Viele Zeitungen berichten auch über den nicht besonders herzlichen Empfang für die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel in Griechenland. weitere Themen sind die sogenannte “Roulette-Steuer“ und verschiedene Fußballskandale.
“Psychiater gesteht jahrelangen Missbrauch von Patientinnen“, titeln fast gleichlautend Het Nieuwsblad und Gazet van Antwerpen. “Psychiater missbraucht 20 Jahre lang Patientinnen“, so die Schlagzeile von Het Laatste Nieuws. “Therapeut hat über Jahre hinweg Sex mit Patienten“, schreibt Het Belang van Limburg auf Seite eins.
In Flandern sorgt ein spektakuläres Geständnis für Diskussionsstoff. In einer VRT-Fernsehsendung hat ein renommierter Psychiater und Uni-Professor zugegeben, dass er 20 Jahre lang sexuelle Beziehungen mit Patientinnen gehabt hat. Es seien aber erwachsene Frauen gewesen, die zudem nicht gegen ihren Willen gehandelt hätten, zitiert ihn unter anderem Het Laatste Nieuws. Nichtsdestotrotz steht auch der Vorwurf der Vergewaltigung im Raum, hebt Het Nieuwsblad hervor.
Noch gestern Abend entschied die Katholische Universität Löwen, den Mann bis auf weiteres von seinem Lehrauftrag zu entbinden. Zugleich hat sein Arbeitgeber, eine Fachklinik in Tienen, das Arbeitsverhältnis mit dem Psychiater mit sofortiger Wirkung beendet. “Spitzen-Psychiater entlassen“, titelt denn auch De Standaard. Der 63-jährige Walter Vandereycken war auf die Behandlung von Ess-Störungen spezialisiert. Besagte Fachklinik in Tienen hat bereits Kontakt aufgenommen mit 35 Patienten, die bei ihm in Behandlung waren.
Die Spitze des Eisbergs?
Fachleute hoffen nun auf einen “Vangheluwe-Effekt“, schreibt De Morgen. Im Klartext: Es ist denkbar, dass im Fahrwasser der Affäre um den Psychiater Walter Vandereycken weitere Fälle von Missbrauch in psychiatrischen Einrichtungen bekannt werden. Er sei überzeugt, dass da noch mehr ans Licht kommen werden, zitiert De Morgen keinen geringeren als den Rektor der Uni Löwen.
Auch Het Nieuwsblad zieht in seinem Leitartikel Parallelen zur Affäre Vangheluwe. Klar gibt es Unterschiede: Bei Vandereycken gibt es offensichtlich Schuldbewusstsein. So sagt er selbst, dass sein Verhalten falsch war. Vielleicht ist Vandereycken aber einfach nur schlauer. Allerdings redet er, wie auch Vangheluwe, die Sache klein. Eine weitere Gemeinsamkeit: In beiden Fällen stehen die Täter in einem Machtverhältnis mit ihren Opfern, die sich zudem in einem Moment der Schwäche befanden. Insofern geht es in beiden Fällen um Machtmissbrauch. Und es gibt noch eine Parallele: Auch in der Welt von Vandereycken wussten viele Kollegen von der dunklen Seite des Psychiaters. Doch auch hier wurde artig geschwiegen.
Merkels Empfang in Griechenland
Geprägt werden die Titelseiten auch von Fotos von den gestrigen Straßenprotesten in Athen. Dort war die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel zu Besuch, um mit ihrem griechischen Amtskollegen Samaras über die Krise zu sprechen. Begleitet wurde der Besuch von einer Kundgebung, bei der einige Demonstranten doch eine drastische Bildsprache gewählt haben: Sie standen da in Wehrmachtsuniform mit Armbinde, den rechten Arm zum Hitlergruß gehoben, wie auf der Titelseite von Het Laatste Nieuws oder Het Nieuwsblad zu sehen. Auf Seite eins von De Morgen prangt eine Hakenkreuzfahne. Und auf der Titelseite von Le Soir und L'Echo sieht man ein riesiges Plakat, das Angela Merkel mit Hitlerschnauzbart zeigt.
Aber Frau Merkel hat die Botschaft verstanden, bemerkt Le Soir in seinem Leitartikel. Angela Merkel hat den Griechen gegenüber ihr Mitgefühl zum Ausdruck gebracht. Ihr Besuch in Athen hat zudem nicht zu unterschätzenden Symbolkraft: Noch einmal wird deutlich, dass Griechenland seinen Platz in der Eurozone hat, und dass Berlin sich dafür einsetzen wird.
Apropos: “Europa droht eine zehnjährige Wirtschaftskrise“, so die beängstigende Schlagzeile von La Libre Belgique. Hintergrund: Eine Reihe von Wirtschaftsparametern ist im roten Bereich. Die Krise ist wohl noch längst nicht überwunden.
“Europa knebelt die Spekulanten“, titelt derweil De Morgen. L’Echo und das Grenz-Echo sind präziser: “Finanztransaktionssteuer im kleinen Rahmen, nämlich in elf EU-Staaten“, so die Schlagzeile. Diese Länder wollen also den Handel mit Aktien, Obligationen und sonstigen Finanzinstrumenten künftig besteuern.
Roulette-Steuer
In seinem Kommentar jubelt De Morgen: “Endlich hat man sich zu einer Roulette-Steuer durchringen können“. Hier geht es letztlich darum, dafür zu sorgen, dass das Steuersystem gerechter wird. Zwar ist es schade, dass bislang nur elf EU-Staaten mitmachen wollen. Doch es gilt schließlich: Es sind nicht die Mitläufer, sondern die Anführer, die die Welt verändern.
De Standaard ist da weniger optimistisch. Die sogenannte Tobin-Steuer geistert schon seit 1971 durch die Köpfe. Jetzt, wie sie plötzlich Wirklichkeit werden könnte, besteht allerdings nicht wirklich Grund zur Freude. Es mag nämlich so aussehen, dass am Ende wieder nur die kleinen Akteure die Zeche zahlen. Die “großen Jungs“ werden schon Mittel und Wege finden, die Steuer zu umgehen.
Aufwachen, Belgien!
Einige Blätter befassen sich mit einem Buch, das soeben erschienen ist: “Wake up Belgians!" (Belgier wacht auf), so der Titel des Werks, in dem zehn Persönlichkeiten eine Lanze brechen für ein geeintes Belgien. Darunter ist neben Herman De Croo und Mark Eyskens auch DG-Ministerpräsident Karl-Heinz Lambertz verteidigt bei der Gelegenheit noch einmal seine Vision eines “Belgiens zu viert“, wie La Libre Belgique hervorhebt. L‘Avenir findet es seinerseits bedauerlich, dass die einzelnen Beiträge nur in der Muttersprache des jeweiligen Autors abgedruckt wurden. Ohne Übersetzung. Damit können wohl nur die wahren Belgier, die also die drei Landessprachen beherrschen, die Tragweite des Buchs erfassen. Allerdings, so fragt sich L’Avenir: Wie viele mögen das sein?
"3.000 Jobs im Krankenhauswesen bedroht", so die beängstigende Schlagzeile in Le Soir. Hintergrund: Die Regierung verbietet ab Januar jegliche Zuzahlungen für Doppelzimmer. Damit verlieren die Krankenhäuser viel Geld, und deswegen müssten sie wohl Personal abbauen, warnt der Sektor.
Fußball: Wettskandal, Geldwäsche und ein Mea Culpa
“Schwarzer Tag für den belgischen Fußball“, schreibt indes La Dernière Heure auf Seite eins. Gestern sind ja gleich zwei Affären in eine Stromschnelle geraten. Im Zusammenhang mit dem Wettskandal werden sich 31 Beschuldigte vor einem Strafgericht verantworten müssen. Und auch in der Affäre um mutmaßliche Geldwäsche und Steuerhinterziehung bei Standard Lüttich werden offiziell 33 Personen der Mittäterschaft beschuldigt.
Und noch ein Fußballer macht von sich reden. Fast alle Zeitungen berichten in großer Aufmachung vom Mea Culpa des Fußballprofis Jonathan Legear. Der war mit seinem Porsche in einen Tankstellenshop gebrettert. Und das war nicht sein erster spektakulärer Unfall. Auf der Titelseite von L’Avenir und auch Het Belang van Limburg und Het Laatste Nieuws gelobt er Besserung. Er wolle sich jetzt am Riemen reißen und ein Fahrtraining absolvieren.
Bild: VRT