Ein Thema auf mehreren Titelseiten und in einigen Kommentaren ist der reichste Franzose: Der Großindustrielle Bernard Arnault, der die belgische Nationalität beantragt hat und also Belgier werden will. Bernard Arnault steht an der Spitze von Louis Vuitton und Dior, sein Vermögen wird auf 32 Milliarden Euro geschätzt. Weitere Kommentarthemen sind das Plädoyer von Bart De Wever für ein konföderales Belgien sowie das Ende der Paralympics in London.
La Libre Belgique bringt Bernard Arnaults Foto auf Seite eins und dazu die Feststellung, dass die Gründe für den Einbürgerungswunsch noch etwas undurchsichtig sind. Angeblich spielt Steuerflucht keine Rolle, denn der Mann war bereits in Brüssel gemeldet, noch bevor der Sozialist Francois Hollande in Frankreich Präsident wurde.
Folglich sieht die Zeitung keinen Grund, diesem Mann die belgische Staatsbürgerschaft zu verweigern. Immerhin hat er weltweit nicht nur ein Luxusimperium, sondern auch zehntausende Arbeitsplätze geschaffen. Übrigens behauptet er auch, industrielle Projekte in Belgien entwickeln zu wollen, also sollte man ihn zum Belgier machen.
Zum gleichen Thema schreibt Het Laatste Nieuws, die frankophonen Sozialisten werden dafür wenig Sympathie haben, denn der Antrag des Superkapitalisten Arnault ist keine Liebeserklärung an Belgien, sondern eine Flucht vor dem neuen französischen Präsidenten, der erst gestern eine Steuer von 75 Prozent auf Jahreseinkommen von mehr als einer Million Euro ankündigte. Auch anderswo in Europa werden Großverdiener steuerlich in die Zange genommen. Nur in Belgien bleiben sie verschont und der Protest dagegen ist mehr als begrenzt. Kein Wunder, dass unser Land der Zufluchtsort für immer mehr reiche Franzosen und Holländer darstellt.
Belgische Steuerlast verschont die Reichen
De Standaard befürchtet, dass die französische Steuererhöhung für Reiche und der zeitgleiche Einbürgerungsantrag des Multimilliardärs Arnault in Belgien die Regierung in Brüssel auf die Idee bringen könnte, die Steuerschraube auch bei uns noch stärker anzuziehen. Dabei sind die Steuern bei uns schon besonders hoch. Allerdings nicht für jene, die wirklich viel Geld haben. Genau das, so mutmaßt die Zeitung, könnte für den französischen Industriellen der Hauptgrund sein, die belgische Nationalität zu erlangen.
La Dernière Heure sieht darin viel eher ein Zeichen, das es um Belgien so schlecht nicht bestellt sein kann, wie es oftmals scheint. Ein Mann wie Bernard Arnault würde wohl kaum Belgier werden wollen, wenn das Land tatsächlich Gefahr liefe, sich demnächst selbst aufzulösen.
Auf das Schlimmste vorbereitet sein
Le Soir zufolge ist genau dies eine Gefahr, die nicht zu unterschätzen ist, und auf die sich die Französischsprachigen vorbereiten sollten. Der jüngste Anlass dieser Warnung ist der gestrige Auftritt von N-VA-Chef Bart De Wever im RTBF-Fernsehen, wo er die Frankophonen aufforderte, mit den Flamen möglichst umgehend ein konföderales Staatsmodell auszuhandeln, welches die Kompetenzen und Eigenständigkeiten von Flandern und der Wallonie so stark ausdehnen würde, dass von Belgien so gut wie nichts mehr übrig bliebe. Deshalb rät die Zeitung den frankophonen Politikern, den sogenannten Plan B nicht zu vergessen. Der Brüsseler Ministerpräsident Piqué hat durchaus Recht, wenn er das Szenario einer Eigenständigkeit Flanderns und damit das Ende Belgiens nicht ausschließt. Zumindest sollte man auf eine solche Entwicklung im Süden des Landes vorbereitet sein.
De Morgen hält in seinem Leitartikel fest, dass die N-VA von Bart De Wever inzwischen fast die Hälfte der Flamen hinter sich hat. Die traditionellen Parteien gehen am Stock und kommen zusammen auf nicht so viel Stimmen wie die N-VA allein. Besonders hart trifft es die flämischen Liberalen, die den jüngsten Prognosen zufolge zum ersten Mal in den Wählerabsichten unter die Zehn-Prozent-Marke fallen.
Hut ab vor diesen Leistungen
Het Nieuwsblad kommentiert die in London gestern Abend zu Ende gegangenen Paralympics, die olympischen Spiele für Behinderte. Dazu begrüßt die Zeitung die nicht weniger als sieben Medaillen für belgische Sportler, darunter sogar drei Goldmedaillen. Das größte Verdienst dieser Paralympics ist jedoch nicht dieser Erfolg, sondern die stark gewachsene Aufmerksamkeit für die Leistungen dieser Menschen, die im Grunde genommen noch wesentlich größer sind als die der nicht-behinderten Sportler.
Bild: Sylvain Lefèvre (afp)