“Electrabel droht damit, den Strom abzuschalten“, titelt Het Nieuwsblad auf Seite eins. Bei De Morgen und L'Echo lautet die Schlagzeile: “Der Energieriese will auch Tihange I schließen und erpresst die Regierung“.
Sollte Electrabel seine Drohung wahrmachen, könnten bis zu eine Million Belgier ohne Strom dastehen.
Die Föderalregierung hat sich gestern auf einen konkreten Zeitplan zum Atomausstieg verständigt. Demnach werden die Kernkraftwerke Doel I und Doel II wie geplant 2015 abgeschaltet.
Nur Tihange I soll zehn Jahre länger am Netz bleiben, um eventuelle Bevorratungsprobleme zu vermeiden. Außerdem muss Electrabel den anderen Energieproduzenten künftig ein Fünftel des günstigen Atomstroms zum Einkaufspreis zur Verfügung stellen. Das soll die Verbraucherpreise nach unten drücken.
Eine mutige Entscheidung
Het Laatste Nieuws findet: Das ist eine mutige Entscheidung und zugleich die wichtigste, die die Koalition seit Monaten getroffen hat. Endlich gibt es Rechtssicherheit. Die Zeitung spricht von einem industriellen und ökologischen Meilenstein für unsere Entwicklung. Jetzt kann massiv in erneuerbare Energieformen investiert werden. Der Ausstieg vom Ausstieg ist durch die Streichung einer Klausel im Gesetz nicht mehr möglich. Länder wie Schweden und Deutschland zeigen uns bei der Energiewende den Weg.
Het Belang van Limburg fügt hinzu: Die Koalition darf jetzt nicht mehr zögern und muss das Hin und Her der letzten zehn Jahre beenden. Alle Punkte des Zeitplans müssen eingehalten werden. Wie Gazet van Antwerpen notiert, zeigt sich die Föderalregierung unbeeindruckt von den Electrabel-Drohungen. “Der Konzern blufft nur“, sagte der zuständige Staatssekretär Melchior Wathelet. Mit der Ankündigung, auch Tihange I schließen zu wollen, will das Unternehmen nur den Druck erhöhen.
Bitte rufen Sie nicht an!
De Morgen kommt auf den Protest von Energieversorger Electrabel und seinem französischen Mutterkonzern GDF Suez zurück und fragt sich: Wie realitätsfern kann ein Unternehmen eigentlich sein? Eine Drohung aussprechen, frei nach dem Motto: Wir liefern keinen Strom mehr, wenn Sie nicht nach unserer Pfeife tanzen. Die belgischen Kunden haben jahrelang untätig zugesehen, die Politiker waren ängstlich und haben jedes Mal nachgegeben.
Das Problem: Die Politik und der Energiesektor steckten unter einer Decke. Über interkommunale Zweckverbände haben die Kommunen ihre Kassen gefüllt und die Politiker sich bereichert. Das muss jetzt ein Ende haben. Das Blatt schlussfolgert: Mit einem Monopolisten verhandelt man nicht, sondern man bricht seine Vormachtstellung. An den französischen Konzern wendet sich das Blatt auch direkt: “Bitte unterlassen Sie Ihre Drohanrufe in der Redaktion jedes Mal, wenn wir negativ über Sie berichten“, so De Morgen. “Das ist reine Energieverschwendung.“
Milliarden auf den Sparkonten
Het Laatste Nieuws schreibt auf seiner Titelseite: “Noch nie hatten die Belgier so viel Geld auf ihren Sparkonten.“ Insgesamt beträgt der Kontostand 226 Milliarden Euro. Ein absoluter Rekord. De Standaard bemerkt: Die Belgier bunkern ihr Geld regelrecht auf den Sparbüchern, obwohl sie wegen der niedrigen Zinsrate und der hohen Inflation ein Verlustgeschäft machen. Die Finanzmärkte müssen dringend wieder für Vertrauen sorgen, damit ein Teil dieses Geldes in die Wirtschaft fließt, statt ungenutzt an Wert zu verlieren.
Nobelpreis für einen Belgier?
Eine bahnbrechende Entdeckung in der Welt der Physik sorgt ebenfalls für Schlagzeilen. “Ein weiteres Geheimnis des Universums ist gelüftet“, titelt La Libre Belgique. Gemeint ist die Entdeckung des so genannten Gottesteilchens. Physiker aus aller Welt haben es gestern im Forschungszentrum Cern in der Schweiz nachgewiesen.
Vor knapp 50 Jahren hatten die Physiker Peter Higgs aus Schottland und die Belgier François Englert und Robert Brout das Teilchen in einem theoretischen Modell bedacht. Wissenschaftler sprechen von einem ganz wichtigen Mosaikstein. Das jetzt nachgewiesene Teilchen ist für die Entstehung von Masse und damit für die uns bekannte Materie verantwortlich. Möglicherweise winkt den Vätern des so genannten Boson der Nobelpreis.
Für Le Soir wäre das die Krönung des Erfolgs und der Beweis, dass es sich lohnt, Geld in Grundlagenforschung zu stecken. L’Avenir teilt diese Meinung, fragt sich aber auch: Welchen Einfluss hat die Entdeckung auf unseren Alltag? Werden die Muscheln dadurch jetzt billiger und schmecken besser?
Die Zeeland-Muscheln sind wieder da
Apropos Muscheln: Die beliebten Meeresfrüchte aus Zeeland sind seit gestern wieder auf dem Markt. Wie La Dernière Heure berichtet, sind sie besonders schmackhaft, aber etwas teurer als im vergangenen Jahr. Die holländischen Muschelzüchter aus Zeeland rechnen in diesem Jahr mit einem Fang von insgesamt 50.000 Tonnen. Zwei Drittel davon landen übrigens in belgischen Kesseln.
Bild: belga