Die Kommentare der Inlandspresse befassen sich heute mit einer recht unterschiedlichen Thematik. Dazu gehören die von EU-Präsident Van Rompuy geforderte europaweite Pensionsreform, die Kommunalwahlen, der Ausstieg aus der Kernenergie sowie, auf internationaler Ebene, die Präsidentenwahl in Ägypten.
Zum Vorschlag Van Rompuys, auf europäischer Ebene die Pensionen dahingehend zu reformieren, dass aufgrund der gestiegenen Lebenserwartung länger gearbeitet werden muss, ist nach Ansicht von Gazet van Antwerpen die Logik selbst. Noch vor wenigen Jahren kamen auf einen Rentner vier Berufstätige. Im Jahr 2050 werden es derer nur noch zwei sein, wenn nichts geschieht.
Van Rompuy hat also 100-prozentig Recht, wenn er von Europa eine Reform fordert, die das Pensionsalter erhöht. Dieser Vorschlag ist in seinem Sinne allerdings keine Empfehlung, sondern müsste für alle EU-Länder zur Pflicht werden, und dies durchzusetzen, wird sicherlich nicht einfach sein.
Zum gleichen Thema schreibt Het Belang van Limburg, die Holländer haben gestern bereits negativ reagiert und die Meinung vertreten, dass Länder, die finanziell auf eigenen Beinen stehen - wie dies für Holland der Fall ist - auch in Zukunft alleine über das Pensionsalter entscheiden sollten. Ein anderes Problem dürfte darin bestehen, dass der neue französische Präsident Hollande als erste Amtshandlung beschlossen hat, in Frankreich das Mindestpensionsalter von 62 auf 60 zu verringern. Diesen Beschluss kurz darauf wieder abzuändern, dazu wird er sicherlich nicht bereit sein.
Kommunalwahlen von der N-VA missbraucht
De Morgen kommentiert die bei uns anstehenden Kommunalwahlen vom 14. Oktober. Dazu heißt es unter anderem: Dieser Urnengang ist eine rein lokale Angelegenheit, bei der es um lokale Probleme und lokale Kandidaten geht. Trotzdem lässt die N-VA keine Gelegenheit aus, diesen Wahlen, die sie in Flandern haushoch zu gewinnen hofft, auch eine nationale Bedeutung anzudichten. Sozusagen nach dem Motto: Jede Stimme für die N-VA ist auch eine Stimme gegen die Regierung Di Rupo. Eine solche Argumentation ist zwar lächerlich, aber sie scheint zu wirken. Es ist schon eigenartig, wie irrational und emotionell das Stimmverhalten vieler Wähler ist.
Ausstieg aus der Kernenergie will gut überlegt sein
Het Nieuwsblad kommentiert die Frage eines belgischen Ausstiegs aus der Kernenergie. Die entsprechende Debatte ist deutlich auch ideologisch gelagert: Es geht um die Entscheidung, ob Kernenergie tatsächlich notwendig ist, oder nur wünschenswert, weil die Produzenten gut davon leben. Daneben gibt es aber auch einen praktischen Aspekt. Die Zukunft unserer Atommeiler wird entscheidend dafür sein, wie der belgische Elektrizitätsmarkt mit seinen hohen Preisen und der quasi Monopolstellung von Electrabel sich weiter entwickeln wird. Ein vorübergehendes Einfrieren der Preise ist nur eine kurzfristige Teillösung. Die Frage, was aus den Atomkraftwerken wird, ist strukturell gelagert, und die Antwort darauf wird entweder eine strukturelle Lösung oder einen neuen strukturellen Fehler auf dem Energiemarkt zur Folge haben.
Zunehmend gewalttätige Schüler
La Dernière Heure befasst sich kurz vor den Ferien mit einem Problem, mit dem die Schulen zunehmend konfrontiert werden, nämlich der wachsenden Disziplinlosigkeit zahlreicher Schüler. So wurden im vergangenen Jahr an den Lehranstalten im französischsprachigen Landesteil 2163 Schüler definitiv rausgeschmissen. Schuld war in zahlreichen Fällen mangelnde Disziplin und fortgesetztes Schwänzen des Unterrichts. Doch es gab auch schlimmere Gründe, wie die 240 Fälle von Gewaltanwendung gegen das Lehr- oder Aufsichtspersonal.
Neuer Präsident Ägyptens nicht zu beneiden
Der Kandidat der muslimischen Bruderschaft, Mohammed Mursi, ist gestern zum neuen Präsidenten Ägyptens ausgerufen worden. Le Soir hebt hervor, dass die echte Macht im Lande sich nach wie vor in den Händen der Armee befindet. Deshalb dürfte Mursi versuchen, eine Regierung der nationalen Einheit zu bilden, doch glaubt die Zeitung nicht, dass er dafür Verbündete finden wird. Damit ist die Gefahr groß, dass die Armee, die Bürokratie und die ägyptische Staatssicherheit dem Wahlsieger schon bald unüberwindbare Hürden in den Weg stellen werden.
Die gleiche Meinung vertritt auch Het Laatste Nieuws, wo es heißt: Mursi ist die große Hoffnung von Millionen Armen in Ägypten, doch wird er deren Erwartungen wohl kaum erfüllen können. Das alte Regime wird zweifellos bereit stehen, wenn sich in Ägypten die Enttäuschung über den neuen Präsidenten breit macht. Mohammed Mursi ist um seine Aufgabe jedenfalls nicht zu beneiden.
Archivbild: Jean-Christophe Verhaegen (afp)