Zweites großes Thema ist die wachsende Nervosität zweieinhalb Wochen vor der Kommunalwahl, die mitunter bizarre Formen annimmt. Und schließlich macht auch eine ostbelgische Gemeinde im positiven Sinne von sich Reden.
“Der Druck der Straße befeuert die Eurokrise“, so die Schlagzeile von L'Echo. “Griechische Wut“, übertitelt De Standaard das Foto eines vermummten Mannes, der gerade im Begriff ist, einen Molotowcocktail zu werfen. “Spanien versetzt Europa wieder in Angst“, schreibt La Libre Belgique auf Seite eins.
Die Schuldenkrise hat sich mit voller Wucht zurückgemeldet. Erst in Spanien, dann in Griechenland gingen zehntausende Menschen auf die Straße, um gegen neue Sparprogramme zu protestieren.
Das Sommerloch ist vorbei
“Griechenland droht eine neue Schocktherapie“, bringt es La Dernière Heure auf den Punkt. Die Regierung will noch einmal 11,5 Milliarden Euro einsparen. “Wehrt euch, sie trinken euer Blut“, fasst Het Belang van Limburg das Leitmotiv des Generalstreiks in Griechenland zusammen. Auch in Spanien drohen massive Einschnitte. Die Demonstration vom vergangenen Dienstag wäre um ein Haar zu einem Volksaufstand geraten, analysiert La Libre Belgique.
Die immer heftiger werdenden Straßenproteste sorgen auch für Unruhe an den Finanzmärkten. Die Börsen gingen gestern auf Talfahrt. “Spanien und Griechenland zerrieben zwischen einerseits der Straße, und zum anderen den Gläubigern“, veranschaulicht L'Echo das Dilemma. “Das Sommerfest ist vorbei“, konstatiert das Blatt in seinem Leitartikel. Nach einer Phase der relativen Ruhe ist die Eurokrise wieder da. Alle Augen richten sich jetzt auf Spanien. Madrid zögert weiter, sich unter den europäischen Rettungsschirm zu begeben. Inwieweit die europäischen Partner Spanien helfen wollen, ist allerdings fraglich. Man könnte es so formulieren: Europa reicht Spanien die Schwimmweste; aufblasen muss Madrid sie aber selber.
De Wever vs. Knack
Fast alle Blätter befassen sich heute mit der wachsenden Nervosität zweieinhalb Wochen vor der Kommunalwahl. Im Fokus zunächst ein bizarrer Streit zwischen der flämischen Wochenzeitschrift Knack und N-VA-Chef Bart De Wever. De Wever hatte eine Interviewanfrage abgelehnt. Daraufhin veröffentlichte Knack pikiert allein die Fragen, die man De Wever stellen wollte.
La Dernière Heure spricht in diesem Zusammenhang von einem “Scharmützelchen“. Bart De Wever reagierte aber umgehend und beantwortete die Fragen auf der Internetseite der N-VA und übte auf allen Kanälen harsche Kritik an der Vorgehensweise von Knack. Damit hat er es geschafft, den Spieß umzudrehen und die Sache zu seinem Vorteil auszuschlachten, analysiert De Morgen. Das Blatt nennt ihn denn auch den “Meister des Gegenangriffs“.
Auch Het Belang van Limburg übt Kritik an den Kollegen von Knack. Klar ist es Job und Aufgabe eines Journalisten, kritische Fragen zu stellen. Was Knack da allerdings gemacht hat, dafür gibt es nur ein Wort, nämlich Erpressung. Indem man allein die Fragen veröffentlicht hat, entsteht der Verdacht, dass Knack sich für wichtiger hält als Bart De Wever. Für die Presse, die so genannte vierte Gewalt im Staat, ist das ein Irrweg.
Masochisten und Marxisten
Und auch darüber hinaus steigt die Nervosität. Der CD&V-Spitzenpolitiker Etienne Schouppe gab gestern zu verstehen, dass in 275 der 308 flämischen Gemeinden Vorwahlabkommen bestehen. Ziel sei insbesondere, die N-VA in die Opposition zu verbannen. “Vorwahlabkommen sorgen für Unruhe“, konstatiert denn auch L’Avenir.
La Libre Belgique stellt der CD&V aber in diesem Zusammenhang eine wenig schmeichelhafte Diagnose: Die CD&V ist eine masochistische Partei, glaubt das Blatt. Nicht nur, dass Schouppe Betriebsgeheimnisse ausplaudert, auch CD&V-Chef Wouter Beke leistete sich einen peinlichen Patzer. In einem Zeitungsinterview gab er freimütig zu, dass es seiner Partei an Profil mangele, dass sie keine klare Linie habe. Die CD&V hat sich also gleich zweimal in den Fuß geschossen, meint La Libre Belgique.
In dieser Vorwahlzeit sind inzwischen auch die Unternehmer in den Ring gestiegen. Im Zusammenhang mit Elio Di Rupo macht auf flämischer Seite in Unternehmerkreisen das Wort “Marxist“ die Runde. Het Laatste Nieuws kann den Ärger der Arbeitgeberverbände VOKA und FEB nicht nachvollziehen. Sie bezeichnen Di Rupo als Marxisten, dessen Equipe als “Steuerregierung“. Stellt sich nur die Frage: Warum eigentlich? Sind die Steuern in den letzten Monaten erhöht worden? Nein, im Gegenteil. Gerade in dieser Woche sollen die Lohnnebenkosten für kleine und mittlere Betriebe gesenkt werden. Zudem haben Open-VLD und CD&V eine Reichensteuer vom Tisch gefegt. Klar sind längst nicht alle Probleme gelöst, doch entbehrt die Kritik der Arbeitgeber eigentlich jeder Grundlage.
Di Rupo selbst befindet sich derzeit in New York, wo er der Generalversammlung der Vereinten Nationen beiwohnt. Zwar hat er auf die Kritik der flämischen Unternehmer reagiert. Nichtsdestotrotz empfiehlt Le Soir dem Regierungschef, etwas kürzer zu treten. Di Rupo ist überall, zwischen Mons und New York. Di Rupo ist auf allen Kanälen, engagiert sich im kommunalen Wahlkampf, während er zugleich als Premier alle Hände voll zu tun hat. Das kann auf Dauer nicht gut gehen. Und zudem schadet es seiner Glaubwürdigkeit.
Von Hackebeilen und Müllbergen
"Hunderte Jobs gefährdet bei Brussels Airlines“, schreibt derweil Het Nieuwsblad auf Seite eins. Das Blatt beruft sich auf Gerüchte, wonach bei der Fluggesellschaft Brussels Airlines eine harte Umstrukturierung anstehen könnte. “Bei Brussels Airlines hängt ein Hackebeil über den Köpfen der Mitarbeiter“, so formuliert es Het Laatste Nieuws. Die Direktion hat demgegenüber Gerücht über einen Stellenabbau dementiert.
“Brüssel Spitzenreiter in Sachen Müllproduktion“, titelt Le Soir. In Brüssel produziert ein Einwohner im Durchschnitt 260 Kilo Hausmüll pro Jahr. Die guten Schüler wohnen insbesondere in der Provinz Lüttich. In der Gemeinde mit der kleinsten Menge Hausmüll wird übrigens Deutsch gesprochen. Sauberste Gemeinde ist demnach Amel, wo gerade einmal etwas mehr als 50 Kilo Hausmüll anfallen - ein Fünftel der Müllmenge, die der gemeine Brüsseler produziert.
Bild: Louisa Gouliamaki (afp)