"Spaltung von BHV auf der Zielgeraden", titelt heute De Standaard. Heute wird der Senat über die Spaltung des Wahl- und Gerichtsbezirks Brüssel-Halle-Vilvoorde abstimmen, morgen die Kammer. Damit, so schreibt das Blatt, wird der Weg frei für die neue, die sechste Staatsreform.
Spaltung von BHV unter "ferner liefen"
De Standaard ist die einzige Zeitung, die dieses zweifellos historische Ereignis auf seiner Titelseite hervorhebt. Und das Blatt scheint es fast schon zu ahnen. In seinem Kommentar beklagt De Standaard nämlich die Tatsache, dass die Spaltung von BHV im Parlament eher emotionslos über die Bühne gebracht wird.
Es wäre aber falsch, die Sache als "non-event" zu betrachten. Die Akte BHV hat die politische Atmosphäre in diesem Land jahrzehntelang vergiftet. Der Preis für die Spaltung ist allerdings hoch. Viel zu hoch. Durch den ewigen Konflikt um BHV ist der Graben zwischen Flamen und Frankophonen nur noch tiefer geworden. Und der Ausgang ist keine "paix des braves", kein Frieden der Tapferen, keine historische Befriedung, die beide Seiten größer gemacht hätte. Die Kernfrage bleibt: Werden Flamen und Frankophone einen gemeinsamen modus vivendi finden? Hat ein Zusammenleben unter dem belgischen Dach noch eine Zukunft?
Für L'Echo ist es vor allem der große und allgegenwärtige Schatten der N-VA, der dazu führt, dass die Spaltung von BHV eher als Anekdote durchgeht. Man darf sich die Frage stellen, ob die Frankophonen sich bewegt hätten, wenn die N-VA 2010 nicht ihren spektakulären Wahlsieg eingefahren hätte. Die flämischen Parteien wissen das und tun sich denn auch schwer, sich mit den BHV-Federn zu schmücken. Demgegenüber erwarten die Frankophonen aber, dass die flämischen Parteien durch die Spaltung von BHV den Höhenflug der N-VA stoppen können. Das war sozusagen der Deal. 2014, bei der nächsten Parlamentswahl, schlägt wohl die Stunde der Wahrheit.
Statt BHV Lobeshymne auf die Wallonie
BHV steht auch im Mittelpunkt der Nachbetrachtung des flämischen Festtages, der gestern begangen wurde. BHV, beziehungsweise die Tatsache, dass der flämische Parlamentspräsident Jan Peumans die Akte bei seiner Festrede nicht einmal erwähnt hat. Stattdessen gab Peumans einen Lobgesang auf die Wallonie zum Besten. Ausgerechnet ein N-VA-Politiker hebt die Wallonie positiv hervor und das noch dazu am flämischen Feiertag. "Erstaunlich" findet das etwa La Libre Belgique. Und offensichtlich sah das insbesondere die flämische Prominenz im Brüsseler Rathaus genauso.
Het Laatste Nieuws bezeichnet die Rede von Jan Peumans sogar in seinem Leitartikel als "hirnverbrannt". Die Spaltung von BHV zu unterschlagen, damit verkennt Peumans die historische Tragweite des Ereignisses. BHV hat zuletzt für eine 540 Tage dauernde politische Existenzkrise gesorgt, die Spaltung von BHV war eine der wichtigsten Forderungen Flanderns. Nur, weil die N-VA den anderen den Erfolg nicht gönnt, darf Peumans das nicht unterschlagen. Er ist schließlich als Parlamentspräsident der Vorsitzende von allen.
"Verrückt oder genial?", fragt sich auch Gazet van Antwerpen im Zusammenhang mit der Peumans-Rede. Nicht nur, dass Peumans BHV nicht erwähnte. Er plädierte auch dafür, dass Flandern eine Art Botschafter in Namür ansiedelt. Seien wir doch mal vernünftig, so Gazet van Antwerpen: Wir brauchen keinen zusätzlichen Posten. Ein Minimum an Respekt für den jeweils anderen würde schon mal reichen.
Frankophone glauben Peumans nicht
Auf frankophoner Seite traut man dem Braten nicht. Le Soir fragt sich, ob wir nun den 11. Juli schrieben oder doch den 1. April. Das Blatt nennt Peumans jedenfalls einen "hinterhältigen Schmeichler". Die Lobeshymne auf die Wallonie, sie hätte von José Happart oder Jean-Claude Marcourt stammen können. Dass sie aus dem Mund eines gewichtigen N-VA-Mitglieds kam, das hat wohl den einen oder anderen vom Stuhl gehauen.
Doch muss man hier zwischen den Zeilen lesen. Um es mal bildlich auszudrücken: Das ist wohl gemeint, wenn ein Mann seiner Frau sagt, dass sie immer noch hübsch genug ist, um keine Angst haben zu müssen, alleine zu bleiben. Das riecht doch verdächtig nach einem Ende der Beziehung. Zugegeben: Vielleicht hören wir schon Dinge, die es gar nicht gibt. Allerdings ist es wohl nachvollziehbar, wenn man bei der N-VA misstrauisch geworden ist.
Für La Libre Belgique tun die warmen Worte von Jan Peumans im Grunde nichts zur Sache. Bart De Wever hatte ja vor zwei Tagen noch einmal klar Farbe bekannt: Er verglich Flandern mit Deutschland und die Wallonie mit Südeuropa. Deswegen der Appell an die Flamen: Liebe Freunde, Nachbarn, Verwandte! Es gibt einen anderen Weg als den einer flämischen Isolation. Wir können zusammen ein erwachsenes und wirtschaftlich erfolgreiches Belgien bauen.
Der Schatten der Gemeinderatswahlen
Der flämische Feiertag war im Übrigen überschattet von allerlei politischen Querelen insbesondere innerhalb der flämischen Regierung, notiert allen voran Het Nieuwsblad. "Feiern, weil man feiern musste", bringt es De Morgen auf den Punkt. Insbesondere zwischen CD&V und N-VA geht nichts mehr. Das Ganze macht Het Belang van Limburg traurig. Warum können wir nicht unseren Festtag begehen, wie es sich gehört, fragt sich das Blatt. Warum muss das Ganze wieder in Selbstkasteiung ausarten? Schade, dass vor allem die Kommunalwahlen im Oktober den flämischen Festtag verhagelt haben.
Auch L'Avenir sieht in den Gemeinderatswahlen die Ursache für das ganze politische Theater. In der flämischen Regierung droht jetzt ein Guerillakrieg, der möglicherweise über die Gemeinderatswahlen hinaus bis zum Ende der Legislaturperiode andauern wird. Doch auch zwischen dem wallonischen Ministerpräsidenten Rudy Demotte und seinem DG-Amtskollegen Karl-Heinz Lambertz - den L'Avenir übrigens in "Lambrechts" umgetauft hat - hängt der Haussegen schief. Der Grund: In Namür will man nicht auf die Eupener Forderung nach zusätzlichen Befugnissen eingehen.
Radioaktives Leck und Pädophilen-Schandpfahl
Spektakuläre Schlagzeile heute auf der Titelseite von La Libre Belgique: "Tihange, das beängstigende radioaktive Leck", schreibt das Blatt. Anscheinend ist es so: Aus einem Becken entweicht radioaktiv verseuchtes Wasser. Und das schon seit zehn Jahren. Die Behörden wissen davon, so La Libre Belgique, und die zuständigen Stellen behaupten, sie hätten das Problem unter Kontrolle.
"Polizei jagt Hacker", titelt derweil Gazet Van Antwerpen. Die zuständige Staatsanwaltschaft hat demnach ein Ermittlungsverfahren eröffnet gegen das Hacker-Kollektiv Anonymous. Anonymous hatte kürzlich die Namen von rund 500 Besuchern von Kinderporno-Seiten im Internet veröffentlicht. Besagte Leute, die Kinderporno-Seiten angeklickt haben, würden aber wohl straffrei ausgehen, schreibt Gazet Van Antwerpen.
Bild: Benoît Doppagne (belga)