ab dem 1. November wird die Arbeitslosenunterstützung mit der Zeit deutlich schneller abnehmen als bisher. Solche Maßnahmen sind weltfremd, meint das Blatt. Die Befürworter glauben zwar, damit eine neue Dynamik in den Arbeitsmarkt zu bringen, indem man eben dafür sorgt, dass sich die Leute auf die Hinterbeine stellen. Dann sollte man dafür aber auch die Rahmenbedingung schaffen. Hier zahlen unterm Strich die Schwächsten der Gesellschaft die Zeche.
Vollgas geben oder von der Krise eingeholt?
Genau solche Maßnahmen schweben aber insbesondere den flämischen Arbeitgebern vor. Der Unternehmerverband Voka plädierte in der RTBF unter anderem für eine Spaltung der sozialen Sicherheit. Die Voka macht sich damit zur politischen Partei, kritisiert Het Laatste Nieuws. Mit dem einen Unterschied, dass der Arbeitgeberverband nicht zur Wahl steht. Wenn diese Forderung auch einfältig und zu kurz gegriffen ist, Fakt ist, dass die Regierung jetzt die Ärmel hochkrempeln muss. Sie ist von der Krise eingeholt worden. Das Regierungsprogramm ist überholt. Das Land braucht jetzt noch viel entschlossenere Maßnahmen zur Bekämpfung der Krise. Jetzt heißt es Vollgas geben!
"Die Regierung Di Rupo ist auf der Suche nach einem zweiten Atem", titelt denn auch De Standaard, Kommentierend fügt das Blatt hinzu: Im Augenblick legt die Regierung die Basis, die 2014 über Sieg oder Niederlage entscheiden wird. Ausgerechnet in diesem Schlüsselmoment mangelt es aber an Entschlossenheit und Führungsqualität. Di Rupo und Co verschließen sich vor Teilen der Realität. Glaubwürdig bleibt man aber nur, wenn man auf die geänderten Umstände reagiert und entsprechend handelt. Und wenn man dabei das Regierungsabkommen außer Kraft setzten muss.
Windräder der Zukunft
De Morgen glaubt, einen Teil der Lösung zu kennen: "Bis zu 30.000 Arbeitsplätze im Bereich der Sauberen Energie", titelt das Blatt. Viele Arbeiter, die etwa in der Autoindustrie entlassen werden, könnten demnach Windräder bauen. Belgien profitiert einfach noch nicht genug vom Wachstum bei den erneuerbaren Energien.
N-VA-Chef Bart De Wever zog derweil gestern in der VRT ein spektakuläres Fazit: Laut De Wever ist Flandern dabei, sich zu "wallonisieren". Der ehemalige flämische FGTB-Gewerkschafter Jos Digneffe verglich De Wever daraufhin auf Facebook mit Hitler.
Parallel dazu sind einige N-VA-Bürgermeister mit Todesdrohungen konfrontiert. Bart De Wever selbst fand in seiner Hauseinfahrt einen Schweinekopf. Seither bekommt er eine Sonderbewachung, wie De Morgen berichtet.
Het Nieuwsblad greift in seinem Leitartikel beide Vorfälle auf. Es ist doch bezeichnend, meint das Blatt: Die Gegner von De Wever und seiner N-VA halten sich selbst für die Verteidiger der Demokratie. Ihre Methoden sind aber zutiefst undemokratisch. Politiker zu bedrohen oder wie im Fall Digneffe, eine Partei verbieten zu wollen, das hat mit Demokratie nichts zu tun. Und diejenigen, die Todesdrohungen an Politiker aussprechen, sind eine größere Bedrohung für unsere Demokratie als gleich welcher Politiker. Der muss sich nämlich alle paar Jahre dem Wähler stellen.
Bild: VRT