"Wer am Sonntag nicht wählen geht, wird nicht bestraft", schreibt Gazet van Antwerpen auf Seite eins. Auch auf der Titelseite von Het Belang van Limburg erklärt Justizministerin Annemie Turtelboom, Wahlverweigerer werden nicht verfolgt. In Belgien besteht Wahlpflicht, doch seit 2003 hat die Justiz keine Strafverfahren mehr eingeleitet.
Wer nicht wählt, wird nicht bestraft
Die Folge - so hält die Zeitung fest: Immer mehr Belgier bleiben zuhause. Bei den letzten Wahlen im Juni 2010 sind fast 800.000 Wahlberechtigte nicht erschienen. Jeder zehnte Wähler kommt seiner Pflicht also nicht nach.
"Endlich redet eine Ministerin Klartext", findet Het Laatste Nieuws. Ein Gesetz, das seit Jahrzehnten nicht mehr eingehalten wird, ist sinnlos.
Deswegen sollte man die Wahlpflicht besser abschaffen, findet auch Gazet van Antwerpen. Denn die Menschen zur Wahlurne zwingen, macht aus vielen unzufriedenen Bürgern Protestwähler. In Europa halten neben Belgien nur noch Luxemburg, Griechenland und Zypern an der Wahlpflicht fest. In allen anderen Staaten gilt Wahlrecht. Sind die Länder deswegen weniger demokratisch? Nein, sagt das Blatt, denn die Politiker müssen sich jedes Mal aufs Neue ins Zeug legen und ihre Wähler mobilisieren. Das stärkt die Demokratie, hält das Blatt fest.
Ausschlafen am Wahlsonntag?
Ganz anderer Meinung ist La Libre Belgique. Turtelbooms Aussagen sind lächerlich. Die Zeitung fragt: Gibt es ein Land auf der Welt, in dem eine Ministerin ankündigt, dass die Justiz ihre Arbeit nicht machen wird? Welch verabscheuenswertes Signal! Die liberale Open VLD hat sich zwar bereits für die Abschaffung der Wahlpflicht ausgesprochen, dafür wird sie aber noch lange nicht aus der Verfassung gestrichen.
L'Avenir meint ebenfalls: Mit ihrer ungeschickten Aussage könnte die Justizministerin zahlreiche Wähler aufgewiegelt haben, am Sonntagmorgen im Bett liegen zu bleiben und ihrer bürgerlichen Pflicht nicht nachzukommen. Damit trägt sie zur Politikverdrossenheit bei und liefert den Nichtwählern ein gutes Argument.
Für La Libre Belgique steht der große Gewinner vom Sonntag schon fest. Sein Name: Bart De Wever. Die Nationalisten können überall in Flandern mit 20 bis 25 Prozent der Wahlabsichten rechnen. L'Echo wirft einen Blick auf die flämische Hochburg Antwerpen, in der der Zweikampf De Wever gegen Bürgermeister Janssens zur Zerreißprobe für die Föderalregierung und zur Generalprobe für die Monsterwahl 2014 werden könnte.
Provinzen vor dem Aus?
L'Avenir befasst sich mit dem Schicksal der Provinzen. Die fünf wallonischen Provinzialräte wurden verkleinert. Auch die Provinzregierungen zählen künftig weniger Deputierte. Die Verschlankungskur sieht die Zeitung als Zwischenschritt vor der möglichen Abschaffung der veralteten Instanzen. Het Belang van Limburg stellt fest: Auch die flämischen Provinzen werden moderner und besser arbeiten müssen. Ansonsten droht ihnen über kurz oder lang das Aus.
Unter anderem La Dernière Heure befasst sich mit dem Tod eines Siebenjährigen in der Brüsseler Stadtgemeinde Jette. Der Junge ist am Mittwochnachmittag beim Fußballtraining zusammengebrochen und kurze Zeit später an den Folgen eines Herzinfarkts gestorben. Offenbar hatte der Schüler einen Herzfehler, der bislang unentdeckt geblieben war. Der belgische Fußballbund fordert schon länger eine ärztliche Untersuchung für seine 400.000 Mitglieder.
Belgisch-amerikanische Dopingmaschinerie
Wie Le Soir und De Standaard berichten, steckt hinter dem Dopingskandal um den amerikanischen Radprofi Lance Armstrong der Belgier Johan Bruyneel. Er soll der Kopf der Dopingmaschinerie gewesen sein, bei der jeder mitmachen musste. Die amerikanische Anti-Dopingagentur erhebt schwere Vorwürfe gegen Armstrong und Bruyneel. Der über 1.000 Seiten starke Bericht zeigt, wie systematisch eine ganze Generation von Radprofis zu Epo, Testosteron und Blutdoping gegriffen hat.
Schlimmer noch: Das Schuldbewusstsein ist klein oder überhaupt nicht vorhanden, frei nach dem Motto: "Jeder hat's gemacht". Het Nieuwsblad meint: Für Bruyneel, derzeit noch Manager beim amerikanischen Team Radioshack, ist kein Platz mehr in der Radsportwelt.
Fußballfieber in Serbien und Heikant
Die Zeitungen blicken auch auf die Fußball-Begegnung des Abends. "Verboten, zu verlieren", titelt Het Nieuwsblad. Belgien tritt im dritten WM-Qualifikationsspiel in Belgrad gegen Serbien an.
Auf dem Papier sind die Roten Teufel zwar die stärkste Mannschaft, notiert L'Avenir. Doch sie müssen sich auf die ganz besondere Stimmung im serbischen Stadion gefasst machen.
Wie Gazet van Antwerpen schreibt, greift das Fußballfieber landesweit um sich. In der kleinen Ortschaft Heikant haben Fans der Roten Teufel ihre Stammkneipe in ein schwarz-gelb-rotes Stadion verwandelt. Dort warten sie mit Spannung auf den Anpfiff.
Archivbild: Dirk Waem (belga)