"24 Stunden Streik bei der SNCB", titelt De Standaard auf Seite eins. "Der belgische Bahnverkehr liegt heute still", schreibt Het Laatste Nieuws und zeigt das Foto einer gestrandeten Reisenden am Dienstagabend im Hauptbahnhof von Antwerpen. "Endstation um 22.04 Uhr", so die Schlagzeile der Zeitung.
Endstation Bahnhof
Der 24-stündige Arbeitsausstand hatte bereits am Dienstagabend begonnen. Hunderttausende Pendler und Zugreisende müssen umdisponieren. Die meisten werden aufs Auto umsteigen - was im Berufsverkehr für mehr Staus sorgen dürfte. Andere nehmen heute lange Busfahrten in Kauf, arbeiten von zuhause oder im schlimmsten Fall müssen einen Tag Urlaub nehmen.
"Schon wieder ein Streik, der nichts bringt", meint Gazet van Antwerpen. Die Gewerkschaften sind gegen die Reformpläne des zuständigen Ministers Paul Magnette. Der will die mangelhafte Struktur der SNCB-Gruppe von bisher drei auf zwei Unternehmenszweige zurückfahren. Die Gewerkschaften dagegen fordern ein Einheitsunternehmen. Die Zeitung ist überzeugt: Den Reisenden ist es ziemlich egal, wie die Bahn strukturiert ist. Das Einzige, was sie zu Recht verlangen, sind saubere Züge, die pünktlich abfahren und ankommen.
"Geiselnahme am Gleis"
Auch das Grenz-Echo spricht von einer Geiselnahme am Gleis. Die über 30.000 Zugführer, Zugbegleiter, Schienenarbeiter und Bahnhofsmitarbeiter missbrauchen mit dem heutigen Streik ihre Machtposition. Und: Sie vergessen, beziehungsweise ignorieren, dass ein Streik im Zugverkehr das öffentliche Leben über Gebühr in Mitleidenschaft zieht.
L’Echo und La Dernière Heure finden die Protestaktion ebenfalls überzogen. Zum einen, weil die Verhandlungen über die Strukturreform gerade erst begonnen hatten. Festgefahren waren die Gespräche mit dem Kabinett von Minister Magnette noch lange nicht. Zum anderen, weil die Reformpläne die meisten Befürchtungen der Gewerkschaft nicht bestätigen: Das Einheitsstatut der Eisenbahner bleibt bestehen. Außerdem sollen Infrabel und SNCB in der Praxis intensiv zusammenarbeiten. Das Blatt schlussfolgert: Dieser Streik bringt überhaupt nichts, außer weiterem Frust bei den Zugreisenden und einem großen Schaden für die belgische Wirtschaft.
"Streik ist kontraproduktiv"
Das sieht L’Avenir anders. Das Defizit der SNCB-Gruppe steigt weiter und könnte zum Ende des Jahres vier Milliarden Euro erreichen. Die Investitionspolitik der Eisenbahngesellschaft für die nächsten Jahrzehnte ist ein großes Rätsel. Die aktuelle Struktur der SNCB-Gruppe ist eine Katastrophe. Drei Unternehmenszweige mit drei Direktoren, die sich gegenseitig Steine in den Weg legen. Die Verärgerung der Pendler ist groß: Die Pünktlichkeit hat in den letzten Jahren abgenommen, zu Stoßzeiten sind die Züge übervoll.
Das sieht Het Nieuwsblad ähnlich. Inhaltlich sind die Kritikpunkte der Gewerkschaften durchaus angebracht. Nur die Form ihres Protests ist kontraproduktiv. Mit dem erneuten Streik verlieren die Gewerkschaften weiter an Glaubwürdigkeit.
SNCB-Problemfall
De Morgen hält fest: Der Zug sollte eigentlich die Lösung sein, nicht das Problem. Eigeninteressen der Parteien und politische Spielchen haben aus der SNCB einen Problemfall gemacht. Die Schweiz und die Niederlande zeigen uns unterdessen, wie die Bahn besser genutzt werden kann. Zur Verminderung der Staus und der schädlichen Abgase. Außerdem fahren die Züge dort planmäßig, was den Reisenden eine Menge Stress erspart.
Schnell wieder an den Verhandlungstisch!
Le Soir ruft die Gewerkschaften und Minister Magnette auf, sich so schnell wie möglich wieder an den Verhandlungstisch zu setzen, denn wir wollen am Donnerstag aufatmen und nicht wieder verärgert in den Zug steigen.
Duschgel und Zahnpasta: Zu teuer
Wie De Standaard auf Seite eins berichtet, haben wir Belgier jahrelang zu viel für Pflegeprodukte wie Zahnpasta, Duschgel, Rasierschaum, Windeln, Waschpulver und Parfüm gezahlt.
"Die Supermärkte haben uns jahrelang betrogen", titelt Het Nieuwsblad auf Seite eins. Offenbar haben große Warenhausketten zwischen 2002 und 2007 illegale Preisabsprachen getroffen. Die belgische Wettbewerbsbehörde spricht vom größten Betrug in ihrer Geschichte. In den Fall verwickelt sollen sieben belgische Supermarktketten sein, darunter Carrefour, Delhaize und Colruyt. Die illegale Praxis der Preisabsprachen soll erst nach Hausdurchsuchungen in den Zentralen der Warenhäuser beendet worden sein.
Super-Betrug
Die großen Ketten riskieren ein Bußgeld von bis zu zehn Milliarden Euro. De Standaard meint: "Strafe muss sein". Bislang haben Hersteller und Händler die Wettbewerbsaufsicht nicht ernst genommen. Auf der anderen Seite beklagen sie sich aber, wenn der "marxistische" Verbraucherminister Johan Vande Lanotte eigenmächtig Höchstpreise diktieren will.
Die Geschäftswelt muss jetzt beweisen, dass sie es wirklich ernst meint mit der Konkurrenz. Ansonsten hat sie nichts anderes verdient als die Befehle der Regierung.
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