Gazet van Antwerpen titelt: “Schöne Spiele, doch magere Ernte für Belgien.“ Im Grunde haben die belgischen Athleten recht ansehnlich Leistungen gezeigt, doch es reichte nur zu drei Medaillen.
Het Nieuwsblad betrachtet die Sache kritischer, wenn es schreibt: “Die Belgier haben wirklich nicht geglänzt - unser Land bleibt mit einmal Silber und zweimal Bronze weit hinter den Erwartungen zurück.“ Dagegen findet L’Avenir, dass diese Bilanz den Stellenwert Belgiens im internationalen Sport korrekt wiederspiegelt.
Le Soir zitiert den Präsidenten des Belgischen Olympischen Komitees, Pierre-Olivier Beckers, mit den Worten: “Wenn wir mehr Medaillen wollen, dann muss der Staat bereit sein, doppelt bis drei Mal so viel wie heute in den Leistungssport zu investieren. An den Athleten liegt es auf keinen Fall. Nicht weniger als 15 von ihnen haben das so genannte olympische Diplom erhalten, das es für Leistungen unter den Acht besten der jeweiligen Disziplin gibt. Wir haben Talent, aber zu wenig Geld für den Sport übrig“, so der Präsident der belgischen Olympioniken in Le Soir.
Nur Krumen für Belgien
Ähnlich sieht es Het Belang van Limburg, wo es heißt: Unsere Teilnehmer haben wirklich das Beste aus sich herausgeholt. Leider leben sie in einem Land, in dem die Minister den Sport nur insofern als interessant betrachten, als ein Foto von ihnen mit einem Medaillengewinner ihnen Stimmen bei den Wahlen bringen kann. Bei einer solchen Logik ist es nicht verwunderlich, dass beim olympischen Bankett für unsere Sportler nur die Krumen übrig bleiben.
Gazet van Antwerpen meint zum gleichen Thema: Die physische Verfassung unserer Jugend liegt unter dem Durchschnitt, das ist ein gesellschaftliches Problem. Die Strukturen Belgiens sind äußerst kompliziert, ein politisches Problem. Die Finanzierung des Sports steht auf wackeligen Füßen, ein wirtschaftliches Problem. Und in unserer Gesellschaft fehlt nun einmal eine echte Top-Sport-Mentalität, ein kulturelles Problem. Somit liegen zahlreiche Herausforderungen außerhalb der Reichweite der politischen Macher in Sachen Sport.
Das Grenz-Echo findet, dass eine Silber- und zwei Bronze-Medaillen zu wenig zum Leben, aber zu viel zum Sterben sind. Nach den Goldmedaillen von Justine Henin 2004 in Athen und Tia Hellebaut 2008 in Peking blieb Belgien diesmal ein Olympiasieg verwehrt. Abschließend heißt es: Unser Land lechzt nach einer neuen Sportlergeneration. In London war gut nicht gut genug. Jetzt bleiben vier Jahre Zeit, um sich auf die nächsten Olympischen Spiele vorzubereiten. Hoffentlich heißt es in Rio wieder: Gold für Belgien.
Vergleich mit den Niederlanden
Het Nieuwsblad zieht einen Vergleich zwischen Belgien und Holland und gelangt dabei zu der folgenden Feststellung: Belgien ist ein Sportland, Holland ein Top-Sportland. Die Niederländer zählen nicht nur von der Größe her zu den Längsten in Europa, sie haben auch eine echte Gewinnermentalität und das entsprechende Selbstbewusstsein. Somit sind dort auch mehr Menschen bereit, sich im Spitzensport zu engagieren. Das Reservoir für die Teilnahme an sportlichen Großereignissen wie die Olympiade ist infolge dessen deutlich größer als bei uns, woraus die Zeitung schlussfolgert: In sportlicher Hinsicht steht Belgien eigentlich an dem Platz, der ihm zusteht. Die Holländer hingegen übertreffen sich selber.
De Standaard schreibt im gleichen Zusammenhang: Von vielen der belgischen Olympiateilnehmer hört man, dass sie mit ihrer Leistung zufrieden sind, auch wenn sie nicht gewonnen haben. Sie begnügen sich damit, ihr Bestes gegeben zu haben. Diese Haltung ist im Grunde nicht falsch. Wenn aber diese Mentalität von Anfang an das Verhalten bestimmt, dann ist sie wohl falsch. Die Teilnahme an der Olympiade ist nämlich nicht die Belohnung für einen jahrelangen Einsatz. Dieser Einsatz ist vielmehr die Vorbedingung zur Teilnahme, und dabei muss dann bis zur Ziellinie der Siegeswille absolut an erster Stelle stehen. Genau dieser Ehrgeiz ist bei vielen belgischen Sportlern jedoch nicht vorhanden.
“Spiele sind ihr Geld wert“
Zum Schluss noch eine leicht philosophische Betrachtung der Spiele in La Libre Belgique. Allein bei den Olympischen Spielen, so heißt es dort, scheint die Völkerverständigung noch erreichbar. Nirgendwo anders wird der Gegner mit so viel Respekt wahrgenommen. Nirgendwo anders entspricht der Sport dem, was er per Definition sein sollte. Allein deshalb sind die Spiele das Geld wert, und gäbe es sie nicht, müsste man sie erfinden.
Bild: Eric Lalmand (belga)