“Die N-VA schafft überall den Durchbruch, aber die Flutwelle bleibt aus“, titelt heute Het Laatste Nieuws. In Flandern sorgt eine Umfrage für Gesprächsstoff, die Het Laatste Nieuws zusammen mit der VRT in Auftrag gegeben hatte. Abgefragt wurden die Wahlabsichten in fünf flämischen Städten, nämlich Kortrijk, Ostende, Aalst, Mechelen und Genk. Fazit: Die N-VA kann zwar überall mit erheblichen Stimmenzuwächsen rechnen; es wird aber kein Erdrutschsieg.
Durchbruch, aber kein Tsunami
Die N-VA schafft es in keiner Stadt, ihr Ergebnis von der Parlamentswahl 2010 zu wiederholen. Die CD&V muss überall Verluste hinnehmen, aber die populären Leute können sich wohl im Bürgermeistersessel halten. "In Genk verliert die CD&V die absolute Mehrheit", titelt auch Het Belang Van Limburg, die sich ebenfalls auf besagte Umfrage bezieht. Zum ersten Mal überhaupt würden die Christdemokraten demnach in Genk einen Koalitionspartner brauchen.
Die Ergebnisse der Umfrage sind doch überraschend, meint Het Laatste Nieuws in seinem Leitartikel. Die N-VA wird zwar zu einem wichtigen neuen Faktor, aber nirgendwo wirklich dominieren. Die CD&V wird ihrerseits auch nicht abstürzen. Zwar muss sie Verluste hinnehmen, die Christdemokraten werden aber ihre Hochburgen halten können. Bemerkenswert vor allem: Trotz mieser Umfragen auf nationaler Ebene droht der Open-VLD in den Gemeinden kein Waterloo. Fazit: Lokale Wahlen sind keine nationalen Wahlen.
Auch Le Soir blickt heute nach Flandern. Das große Duell findet ja in Antwerpen statt, wo Bart De Wever den sozialistischen Bürgermeister Patrick Janssens herausfordert. In Antwerpen hat die Kommunalwahl denn auch durchaus den Wert eines flämischen Stimmungstests. Janssens richtet auf der Titelseite von Le Soir einen bemerkenswerten Appel an die Frankophonen. “Liebe Freunde, hört auf, De Wever zu kritisieren. Das hilft ihm nämlich nur. Mit jeder frankophonen Kritik wird De Wever in Flandern populärer“, sagt Janssens in Le Soir.
"Leterme schließt fleißig Vorwahlabkommen", schreibt De Morgen auf Seite eins. Yves Leterme ist ja inzwischen stellvertretender Generalsekretär der OECD in Paris. Offensichtlich zieht er aber in seiner Partei, der CD&V, hinter den Kulissen weiter die Strippen, zumindest in Westflandern, also in seiner Provinz.
Vorwahlabkommen und verhinderte Bürgermeister
Noch vor wenigen Tagen hatte Letermes Parteikollege Etienne Schouppe für einen Sturm der Entrüstung gesorgt mit seiner Einschätzung, dass wohl in bis zu 275 der 308 flämischen Gemeinden Vorwahlabkommen existieren. CD&V-Chef Wouter Beke hat daraufhin offensichtlich seinen Leuten den Mund verboten, wie Het Nieuwsblad heute berichtet. Nach einer Katastrophenwoche für das Image seiner Partei gebe es die parteiinterne Order, sich mit persönlichen Einschätzungen insbesondere mit Blick auf die föderale Politik zurückzuhalten.
La Libre Belgique bringt ein Interview mit dem CDH-Vorsitzenden Benoît Lutgen. Und der übt Kritik an den Liberalen und Sozialisten. "MR und PS spielen mit den Ängsten der Menschen", meint Lutgen in La Libre.
"Sind alle Wähler Machos?", fragt sich indes provokativ L'Avenir. Hintergrund: Bislang sind nur neun Prozent aller Bürgermeister BürgermeisterINNEN. Und auch in diesem Jahr tun sich die Frauen bei den Gemeinderatswahlen schwer.
Le Soir befasst sich in seinem Leitartikel mit den Politikern, die sich zwar auf kommunaler Ebene zum Bürgermeister wählen lassen, ihr Amt aber dann in der Praxis nicht ausüben. Das gilt zum Beispiel für Minister. Solche Leute nennt man “verhinderte“ Bürgermeister, die dann einen Statthalter einsetzen. Faktisch hat eine Gemeinde damit zwei Bürgermeister, beklagt Le Soir. Einen Bürgermeister auf dem Papier, und einen diensttuenden. Eine solche Situation ist ungesund. Und die Diskussion darüber ist von Scheinheiligkeit geprägt. Der angeblich verhinderte Bürgermeister zieht nämlich weiter die Strippen; in der Regel sucht er sich einen Statthalter, der ihn nicht in den Schatten stellt. Da gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder, man nennt Ross und Reiter und erlaubt Ämterhäufung. Oder man verabschiedet sich vom System der “verhinderten“ Bürgermeister und stellt die Di Rupos, Picqués und Antoines vor die Wahl: entweder ganz oder gar nicht.
Verpasste Chance
Auch das GrenzEcho widmet seinen Leitartikel den Wahlen vom 14. Oktober und im Besonderen den Wahlen zum Provinzialrat. Das Blatt stellt fest: Die ostbelgischen Parteien schicken nur politische Grünschnäbel ins Rennen. Hier wurde eine Chance verpasst, meint das GrenzEcho. Die Ostbelgier hätten ein Zeichen setzen können, wenn sie mit einer DG-Einheitsliste angetreten wären, um ihren gemeinsamen Standpunkt in Sachen Provinz klar zu untermauern. Stattdessen vermitteln sie den Eindruck, dass es tatsächlich immer nur um Pöstchen und Parteiinteressen geht.
Krise und kein Ende
“Die Krise kann noch zehn Jahre dauern“, so indes die deprimierende Schlagzeile von De Standaard. Das Blatt gibt damit die Meinung vieler Banker und Unternehmer wieder. Allgemein herrscht Pessimismus. Mit einer wirtschaftlichen Wetterbesserung sei erst mal nicht zu rechnen.
Het Nieuwsblad scheint diesen Eindruck zu untermauern. “Allein in diesem Monat wurden schon 1.350 Jobs vernichtet“, so die Schlagzeile auf Seite eins. Der September war ein schwarzer Monat für den belgischen Arbeitsmarkt. Das erinnert uns schmerzlich daran, dass die Krise noch längst nicht vorbei ist, mein Het Nieuwsblad in seinem Leitartikel. Die Regierung versteckt sich derzeit hinter der zugegebener Maßen positiven Feststellung, dass die Zinsen auf belgische Staatsanleihen im grünen Bereich liegen und der Haushalt auf Kurs ist. Das allerdings reicht nicht. Das Land braucht eine tiefgreifende Reform des Arbeitsmarkts. Umso ärgerlicher ist es, dass viele föderale Minister in ihren jeweiligen Gemeinden Wahlkampf machen, statt sich mit der Zukunft des Landes zu beschäftigen.
Die Regierung muss die Wirtschaft wieder ankurbeln, mahnt auch De Standaard. Wenn man schon kein Geld hat und auch die Steuern nicht erhöhen will, dann bleibt nur eins: dann muss man nach pfiffigen Lösungen suchen. Allerdings verplempern die Parteien ihre Kreativität, indem sie politische Spielchen spielen. Bart De Wever etwa hat die Interview-Multiplikation erfunden. Indem er ein Interview verweigerte, bekam er stundenlange Gratis-Sendezeit in Radio und Fernsehen. Es wäre schön, wenn unsere Politiker ihre Klugheit dazu verwenden würden, Wachstum zu schaffen.
FGTB: “Zugreisende sind egoistisch“
De Morgen kommt heute auf den Bahnstreik zurück, der für den kommenden Mittwoch angekündigt wurde. In einem Interview beklagt der Chef der FGTB-Eisenbahner, Jos Digneffe, die Tatsache, dass die Protestaktion in der Bevölkerung allgemein auf Ablehnung stößt. Nicht die Gewerkschaften seien egoistisch, sondern die Zugreisenden, poltert Digneffe in De Morgen. Den Gewerkschaften liege doch nur eine zukunftsfähige SNCB am Herzen. Zum Dank schwappe ihnen nur eine Welle von Hass entgegen.
Für diese Haltung hat der Leitartikler von De Morgen nur Kopfschütteln übrig. Es ist schon krass, wie der FGTB-Mann seinen Kunden ins Gesicht spuckt, indem er die Zugreisenden als die wahren Egoisten bezeichnet. Dabei ist doch offensichtlich, dass die Gewerkschaften in diesem Konflikt nur die eigenen Interessen vor Augen haben. Den Gewerkschaften mangelt es an Basisrespekt für die Zugreisenden. Digneffe und Co. streiken dabei nicht nur einen Betrieb kaputt, sondern machen auch jegliche Mobilitätspolitik im Ansatz zunichte. Wie kann man über nachhaltige Verkehrspolitik nachdenken, wenn man kein öffentliches Transportwesen hat, dem man vertrauen kann.
Dachs Royale
Viele Zeitungen wissen heute zu berichten, dass König Albert II. wohl ein neues Hobby hat. Der König versucht sich demnach als Tierfotograf. Het Nieuwsblad und Het Laatste Nieuws veröffentlichen heute auch schon das erste Erfolgserlebnis des Monarchen: Nach vier Stunden geduldigen Wartens gelang es dem König, einen ein Meter großen Dachs zu fotografieren.
Bild: Nicolas Maeterlinck (belga)