Kommentiert werden sie vor allem in den flämischen Blättern, wobei das Abschneiden der N-VA deutlich im Mittelpunkt steht. Offenbar gehen die meisten Kommentatoren davon aus, dass ein Durchbruch der Nationalisten von Bart De Wever nicht nur in der Kommunalpolitik Folgen haben wird, sondern wahrscheinlich auch auf flämisch-regionaler und auf nationaler Ebene.
Het Belang van Limburg notiert zur Kommunalwahl in Flandern: In den Provinzhauptstädten werden die Sozialisten aller Voraussicht nach ihre Position halten und die Bürgermeister stellen können.
Einzige Ausnahme ist Antwerpen, wo N-VA-Kandidat Bart De Wever den jüngsten Umfragen zufolge das Rennen gegen den amtierenden Bürgermeister für sich entscheiden wird.
Das letzte Wort jedoch werden am 14. Oktober die Wähler sprechen, und viele von ihnen sind derzeitig noch unentschlossen. Die Parteien haben noch genau eine Woche Zeit, sie von sich zu überzeugen. Mit Sicherheit kann man davon ausgehen, dass es in diesen letzten Tagen vor der Wahl mancherorts hart auf hart gehen wird.
Die Zeche zahlt der Vlaams Belang
Het Laatste Nieuws geht davon aus, dass die N-VA auf lokaler Ebene vor dem Durchbruch steht. Damit bekommt die Partei die Basis, die ihr bisher noch fehlte. Eine Überraschung ist das nicht, auch wenn sicherlich nicht zu erwarten ist, dass die N-VA in den meisten Städten und Gemeinden Flanderns gleich zur größten Partei wird. Den Umfragen zufolge liegt ihr Potenzial zwischen 15 und 35 Prozent, so dass die Nationalisten ihre Präsenz in den Rathäusern auf jeden Fall deutlich verstärken werden. Die Zeche dafür wird in erster Linie der Vlaams Belang zahlen, dem die Wähler scharenweise in Richtung N-VA davonlaufen.
De Morgen sieht noch einen zweiten großen Verlierer, nämlich die Christlich-Sozialen von der CD&V. Allem Anschein nach gehen sie einem desaströsen Wahlergebnis entgegen, so dass die Parteiverantwortlichen am vergangenen Donnerstag zu Krisenberatungen zusammentrafen. Ebenfalls auf der Strecke bleiben könnten in weiten Teilen Flanderns die Liberalen, während für die De Wever-Partei diese Wahl der entscheidende Schritt für die Entwicklung zu einer großen konservativen Volkspartei in Flandern darstellt.
Ein Denkmal für Bart De Wever
Dem zu erwartenden Vormarsch der flämischen Nationalisten gilt auch der Leitartikel von La Libre Belgique. Dazu heißt es unter anderem: Wenn Bart De Wever in Flandern zu der Ikone geworden ist, die er heute darstellt, dann ist das nicht in erster Linie auf die Kritik der Frankophonen an seine Adresse zurückzuführen, und auch nicht auf seine Argumente. Schuld daran ist vielmehr die Tatsache, dass es in Flandern offenbar keinen Politiker von Format gibt, der in der Lage wäre, De Wever eine starke und kohärente Alternative entgegen zu setzen und seine oftmals fadenscheinigen Argumente zu demontieren.
Stattdessen bemühen sich die meisten flämischen Politiker, ihn ganz einfach zu imitieren. Auch die flämischen Arbeitgeber haben ihm inzwischen ein Denkmal gesetzt, weil er angeblich auf ihrer Seite steht, vergessen darüber jedoch, dass er ein Populist, Nationalist und Separatist ist. Vielleicht haben sie aber auch diese Realität längst erkannt und versuchen sie nur zu vertuschen.
Auch Le Soir konzentriert sich auf die möglichen Folgen eines guten Abschneidens der N-VA in Flandern. Die Frankophonen stehen dem machtlos gegenüber. Entscheidend ist in diesem Fall, ob die anderen flämischen Parteien die Kraft und die Nerven haben, damit fertig zu werden und ihre Teilnahme an der Föderalregierung bis zu den Wahlen 2014 fortzusetzen. Sie alleine entscheiden, ob der kommunale Urnengang vom 14. Oktober allein lokalpolitische Bedeutung hat oder ob sie De Wever den Gefallen tun, daraus eine große nationale Entscheidung zu machen.
Vielleicht entscheidende Weichenstellung
Auch das GrenzEcho befasst sich in einer heute beginnenden Serie mit möglichen innenpolitischen Auswirkungen des kommunalen Urnengangs. Kommentierend heißt es dazu: Sollte die N-VA tatsächlich als großer Sieger dieser Wahlen hervorgehen, wird Belgien nicht sofort auseinanderfallen, doch die Nervosität sicher zunehmen. Das Schicksal der Föderalregierung hängt aber wesentlich davon ab, wie sie in Flandern beurteilt wird. Insofern muss das kommende Jahr genutzt werden, um in Belgien die Weichen für die Zukunft zu stellen, bevor man sich ein Jahr später erneut dem Wähler präsentiert. Andernfalls wird es 2014 nach der “Mutter aller Wahlen“ eng für die jetzige Föderalregierung, aber auch für Belgien.
Bild: Yorick Jansens (belga)