Die Kommentare der Inlandspresse weisen heute einen recht breiten Themenfächer auf. Dieser spannt sich von dem angekündigten Regierungsplan zur wirtschaftlichen Wiederbelebung über den Umweltgipfel von Rio bis zur belgischen Entwicklungshilfe, die von der Bevölkerung immer kritischer betrachtet wird.
Kommen wir zunächst zum Relanceplan, den die Regierung spätestens zum 21. Juli vorlegen will. Le Soir macht sich diesbezüglich wenig Hoffnung. Gestern trafen sich die fünf für die Arbeitspolitik in Belgien zuständigen Minister zu einer ersten Konzertierung, doch herausgekommen sei dabei so gut wie nichts: kein Engagement, keine gemeinsame Strategie.
Man kann nur hoffen, dass man im dem verbleibenden Monat mit etwas mehr Ideenreichtum und Einsatz an das Ziel der Schaffung neuer Arbeitsplätze herangeht.
Het Laatste Nieuws schreibt zum gleichen Thema: Die von Arbeitsministerin De Coninck lancierte Idee von 10.000 Praktikantenstellen in belgischen Betrieben ist zwar nicht schlecht, doch bei weitem nicht ausreichend. Was wir brauchen, ist eine weitgehende Reform der Steuerpolitik. Das heißt konkret: weniger Steuern auf Arbeit und mehr auf andere Einkunftsquellen. Vielleicht ist das innerhalb weniger Wochen nicht machbar, doch für den Herbst müsste dies möglich sein. Das erfordert natürlich politischen Mut und die Bereitschaft, gewisse Tabus zu durchbrechen.
Belgier kehren der Entwicklungshilfe den Rücken
De Standaard meldet auf seiner Titelseite, dass die Belgier angesichts der Krise der Entwicklungshilfe zunehmend skeptisch gegenüberstehen. Fast die Hälfte ist der Meinung, dass unser Land weniger dafür ausgeben sollte. Dazu heißt es im Kommentar der Zeitung: Es ist schon erstaunlich, dass immer mehr Menschen sich von der Außenwelt abschotten, obwohl die großen Weltprobleme stärker als je zuvor Solidarität und eine gemeinsames Herangehen verlangen. Es ist Aufgabe der Politik, den Bürgern klar zu machen, dass Egoismus auch angesichts der Krise, keine Lösung ist.
Umweltgipfel: Außer Spesen nichts gewesen
Dies gilt zweifellos auch für den derzeitigen Umweltgipfel von Rio, mit dem sich Het Belang van Limburg in einem Kommentar auseinandersetzt. Nach Ansicht der Zeitung hat die Finanz- und Wirtschaftskrise die Umweltproblematik in letzter Zeit verdrängt. Dies muss sich ändern, denn wissenschaftliche Untersuchungen belegen, dass es fünf vor zwölf ist: Der Meeresspiegel wird noch höher als bisher erwartet steigen, in der Sahelzone droht eine neue Hungersnot und fast 40 Prozent der Tierwelt ist vom Aussterben bedroht.
Die Politiker, so schreibt zum gleichen Thema La Libre Belgique, sind sich der Herausforderung durchaus bewusst, doch schrecken sie nach wie vor davor zurück, gemeinsame Maßnahmen zu ergreifen und die erforderlichen Mittel dafür bereitzustellen. So ist auch diesmal von dem Gipfel in Rio nicht viel mehr zu erwarten, als große Worte, denen bestenfalls nur kleine Taten folgen werden.
Atomstrom-Gerangel in der Regierung
L'Echo befasst sich mit der geplanten Schließung der belgischen Atomkraftwerke und hebt die diesbezüglichen Unstimmigkeiten innerhalb der Regierung Di Rupo hervor. Während die frankophonen Sozialisten und die cdH erst einen Bericht über die Energieversorgung des Landes abwarten wollen, bestehen die flämischen Liberalen nach wie vor darauf, dass die belgischen Atommeiler ab 2015 etappenweise stillgelegt werden. Derweil plädieren die flämischen Christlich-Sozialen ebenso wie die MR dafür, von einem vorzeitigen Ausstieg aus der Atomenergie abzusehen. Electrabel, als Betreiber der Atomkraftwerke, verlangt von der Regierung eine möglichst baldige Entscheidung und hat inzwischen damit gedroht, die Produktion von Atomstrom ab 2015 zurück zu fahren, sollte die Regierung für die Fortsetzung des Betriebs einen zu hohen Preis verlangen.
Polizei muss rationeller arbeiten
La Dernière Heure berichtet über das vorerst auf Eis gelegte Projekt von Innenministerin Milquet, rund 300 neue Polizisten einzustellen. Die damit verbundenen Kosten von fast 13 Millionen Euro wurden gestern vom Kernkabinett nicht genehmigt. Zunächst soll eine Arbeitsgruppe ausloten, ob es nicht möglich ist, mit dem bestehenden Polizeikontingent auszukommen, indem man die Arbeit der Polizisten rationeller gestaltet. Aufgeschoben ist in diesem Fall nicht aufgehoben, denn das Thema soll spätestens gegen Mitte des kommenden Monats erneut zur Sprache kommen.
Abschließend noch ein Blick auf De Morgen und den dort gemeldeten Weltrekord, den Belgien angeblich in Sachen Verkehrsstaus innehat. Einer amerikanischen Untersuchung zufolge verlieren die Autofahrer in Brüssel und Antwerpen mehr Zeit in Staus als beispielsweise in New-York, Paris und London, nämlich über 70 Stunden pro Jahr.
Bild: Kristof Van Accom (belga)