“Klarissen-Schwestern erhalten Besuch vom Gerichtsvollzieher“, titelt Het Belang van Limburg auf Seite eins. Bei Het Laatste Nieuws heißt es: “Nonnen haben schon seit mehr als zehn Jahren Kontakt zu Michelle Martin.“ Und Le Soir bemerkt: “Martin lagert Erbstücke ihrer Mutter im Kloster von Malonne.“
Die Ordensschwestern geraten nicht aus den Schlagzeilen. Hintergrund ist ein gestern veröffentlichtes Interview in der Zeitschrift Paris Match. Darin erklärt der Cousin der Ex-Frau und Komplizin von Kindermörder Marc Dutroux, Michelle Martin halte seit Jahren Kontakt zu den Nonnen. Außerdem habe sie Erbstücke ihrer Mutter nach deren Tod 2001 ins Kloster bringen lassen.
Wie Het Belang van Limburg bemerkt, war Martin 2004 auch zur Zahlung von gut einer halben Million Euro Schadensersatz an die Dutroux-Opfer verklagt worden. “Bislang haben wir keinen Cent gesehen“, erklärt Jean Lambreckx, der Vater der getöteten Eefje in der Zeitung. Er wisse, dass es sich bei den Habseligkeiten von Martin wahrscheinlich nur um alte, wertlose Möbel handelt. Aber es gehe ums Prinzip. Deswegen hat er gestern Abend gemeinsam mit seinem Anwalt einen Vollstreckungsbeamten ins Kloster nach Malonne geschickt, um die persönlichen Gegenstände der verurteilten Straftäterin zu beschlagnahmen.
Schwarzarbeit im Kloster?
Le Soir weiß: Sollten die Klarissen-Schwestern Michelle Martin tatsächlich in ihren Reihen aufnehmen, droht neuer Ärger mit der Justiz. Jean-Denis Lejeune, der Vater der getöteten Julie, will die Nonnen dann wegen Schwarzarbeit anzeigen. Im Vorfeld war bekannt geworden, dass die Ex-Frau von Dutroux Arbeiten im Kloster übernehmen soll.
La Libre Belgique hält fest: Die Klarissen-Schwestern bleiben bei ihrer Entscheidung. Weder der Druck der Straße noch das Gespräch mit den Eltern der getöteten Ann Marchal haben sie umstimmen können. Inzwischen machen Gerüchte die Runde, die Nonnen würden auf Anweisung von ganz oben handeln. Das Blatt glaubt allerdings: Die Ordensschwestern sind ihrem Glauben treu geblieben und agieren mutig gemäß ihrer Überzeugung.
Ähnlich sieht es Gazet van Antwerpen, fügt aber hinzu: Unseren Frust sollten wir nicht an den Nonnen ablassen. Dass Michelle Martin möglicherweise freikommt, liegt nicht an den Klarissen-Schwestern, sondern an der umstrittenen Gesetzgebung. Het Belang van Limburg appelliert an die Politiker, endlich etwas zu unternehmen und das Gesetz über die vorzeitige Haftentlassung zu verschärfen.
"Der König ist tot"
“Adieu, Michel“, titelt La Dernière Heure und berichtet über den Ansturm vor der Villa des verstorbenen PS-Politikers Michel Daerden im Lütticher Vorort Ans. Der Leichnam ist dort seit gestern im Wohnzimmer aufgebahrt. Hunderte Menschen erweisen dem langjährigen Bürgermeister und Minister die letzte Ehre. Daerden war am Sonntag nach einem doppelten Herzinfarkt im Frankreich-Urlaub verstorben.
De Standaard zeigt einen Daerden-Anhänger, der ein rotes T-Shirt trägt mit der Aufschrift: “Alle lieben Papa.“ “Wir haben den letzten richtigen Sozialisten verloren“, wird ein Trauernder in der Zeitung Le Soir zitiert.
Het Nieuwsblad titelt: “Der König ist tot.“ Die langen Schlangen wartender Menschen vor der Villa in Ans erinnern an die große Anteilnahme nach dem Tod von König Baudouin. Michel Daerden war nicht nur in Lüttich zu einer Kultfigur geworden, die eine fast magische Anziehungskraft auf die Menschen ausübte. Aus flämischer Sicht wird Daerden als schelmenhafter Schlingel mit einem ernsthaften Alkoholproblem gesehen. In Ans und Umgebung allerdings könnte er selbst noch tot eine Wahl gewinnen.
Dieses zwiespältige Verhältnis unterhalten viele Menschen zur Politik, meint die Zeitung. In einem Atemzug werden Volksvertreter oft als Schummler hingestellt, gleichzeitig werden die Protestler aber zu den größten Fans, wenn sie eine persönliche Gunst von Politikern erhalten. Daerden hatte den “Klientelismus“ zu seinem politischen Lebenswerk gemacht. Wie kein anderer verstand er es, seine Wähler zu begünstigen.
Wenig Ärzte für Tiere, viel Applaus für Sportler
La Libre Belgique berichtet auf Seite eins: In Belgien mangelt es an Hausärzten. In fast jeder zweiten Gemeinde des Landes gibt es nicht ausreichend Allgemeinmediziner. Besonders betroffen sind die Provinzen Luxemburg, Limburg, Namur, Antwerpen und Ostbelgien. L’Avenir fügt hinzu: Auf dem Land fehlen auch immer öfter Tierärzte.
Zwei Sportler zieren heute die Titelseiten: der Jamaikaner Usain Bolt, der gestern Abend auch im 200-Meter-Lauf alle anderen hinter sich ließ, und der belgische Zehnkämpfer Hans Van Alphen. Er landete am Abend nach einer unglaublichen Aufholjagd auf dem undankbaren vierten Platz. “Es hat nicht sollen sein“, schreibt Het Belang van Limburg. Aber unser “Eiserner Hans“ hat sich selbst übertroffen und sorgt für Belgiens bestes Ergebnis aller Zeiten im härtesten Wettbewerb, den Olympia zu bieten hat.
Bild: Bruno Fahy (belga)