“Flandern ist bereit für eine Revolte“, schreibt Het Laatste Nieuws auf Seite eins. Das sind die Worte von Bart De Wever. Der N-VA-Chef sieht in einem Interview mit der französischen Nachrichtenagentur AFP Anzeichen für ein baldiges Auseinanderbrechen des Landes. Die Spannungen zwischen Flamen und Wallonen seien fast schon nicht mehr tragbar.
Zeitgleich hat die flämische Regierung ihre jährliche Erhebung über die Befindlichkeiten der Flamen veröffentlicht. Daraus geht hervor: Acht von zehn Flamen sind zufrieden. Flandern belegt in der Rangliste der reichsten Europäer den dritten Platz. 86 Prozent aller Flamen sind mit ihrer Lebenssituation zufrieden.
Revolte der Glücklichen?
“Wir in Flandern sind schon ein glückliches Völkchen“, meint dazu Het Laatste Nieuws in seinem Leitartikel. Und, man höre und staune: Acht von zehn Flamen fühlen sich nie unsicher. Zum Mitschreiben: nie! Diese Erhebung wirft Fragen auf. Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder, derlei Studien taugen nichts. Oder, der gemeine Flame ist vollkommen schizophren. Auf der einen Seite scheint er quasi wunschlos glücklich zu sein, auf der anderen Seite läuft er miesepetrigen Propheten hinterher, die ihm einreden, dass alles schlecht ist. Vielleicht ist es ja so, dass der Flame schlicht und einfach Angst hat, sein schönes Leben zu verlieren.
De Standaard sieht das ähnlich. Bart De Wever schwadroniert über eine demokratische Revolte, während besagte Studie aussagt, dass der Flame sich alles in allem gut fühlt. Wie passt das zusammen? Nun, man muss die Zahlen richtig lesen. Der Studie zufolge hegt der Flame etwa auch ein großes Misstrauen dem Staat gegenüber. Hinzu kommt: Einerseits will der Flame Veränderung, zugleich hat er aber Angst davor. Und hier liegt des Pudels Kern. Der eigentliche Grund für die Verschiebung der politischen Kräfteverhältnisse liegt in der Angst vor dem Unbekannten.
Unpässliches Stühlerücken
Einige Zeitungen befassen sich auch heute mit den anstehenden Kommunalwahlen. Am Tag nach der Wahl vom 14. Oktober steht wohl in der Föderalregierung ein Stühlerücken an. Das gilt insbesondere für die PS, wie Het Nieuwsblad hervorhebt. Paul Magnette wird aller Voraussicht nach Bürgermeister von Charleroi. Auch Laurette Onkelinx könnte in Schaerbeek die Mehrheit erobern. Für die Regierung sind das keine guten Neuigkeiten, meint Het Nieuwsblad in seinem Leitartikel. Die Equipe hatte ja schon von vornherein eineinhalb Jahre verloren. Wenn jetzt noch großartig Auswechslungen vorgenommen werden, dann wird ihre Schlagkraft noch einmal verringert. Dabei hat die Regierung Di Rupo eigentlich nur noch ein Jahr Zeit, um Maßstäbe zu setzen.
“Arbeit für die, die Arbeit suchen“
L’Avenir beschäftigt sich in seinem Kommentar mit einer bemerkenswerten Aussage. Raten Sie mal: Von wem kommt die Einschätzung: “In der Wallonie gibt es Arbeit für all diejenigen, die Arbeit suchen“? Nein, das hat kein Liberaler gesagt, sondern vielmehr kein geringerer, als der wallonische Ministerpräsident Rudy Demotte. Also: Rudy Demotte hat nicht gesagt, dass es Jobs für alle gibt. Sondern nur für diejenigen, die wirklich Arbeit suchen. Da kann man doch hinein interpretieren, dass es in der Wallonie durchaus Menschen gibt, die eben keine Arbeit suchen. Für einen PS-Politiker ist das fast schon eine ketzerische Aussage. Oder sagen wir mal: ungewöhnlich. Und das ausgerechnet wenige Tage vor einer Wahl.
Nötig oder idiotisch?
In Flandern sorgt ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg für Diskussionsstoff. Auf dem Tisch liegt ein Teilaspekt eines flämischen Dekrets, das unter dem Schlagwort “Wohnen in der eigenen Gegend“ bekannt ist. Die flämische Regierung will verhindern, dass Flamen in gewissen Regionen, wie etwa dem Brüsseler Rand, durch die hohen Immobilienpreise vertrieben werden. Deswegen gilt für potenzielle Hauskäufer eine Reihe von Bedingungen. Dagegen geklagt hatten unter anderem zwei FDF-Politiker. Und der zuständige Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofes sieht die Maßnahme in der Tat in Konflikt mit europäischem Recht. Hier würden individuelle Grundrechte eingeschränkt.
Die Frankophonen haben hier ein mieses Spiel gespielt, meint dazu Gazet van Antwerpen. Sie haben ganz bewusst mal wieder eine flämische Maßnahme zur Karikatur gemacht. Dabei geht es hier prinzipiell um eine nachvollziehbare und ehrbare Sache: Den Flamen soll es ermöglicht werden, in ihrer Umgebung bezahlbaren Wohnraum zu finden. Deswegen sollte die flämische Regierung schon mal an Alternativen arbeiten.
De Morgen sieht das ganz anders. Das Ganze ist doch vielmehr der amateurhafte Versuch, das Problem des teuren Baugrunds zu lösen. Denn es hat sich längst gezeigt: Die Maßnahme hat keinen Effekt. Die Preise haben sich keinen Deut nach unten bewegt. Zwar hat jeder das Recht, unter seinem eigenen Kirchturm wohnen zu bleiben. Aber andererseits leben wir nun mal in einem freien Land. Hoffentlich folgt der Europäische Gerichtshof dem Standpunkt des Generalanwalts. Solche idiotischen Maßnahmen haben in Flandern keinen Platz.
"Belgischer Diplomat der Spionage bezichtigt", titelt Het Nieuwsblad: der Mann soll sensible Informationen den Russen weitergegeben haben. Der verdächtigte Diplomat hat schon in New York, Tokio, Lissabon und zuletzt Kopenhagen gearbeitet.
Symptome der Krise
"Brussels Airlines soll zum Laboratorium für deutsche Flexibilität werden", so die Titelgeschichte von la Libre Belgique. Brussels Airlines muss sich ja neu aufstellen, da die Gesellschaft Verluste macht. Und da will man sich offenbar an Deutschland orientieren.
325.000 Belgier können ihre Schulden nicht mehr bezahlen, titelt Le Soir. Demnach schlägt die Überschuldung in diesem Land alle Rekorde. Ursache ist "natürlich" die Krise.
50 Jahre 007
Fast alle Zeitungen begehen schließlich heute einen runden Geburtstag. La Dernière Heure widmet dem Ereignis sogar mehrere Sonderseiten: James Bond wird heute 50 Jahre alt. Der erste James Bond Film hatte am 5. Oktober 1962 in London Premiere. Titel: “James Bond 007 jagt Dr. No“. La Libre Belgique hat sogar ihr Logo geändert: das "i" von "Libre", das ist James Bond.
Und noch ein Geburtstag, unter anderem auf Seite eins von Le Soir: ebenfalls vor 50 Jahren kam die erste Single der Beatles auf den Markt; Titel: "Love me do"...
Bild: Georges Gobet (afp)