De Standaard glaubt zu wissen, dass die flämischen Christlich-Sozialen von der CD&V nicht damit einverstanden sein werden, dass die beiden ältesten Kernreaktoren in Doel geschlossen werden, während Tihange 1 für weitere zehn Jahre am Netz bleibt. Trotzdem sei nicht auszuschließen, dass Wathelet die Regierungsparteien schließlich doch von seinem Konzept überzeugen kann. Letztlich geht ja im Jahr 2016 lediglich ein Sechstel des belgischen Atomstroms verloren, der Rest zwischen 2022 und 2025. Wenn die Regierung es wirklich ernst meint, die Kernenergie definitiv zu verlassen und anderen, grüneren Energieträgern eine Chance zu geben, dann muss sie jetzt entschieden in diese Richtung gehen, bei der mehr Konkurrenz und ein flexibler Energiemix hoffentlich für günstigere Preise sorgen werden.
Monopol als Problem
Het Laatste Nieuws schreibt zum gleichen Thema: Es wird höchste Zeit, dass die Regierung uns reinen Wein einschenkt. Das größte Problem ist nicht so sehr die Sicherheit der Kernkraftwerke, sondern die Tatsache, dass die Stromproduktion in Belgien ein Monopol von Electrabel ist. Somit hält ein Betrieb, der zum französischen Konzern GDF-Suez gehört, die energiepolitische Zukunft Belgiens in Händen. Dies macht nicht nur, mangels Wettbewerb, unsere Energie teuer, sondern ist auch dafür verantwortlich, dass alternative Energien kaum eine Chance erhalten. Diesbezüglich muss die Regierung Di Rupo unbedingt für eine Wende sorgen.
La Libre Belgique begrüßt, dass endlich eine Entscheidung getroffen wird, damit Investitionen in neue, umweltfreundliche Energieträger möglich werden. Weiter heißt es, Wathelet will den Strommarkt in Belgien nicht allein Electrabel überlassen, sondern für eine echte Konkurrenz sorgen. Sein entsprechender Plan wird auch dem Staat finanziell etwas bringen, und diese Mittel gilt es zu nutzen, um Investitionen in neue und nachhaltige Energien zu unterstützen.
Kritik an Energiepolitik der EU
Le Soir kritisiert in seinem Leitartikel vor allen Dingen die Energiepolitik der Europäischen Union. Sie ist in erster Linie schuld daran, dass es nicht genügend Konkurrenz zwischen den Energieproduzenten gibt. Diese haben sich, zumindest was Belgien betrifft, bisher als unfähig erwiesen, für die Produktion von umweltfreundlichen Energien zu einem günstigen Preis und bei einer größtmöglichen Versorgungssicherheit zu sorgen.
Abschließend sei zu diesem Thema noch Gazet van Antwerpen erwähnt, die mit dem Wathelet-Konzept endlich einen ersten Schritt zu einer größeren Sicherheit für Investitionen in alternative Energiequellen sieht. Allerdings sollten die flämischen Regierungsparteien genau der Frage nachgehen, ob die Verlängerung von Tihange 1 wirklich so viel kostengünstiger ist, als die von Doel 1 und 2. Es ist nämlich nicht sehr logisch, mitten im industriellen Herz Belgiens, in der direkten Nachbarschaft des Antwerpener Hafens, zwei Atomreaktoren zu schließen und den von Tihange am Netz zu lassen. Dafür muss es schon gute, beziehungsweise objektive Gründe geben.
Kaum Geld für Wiederaufschwung vorhanden
Verschiedene Zeitungen kommentieren auch die Absicht der Regierung, noch diesen Monat erste Maßnahmen für einen wirtschaftlichen Wiederaufschwung vorzulegen. Dazu schreibt L’Avenir: Bei den gestrigen, diesbezüglichen Beratungen mit Arbeitgebern und Gewerkschaften wurde deutlich, dass die Regierung nicht über das Geld verfügt, zur wirtschaftlichen Relance bedeutende Investitionen zu tätigen. Das heißt in anderen Worten, dass Ideen und Kreativität gefragt sind, wie das auch Premierminister Di Rupo hervorhob. Allerdings besteht dadurch auch die Gefahr, dass die Maßnahmen, die schließlich getroffen werden, nicht über die Schlagkraft verfügen, die nötig wäre, um das gesteckte Ziel zu erreichen.
Im gleichen Kontext notiert Het Belang van Limburg: Es hat keinen Sinn, dass die Regierung darauf wartet, dass sich Arbeitgeber und Gewerkschaften über die zu ergreifenden Maßnahmen einig werden. Für sie sind einfach zu viele Themen tabu, in denen sie sich praktisch diametral gegenüberstehen. Deshalb bleibt der Regierung nichts anderes übrig, als sich ihrer Verantwortung zu stellen und so rasch wie möglich Entscheidungen zu treffen, die die Wirtschaft des Landes voranbringen und im Rahmen des Möglichen auch für neue Arbeitsplätze sorgen.
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